Karriere
Die Erweiterung des Bewusstseins beim Reisen
Tanja Frieden, geboren 1976 in Bern, gewann bei den Europameisterschaften 2000 eine Silbermedaille, an den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin die Goldmedaille in der Disziplin Snowboardcross und im Lauf ihrer Karriere weitere 32 Podestplätze. 2006 wurde sie als Schweizer Sportlerin des Jahres geehrt. 2010 beendete sie ihre Profikarriere.
Diese war mit unzähligen Reisen über mehrere Kontinente hinweg verbunden. «Am Anfang war ich noch aufgeregt, dann war es normal», erzählt sie. Vor allem aber war das Reisen oft ermüdend, «vor allem, wenn die Zeiten zwischen Weltcup-Starts auf verschiedenen Kontinenten sehr knapp waren». Anstrengend war es im Besonderen, wenn Tanja Frieden und ihr Team keine Direktflüge buchen konnten, entweder, weil es sie gar nicht gab, oder weil sie zu teuer waren. «Das laugt aus.» Und dann der «ewige Kampf mit dem Übergepäck…»
Zudem kann sie im Flugzeug nur bedingt schlafen: «Ich schlafe fast nur, wenn ich liegen kann oder am Fenster sitze. Deshalb habe ich immer darauf geachtet, ausgeschlafen und gut ernährt ins Flugzeug zu steigen.» Ideal wäre es gewesen, lacht sie, wenn sie Business Class hätte fliegen können. «Aber paradoxerweise lag das für mich als Spitzensportlerin ausserhalb des Budgets.» Doch Tanja Frieden beschwert sich nicht, ganz im Gegenteil: «Ich war mir meistens bewusst, dass Reisen ein Geschenk ist. Und wenn immer möglich habe ich nach Wettkämpfen ein paar Tage angehängt, um etwas vom Land zu sehen.» Reisen hatte also zwei Seiten: «Aufregung und Vorfreude auf der einen, Ermüdung, Zeitverschiebung, Stress auf der anderen. Die Frage war immer: Worauf will ich mich fokussieren?»
Aus Niederlagen lernen
Um das Thema Fokussieren geht es, unter anderem, auch in der neuen Laufbahn: Seit 2016 arbeitet die ausgebildete Coach und Lehrerin als Mentaltrainerin und Transformations-Coach in Thun, wo sie auch aufgewachsen war. Sie coacht Sie neben Spitzensportlerinnen und Sportlern unter anderem auch Führungskräfte der Wirtschaft. Dabei hat ihr die Olympia-Goldmedaille «viele Möglichkeiten eröffnet», sagt sie. Vor allem aber war sie schon als Sportlerin « Vollgas-Unternehmerin», wie sie sagt: « Ich musste alles selbst organisieren. Ich stellte ein ganzes Team an, führte die Leute, kümmerte mich ums Sponsoring, ging finanzielle Risiken ein» – ein richtiges Sport-KMU also.
Führungskräfte und Sportlerinnen haben etwas Weiteres gemein: Oft haben sie Angst zu scheitern, zu verlieren, entmachtet, entthront zu werden. Tanja Frieden weiss, dass Erfolg nicht heisst, keine Probleme zu haben und stets zu siegen. «Erfolgreich ist, wem es gelingt, am besten mit Störungen umzugehen. Ich selber habe das aus Schmerzen und Niederlagen gelernt. Beispielsweise erlitt ich mit 17 einen epileptischen Anfall. Da erkannte ich, dass der Körper Probleme gnadenlos signalisiert. Ich hatte gerade ins Lehrerseminar gewechselt und hatte das Gefühl, allein auf der Welt zu sein. Es war schwierig, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Doch was ich dabei lernte, kam mir später sehr zugute.»
Genau diese Fähigkeit, sich Ziele zu setzen und sie trotz aller Hürden zu erreichen, will sie ihren Kunden vermitteln: «Das Schlimmste ist nicht die Niederlage. Das Schlimmste ist, etwas Wichtiges gar nicht erst zu versuchen aus Furcht vor dem Scheitern.» Oft deckt Tanja Frieden zusammen mit ihren Klienten «grosse Diskrepanzen zwischen dem äusseren Leben und den Herzenszielen» auf. Äusserlich hätten diese Menschen alles, «Zufriedenheit, Ruhm, Geld. Sie arbeiten viel und erreichen viel.» Aber dann stelle es sich heraus, dass sie des permanenten Drucks überdrüssig seien, sich selbst «downgraden» und dafür mehr Zeit für sich, für Ihre Familien, für Sport und Hobbys finden wollten. «Aber allein schaffen sie diesen Schritt nicht, weil der Druck von aussen und die Erwartungshaltung der anderen immens sind.»
Reisen erweitert das Bewusstsein
Tanja Frieden empfängt Klienten in einem Chalet auf dem Gelände des Vitalresorts Deltapark am Thunersee. «Wir haben seit den Anfängen des Deltaparks eine Kooperation, da ich wenn möglich draussen arbeite und Wert auf ein stimmiges Ambiente bei der Arbeite lege. Ich finde hier genau das: Ein energiegeladener Ort, an welchem auch im gesundheitlichen Bereich ähnliche Ziele verfolgt werden.» Zwei Drittel ihrer Coachings finden jedoch online statt. «Ich habe schon vor drei Jahren, also vor Corona, damit angefangen. Mein Kopf war ursprünglich dagegen. Aber mein Herz und Körper waren dafür, und inzwischen weiss ich, dass Coachings auch online funktionieren. Die Erfahrungen der Corona-Zeit haben das bestätigt.»
Allerdings ist Tanja Frieden zusammen mit ihrem Mann Marc Ramseier, einem ehemaligen Profi-Kitesurfer, und dem fünfjährigen Sohn Luam viel unterwegs. «Mein Mann und ich halten oft Workshops, Camps und Retraiten im Ausland ab. Luam reist sehr gerne; dass wir als Eltern nicht gestresst sind, hilft wohl.» Zudem erlebe Luam auf jeder Reise einen Wachstumsschub. «Reisen ist in jeder Beziehung bewusstseinserweiternd», bilanziert Tanja Frieden, «egal ob im Inland oder im Ausland.»