Karriere

So, die Arbeit ist für Erste getan. Zwischendurch mal die Pflanzen giessen, bietet sich jetzt an. Bild: Adobe Stock

Kommentar Ein Tag im Homeoffice reicht

Gregor Waser

Geht es nach dem Gusto der Arbeitnehmenden, wären drei Tage zuhause und zwei Tage im Büro die ideale Formel. Diesem Wunsch entsprechen viele Reiseunternehmen. Doch ist das alles auch im Sinn der Kunden und der Firma?

Mir gefällts im Homeoffice. Ohne Störung zu schreiben, in angenehmer Umgebung, bequemer Freizeitkleidung und ich fühle mich nicht nur, sondern bin richtig effizient, arbeite zielstrebig und motiviert im Akkord: denn sobald ein Teil der Arbeit getan ist, gibts auch mal eine Pause in der bevorzugten Umgebung – es lassen sich eine Waschmaschine füllen, ein 20-Minuten-Jogging einstreuen, die private Post öffnen und die letzten 10 Kilometer der Tour-de-France-Etappe schauen.

Die Work-Life-Balance stimmt also. Und an der Menge und Qualität der erledigten Arbeit kann nicht rumgemäkelt werden, die Telefongespräche sind geführt, die Zoom-Meetings auch, die Emails beantwortet, wer mich sucht, erreicht mich, alles im Butter. Wieso eigentlich nicht die ganze Zeit im Homeoffice?

Gestern hat Travelnews die Frage gestellt, «wie halten Sie es mit der Arbeit im Homeoffice?». 36 Prozent der bisher 142 Teilnehmenden sagen, zwei Tage im Büro, drei Tage zuhause wären ideal. Weitere 19 Prozent meinen sogar, bloss ein Tag im Büro reicht aus. Ganze drei oder vier Tage im Homeoffice zu verbringen, erachten also mehr als die Hälfte als ideal.

Verblüffenderweise wird den meisten Homeoffice-Wünschen entsprochen, auch in der Schweizer Reisebranche. Hotelplan erlaubt bis 60 Prozent, TUI bis 50 Prozent, Knecht Reisen bis 40 Prozent zuhause oder irgendwo unterwegs zu arbeiten. Offensichtlich funktioniert's zur beidseitigen Zufriedenheit.

In Zeiten der verzweifelten Mitarbeiter-Suche wollen es sich die Firmen mit den Angestellten oder künftigen Angestellten nicht verscherzen. Eine grosszügige Homeoffice-Regelung gehört zum Gesamt-Paket, oftmals gehört sie auch zu den Forderungen von Bewerberinnen und Bewerbern. Und weil die Erfahrungen unter dem Strich ganz gut waren, nickt die Firma die Abmachung ab.

«Was mich stört, ist der fehlende, spontane Ideenaustausch.»

Bei der Travelnews-Umfrage habe ich für einmal selber teilgenommmen und diese Option gewählt (wie 19 Prozent der Teilnehmenden): «Ein Tag pro Woche im Homeoffice reicht». Wieso bloss ein Tag? Nach drei Jahren der Homeoffice-Regelung fallen mir die Nachteile des dezentralen Arbeitens im Team zunehmend auf und stören mich. Konnte man früher wegen eines geringfügigen Anliegens durchs Büro rufen oder im Nachbarbüro nachfragen, gilt es nun eigens ein Whatsapp oder ein Email zu verfassen wegen Nichtigkeiten. Um dann bloss die Antwort zu erhalten, wie meinst du das?

Was mich noch mehr stört, ist der fehlende, spontane Ideenaustausch. Wie siehst du das? Wollen wir das nicht mal so ausprobieren? Hättest du kurz Zeit, das anzuschauen? Was hältst du von dieser Idee? Hast du davon schon gehört? Dieses Schmieröl im kreativen Prozess fehlt. Die Erleuchtung im Pausengespräch, beim spontanen Schwatz hat sich verflüchtigt. Sich alle Einfälle und Flausen für das eine wöchentliche Meeting aufzuschreiben? Taugt nicht. Die geniale Instantidee lässt sich nicht traktandieren.

Und ja, ich habe es auch vernommen, die Generation Z ist fordernd und bald noch mehr die Generation Alpha (wieso ein Büro? Der Bildschirm liegt ja in meiner Hand). Da reicht's nicht mehr den Bewerbern zu sagen, das sind die Firmenregeln, take it oder leave it. Dann lassen es die umworbenen Kandidaten nämlich sein und suchen weiter.

Doch in der Bedürfnishierarchie ist etwas durcheinander geraten. Zuoberst die persönlichen Ansprüche? Ob das auf die Länge gut geht? Mindestens gleichbedeutend, wenn nicht höher, sollten die Kundenbedürfnisse stehen, dann auch jene der Firma, die das Salär bezahlt.

Stört sich die Kundin nämlich daran, den gesuchen Mitarbeiter nicht sofort zu erreichen, wendet sie sich womöglich ab. Zum Schaden der Firma. Und wenn es die nicht mehr gibt, nützen dem fordernden Angestellten seine persönlichen Ansprüche nichts. Durchdachte Homeoffice-Regelungen sollten den Mitarbeitenden, die Firma und die Kundschaft genauso berücksichtigen.