Karriere

148 Stimmen gingen ein bei unserer Umfrage «Wie halten Sie es mit der Arbeit im Homeoffice?». Grafik: TN

Die Homeoffice-Kontroverse

Die Meinungen in der Reisebranche gehen weit auseinander, welches die ideale Homeoffice-Formel ist. Die einen schwören auf die Arbeit zuhause, andere befürchten den grossen Know-how-Verlust.

Unser Wochenthema Homeoffice und die dazu durchgeführte Umfrage «Wie halten Sie es mit der Arbeit im Homeoffice?» löst in der Schweizer Reisebranche kontroverse Diskussionen aus. Die Meinungen gehen weit auseinander.

Doch zunächst zu den Umfrageresultaten. Von den 148 Teilnehmenden finden 36 Prozent, dass zwei Tage im Büro und drei Tage zuhause, die ideale Formel ist. Ein Tag pro Woche im Homeoffice reicht, wie Travelnews gestern kommentiert hat, diese Meinung teilen 19 Prozent. Für 18 Prozent wäre ein Tag im Büro voll und ganz ausreichend. Weitere 18 Prozent finden: zurück ins Büro die ganze Zeit. Und 9 Prozent würden am liebsten fünf Tage pro Woche zuhause arbeiten.

«Die vielen E-Mails und das konstante Telefonieren wird auf Dauer anstrengend.»

Hier geben wir die auf Social Media von Reiseprofis geäusserten Kommentare wieder, um die Bandbreite der Meinungen, die wunden Punkte und die Kontroverse aufzuzeigen, die unser Meinungsbeitrag «Ein Tag Homeoffice reicht» ausgelöst hast. Dazu lesen wir:

Nathalie Sassine-Hauptmann: «Meines Erachtens eine total veraltete Sichtweise und erst recht nicht mitarbeiterfreundlich.»

Gianni Moccetti: «Hat nichts mit veraltet zu tun. Die unternehmerische Verantwortung liegt in euren Händen. Vielmehr geht es mir um persönlichen Austausch, Know-how Transfer, Training on the Job, etc. Und hierbei ist grosser Bedarf vorhanden.»

Barbara Wohlfahrth: «Der Ideenaustauch fehlt, Know-how und Wissentransfers finden weniger statt. Ich wäre froh, wir könnten als Team mal gemeinsam zusammen im Büro sein und die Kaffeepause geniessen, wo vieles informell laufen würde. Die vielen E-Mails und das konstante Telefonieren wird auf Dauer anstrengend. Ich kenne viele die sich nun aufs Büro freuen.»

Natalie Dové: «Die eigene Kundschaft entscheidet, diese bezahlt nämlich den Lohn aller, das vergessen viele! Wir haben seit über einem Jahr das Büro tagtäglich gerammelt voll, Termine bei uns mit persönlichem Austausch werden explizit mehr denn je gewünscht. Homeoffice, maximal ein Tag pro Woche, macht nur wer in Ruhe arbeiten muss.»

Roland Zeller: «Ein Stück weit kann ich nachvollziehen, dass Kreativprozesse und der interne Austausch unter 50 bis 60 Prozent Homeoffice leiden. Ebenso die Firmenkultur. Was aber noch viel wichtiger ist - nennen wir das Kind beim Namen! - ist, dass die Führung eines Remote-Teams halt viel, viel herausfordernder ist, als wenn Alle im Büro sind. Und so richtig lernen tut man die Führung eines Remote-Teams in der Kaderausbildung ja auch nicht ...»

«Was hatten wir früher noch Spass in der Kaffeepause!»

Denise Strub-Prêtre: «Ich finde es grundsätzlich eine seltsame, ja fast tragische gesellschaftliche Entwicklung, wenn alle lieber von zuhause arbeiten als gemeinsam mit dem Team im Büro, egal welche Branche. Was hatten wir früher noch Spass in der Kaffeepause oder bei all den Apéros!»

Nathalie Sassine-Hauptmann: «Seit 9 Jahren arbeiten wir vorwiegend remote, also von zu Hause aus. Oder von Thailand, Südafrika, Bali, aus dem Café oder dem Fussballplatz. Nein, unsere Mitarbeiterinnen sind nicht immer erreichbar, müssen sie aber auch nicht. Wir sind schliesslich keine Herzchirurgen in der Notaufnahme. Wir verkaufen Reisen und das kann einerseits gut in Teilzeit und erst recht von irgendwo her gemacht werden. Die immer jünger werdende Kundschaft hat kein Bedürfnis, an einen Schalter zu kommen. Da verliert man nur Zeit, das gilt übrigens auch für Mitarbeiter:innen. Was viele eben immer noch nicht begriffen haben: Nicht die Kunden sind das Wichtigste für eine Firma. Sondern die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Sind diese zufrieden, machen sie auch die Kunden happy. Funktioniert bei uns seit Jahren einwandfrei.»

Natalie Dové: «Du hast eben eine andere Kundschaft als wir hier auf dem Land, und das ist ja super so! Wir sind neu sieben im Büro und alle derselben Meinung, denn das ist auch wichtig.»

Gianni Moccetti: «Es gibt viele junge, unerfahrene Mitarbeitende in den Reisebüros. Der Wissenstransfer und das Training on the Job sind eine unabdingbare Voraussetzung, die überlebenswichtige Beratungsqualität zu bieten und zu verbessern. Es geht nicht primär um die Beratung ‹am Schalter›. Es geht um das Miteinander eines Teams im Interesse der Kundschaft.»

Corina Zurfluh (25): «Ich arbeite seit gut fünf Monaten komplett remote von Bali aus (alle von unserem Reisebüro arbeiten remote oder im Homeoffice) und bin seit daher viel motivierter und glücklicher. Ich schätze das Vertrauen, welches meine Chefin mir und dem ganzen Team entgegenbringt sehr. Zuvor hatte ich leider immer die Erfahrung gemacht, dass man in der Reisebranche mindestens 1 - 2 Tage in der Woche im Büro sein muss. Für mich kommt das momentan nicht in Frage, denn ich bin 25 Jahre und ich möchte eine gute Work-Life-Balance. Sprich, mir macht meine Arbeit viel mehr Freude, da ich täglich einen Ausgleich habe und die Zeit, welche ich zum Beispiel ins Büro pendeln würde, für mich selber nutzen kann und zudem verrichte ich meine Arbeit viel effizienter. Ich bin jeden Tag dankbar für die Freiheiten. welche ich dank meiner remote Arbeit habe und ich weiss, dass viele jüngere Leute sich das selbe wünschen.»

(GWA)