Karriere
«Die absolute Mehrheit unserer Lernenden wird im Retail ausgebildet»
Die Tourismus-Branche gehört drei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie weiterhin zu den abwechslungsreichsten und spannendsten Branchen. Trotzdem ist es schwierig, genügend geeignetes Personal zu finden. Inmitten der vielen Rückschläge musste die Reisebranche versuchen, attraktiv zu bleiben. Hohe Belastung, teils unregelmässige Arbeitszeiten und vergleichsweise tiefe Löhne sind das eine bekannte Problem - Makrotrends wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung schafften aber auch neue, zukunftsorientierte Tätigkeitsfelder und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Ist das genügend bekannt? Wie kann man Jugendliche dazu bringen, eine Lehre in der Reisebranche anzufangen? Wir haben uns diesbezüglich mit Dominique Mall, HR Business Partner - Young Professionals bei DER Touristik, unterhalten.
Frau Mall, in diesem Sommer haben 29 Lehrlinge ihre Ausbildung bei DER Touristik Suisse angefangen - gleich viele wie vor der Pandemie. Wie viele Lehrlinge sind aktuell total bei Eurem Unternehmen in Ausbildung?
Kuoni und ihre Schwestermarken bilden aktuell 82 Lernende aus. Für das Jahr 2023 sind sogar rund 40 neue Lehrstellen ausgeschrieben. Wir sind die grösste Ausbilderin der Schweizer Reisebranche.
Welches sind die wichtigsten Eckpunkte - aus Sicht des Unternehmens - bei der Lehrlings-Ausbildung?
Die Ausbildung von Lernenden ist der DER Touristik Suisse eine Herzensangelegenheit und hat einen hohen Stellenwert. Jungen Menschen wollen wir einen positiven Einstieg ins Berufsleben ermöglichen, ihnen auf Augenhöhe begegnen und eine professionelle Ausbildung anbieten.
Damit dies möglich ist, ist eine qualitativ hochstehende Betreuung und Begleitung der Lernenden in Form von Motivation, Geduld und Wertschätzung essentiell. Deshalb legen wir auch viel Wert auf unsere internen Schulungen, unser Konzept «Lernende schulen Lernende» sowie den Zusammenhalt der Lernenden innerhalb des Unternehmens.
Zusätzlich ist es der DER Touristik Suisse wichtig, Lernende nachhaltig und zukunftsorientiert auszubilden. Sprich: Mit dem Ziel, sie auch nach der Ausbildung weiter zu beschäftigen und ihnen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung zu bieten. Junge Talente sind die Zukunft der Reisebranche und unseres Unternehmens. Von dieser Grundüberzeugung sind wir auch während den herausfordernden Pandemie-Jahren nicht abgewichen. Folglich haben wir auch in Zeiten von Kurzarbeit und Homeoffice zahlreiche Hebel in Bewegung gesetzt, um unter den gegebenen Umständen eine so professionelle Ausbildung wie möglich zu gewährleisten.
Womit wird denn «Werbung» für die Lehre bei Kuoni und den anderen Unternehmensmarken gemacht? Oder anders gefragt: Welches sind die wesentlichen Argumente, die man heute gegenüber Jugendlichen anführt?
Mit genau diesem Thema beschäftigt sich unsere soeben lancierte Recruiting-Kampagne. Mit Themen wie Teilzeit-Arbeit nach der Ausbildung, beruflicher Weiterentwicklung und Freude am Reisen sprechen wir auch die künftigen Lernenden an. Darüber hinaus nutzen wir klassische Formate wie Informations-Nachmittage, Schnupperlehren während des Bewerbungsprozesses sowie Social-Media-Kanäle wie Instagram oder TikTok, um junge Menschen für unser Unternehmen und das Reisen zu begeistern.
Was darf man als Lernende*r erwarten?
Unsere Lernenden übernehmen schon während der Ausbildung viel Verantwortung, bringen sich ein, profitieren von internen Kursen und einem grossen sozialen Netzwerk sowie den Vorteilen einer modernen Arbeitgeberin wie beispielsweise der Übernahme der Schulkosten, Sprachzertifikate, Laptop-Pauschalen, Beteiligung an Sprachaufenthalten sowie Noten- und Zeugnisprämien.
«Mich stimmt zuversichtlich, dass das Reisen in den Köpfen junger Menschen und ihrer Eltern wieder positive Gefühle auslöst.»
Welche Bedürfnisse werden umgekehrt von Lernenden an Euch herangetragen, z.B. in Bezug auf Ausbildungs-Inhalte oder Themen wie Workation, Lohn und mehr?
Die heutigen und zukünftigen Lernenden gehören der Generation Z an und legen grossen Wert auf Sinnhaftigkeit, eine sichere Ausbildung, Spass an der Arbeit, ein gutes Team, das Engagement des Unternehmens im Bereich Nachhaltigkeit sowie den Austausch mit anderen Lernenden. All dies möchten wir sicherstellen.
In welchen Bereichen sind die Lernenden prioritär tätig? Hat es genügend Kandidat*innen für Reisebüro-Schalterjobs?
Die absolute Mehrheit unserer Lernenden wird im Retail ausgebildet. Dort sind auch die meisten unserer Mitarbeitenden tätig und der Bedarf an Nachwuchskräften ist am grössten. Grundsätzlich können wir jedoch sagen, dass wir fast in jedem Bereich oder jeder Abteilung ausbilden. Dies reicht von fast all unseren Spezialisten über Touroperating/Service Center, Ticketshop, Staff Travel, Business Travel, IT, Buchhaltung, Marketing bis hin zum Human Resources.
Zwar gelingt die Besetzung all unserer Lehrstellen mit guten Kandidatinnen oder Kandidaten nicht ohne Efforts. Mich stimmt aber zuversichtlich, dass das Reisen in den Köpfen junger Menschen und ihrer Eltern wieder positive Gefühle auslöst. Zu Zeiten gegroundeter Flugzeuge war dies natürlich anders. Und ich glaube, dass unser Unternehmen für viele Reisende in den Corona-Jahren eine überzeugende Dienstleistung erbracht hat. Auch das ist hoffentlich in den Köpfen von Familien mit Heranwachsenden hängen geblieben…
Wie sieht es bei den Ausbildnern aus? Gibt es genügend davon?
Die DER Touristik Suisse hat über 70 erfahrene Berufsbildende, welche täglich einen ausserordentlich wichtigen Beitrag zur Ausbildung unserer Lernenden leisten. Auch für diese ist die Ausbildung eine Herzensangelegenheit, der sie mit viel Freude und Engagement sowie zusätzlich zu ihrem ordentlichen Arbeitsvolumen nachgehen. Unser Unternehmen unterstützt die Berufsbildenden und bieten ihnen nebst dem offiziellen Berufsbildnerkurs immer wieder Möglichkeiten für Austausche und Besuche von Kursen und Workshops an. Für ihr besonders Engagement in den Corona-Jahren 2020 und 2021 haben sie eine Sonderprämie erhalten.
Auch in Zukunft sind unsere Berufsbildenden gefordert. Mit der Einführung der neuen KV-Reform per Lehrbeginn 2023 kommen Änderungen auf die kaufmännische Ausbildungsbranche zu, um die Lehre an die heutigen und künftigen Anforderungen anzupassen.
Sie haben vorhin das Konzept «Lernende schulen Lernende» erwähnt. Was hat es damit auf sich?
Um der herausfordernden Arbeit der fachgerechten Ausbildung der Lernenden gerecht zu werden, ist während der Pandemie ein neues erfolgreiches Konzept für die Retail-Lernenden entstanden: «Lernende schulen Lernende». Dabei tauschen sich die Lernenden regelmässig in Begleitung einer oder eines Berufsbildenden aus und profitieren so vom Wissen und ihren Erfahrungen untereinander. So wird zudem auch der bereichs- und lehrjahrübergreifende Austausch der Lernenden gefördert.