Karriere

Neben herkömmlichen Bewerbungsgesprächen erfolgt das versuchte Anheuern neuer Reiseprofis derzeit auf vielen Kanälen. Bild: Adobe Stock

Der Kampf um Talente verschärft sich

Kündigungen und freiwillige Abwanderungen verursachen bei Reisebüros und Reiseveranstaltern etliche personelle Lücken. Diese wieder zu füllen, ist derzeit schwierig.

Hallo, suchst du vielleicht einen neuen Job? Wie aus der Branche zu erfahren ist, haben sich die Bemühungen von Reiseunternehmen, um an neue, gute Leute zu gelangen und dabei auch ehemalige Mitarbeitende oder Bekannte von anderen Reisefirmen anzupeilen, in den letzten Wochen deutlich erhöht.

Die krisenbedingten Kündigungen und freiwilligen Abwanderungen in andere Branche haben der Schweizer Reisebranche einen «Brain Drain» beschert. Schon im Juli hat Travelnews das Thema erörtert – und wir haben uns nun nochmals bei den fünf führenden Reiseunternehmen erkundigt, wie sehr sich der Personalmangel jüngst verschärft hat und mit welchen Massnahmen neues Personal gesucht wird.

Matthias Reimann, Knecht Reisen:

«Da wir sowohl im Bereich Reiseveranstaltung wie auch dem Vertrieb tätig sind, sind auch beide Felder für uns von Bedeutung. Aktuell suchen wir für drei TO-Abteilungen und unsere Verkaufsleiter haben die Fühler bezüglich möglichem Recruiting für unser Filial-Netzwerk ausgefahren. Der Talente-Pool ist aktuell nicht der gleiche, wie ihn die Branche vor zwei oder drei Jahren gekannt hatte. Momentan ist ein wenig mehr Geduld beim Rekrutieren erfordert. Dies geht schon alleine auf die Anzahl Bewerbungen zurück, welche zurzeit eher der Kategorie ‘Quote erfüllen’ zuzuordnen sind (sprich: es sind jene Bewerbungen, die Kandidaten/innen zum Erfüllen ihres Pflicht-Solls bei den Arbeitsämtern nachweisen müssen).

Elektronische Medien wie LinkedIn und Facebook setzen wir konsequent ein – und machen damit auch gute Erfahrungen. Was wir ebenfalls aktiv nutzen, sind Beziehungen, welche aus unseren eigenen Reihen hervorgehen. Persönliche Beziehungen sind ein sehr wirkungsvolles Recruiting-Tool.»

Sandra Studer, Globetrotter Reisen:

«Einerseits sind natürliche Abgänge wieder zu besetzen und anderseits kommt eine Generation nach, die teilweise neue Anforderungen an einen Arbeitgeber und ans Arbeitsumfeld stellt. In den Filialen sind wir für einen Restart fast überall sehr gut aufgestellt. Im Moment fehlen uns Fachkräfte im Bereich Geschäftsreisen und Backoffice. Bewerbungen von qualifizierten Personen sind rar. Je nach Standort und Art der Ausschreibungen erhalten wir mehr oder weniger Rückmeldungen auf die offenen Stellen. Wir setzen auf flexiblere Arbeitsmodelle und moderne Organisationsformen mit mehr Selbstbestimmung. Und Quereinsteiger-Programme werden wieder wichtiger.»

Bianca Gähweiler, Hotelplan Suisse:

«Wir stellen teilweise eine Abwanderung unserer Mitarbeitenden in andere Branchen fest. Wir sind derzeit verschiedenste Initiativen am Prüfen, um als Arbeitgeber noch attraktiver zu werden, so dass mögliche Talente bei uns bleiben und wir auch neue Mitarbeitende von uns als Arbeitgeber überzeugen können. Aktuell sind wir bei Travelhouse unter anderem auf der Suche nach passionierten und erfahrenen Reisespezialisten für den Bereich Sales & Operations Touroperating und bei Hotelplan haben wir eine Stelle als Travel Consultant Sales & Operations für unsere neue Abteilung Hotelplan Excellence sowie eine Stelle als Travel Consultant im Direct Sales ausgeschrieben. Aber auch in den Filialen, in der IT und im Marketing haben wir momentan einige Vakanzen.

Die Coronakrise ist aktuell wahrscheinlich die grösste Ursache, warum man sich eher gegen eine Anstellung in der Reisebranche oder für eine Umschulung entscheidet. Bei branchenunabhängigen Funktionen wie zum Beispiel in der IT, im Marketing oder dem HR kann das Thema Lohn eine zusätzliche Rolle spielen, da wir da mit allen möglichen Unternehmen im Wettbewerb stehen. Erfreulicherweise erhalten wir passende Bewerbungen und wir können die Vakanzen kompetent besetzen. Als Hotelplan Gruppe ist es uns sehr wichtig, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, faire Löhne zu bezahlen sowie ein motivierendes Umfeld und Arbeitsklima zu schaffen.»

Markus Flick, DER Touristik Suisse:

«Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Rekrutierung von Fachkräften punktuell etwas herausfordernder als vor der Corona-Pandemie ist. Und dass dieser Zustand noch anhalten wird, bis auch die Reiseplanung für Langstreckenziele wieder einfacher möglich sein wird.

Allerdings verzeichnet DER Touristik Suisse keine besorgniserregende Fluktuation, sondern kann die aktuellen wie auch die kommenden Aufgaben in erster Linie mit einem grossen Stamm an mehrjährigen Mitarbeitenden sowie jungen Talenten bewältigen. Auch in Krisenzeiten bleibt die grosse Mehrheit unserer Kolleginnen und Kollegen mit weiterhin viel Herzblut an Bord.

DER Touristik Suisse investiert erhebliche Summen in die Ausbildung und Weiterbeschäftigung junger Talente und bleibt auch in der Corona-Pandemie der grösste Ausbildungsbetrieb der Schweizer Touristikbranche. Das ermöglicht jungen Menschen auch in Krisenzeiten das Erlernen einer Arbeit, die spätestens mittel- und langfristig wieder auf hohe Nachfrage stossen wird. Für uns als Unternehmen wiederum stellt die Berufslehre ein wichtiger Faktor zur Deckung des Personalbedarfs dar. Mit 29 ehemaligen Lernenden durften wir uns soeben auf eine Weiterbeschäftigung einigen.

Die Weiterentwicklung unseres Rekrutierungsprozesses ist eine weitere Massnahme, um einen signifikanten Fachkräftemangel im Unternehmen zu verhindern. Zudem stellt sich DER Touristik Suisse der Herausforderung, auch in für die Touristik anspruchsvollen Zeiten attraktive Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, etwa in Form von Reisevergünstigungen und flexiblen Arbeitsmodellen (Teilzeitarbeit auch für Führungskräfte, Home Office, Remote Work etc.). Solange die Kurzarbeit anhält, unterstützen wir es, wenn Mitarbeitende mit Nebenbeschäftigungen ihre wöchentliche Arbeitszeit und das Gehalt erhöhen möchten. DER Touristik Suisse ist so aufgestellt, dass sie Restarts in einzelnen Segmenten und Destinationen grundsätzlich in der bestehenden Unternehmensstruktur bewältigen kann.»

Constanze Andrianello, TUI Suisse:

«Für einen Restart sind wir gut aufgestellt. Dabei helfen uns vor allem die Flexibilität unserer Arbeitsmodelle und unserer Mitarbeiter sowie die Digitalisierung von Arbeitsabläufen. Grundsätzlich war es bereits vor der Krise in unserer Branche wichtig, Talente und Nachwuchs zu finden, zu fördern und zu halten. Dieses wird zukünftig für alle Fachbereiche in unserem Unternehmen noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Aktuell bemerken wir keinen gravierenden Fachkräftemangel und offene Stellenangebote sind bei uns derzeit limitiert. Für unsere aktuellen Vakanzen erhalten wir ausgezeichnete Bewerbungen von erfahrenen Branchenfachkräften sowie auch von ehemaligen Mitarbeiter, welche erfreulicherweise in die Branche zurückkehren möchten. Einen künftigen Fachkräftemangel in der Branche schliessen wir dennoch nicht aus. Wir sind überzeugt von der Attraktivität unserer Branche und davon, dass sich die Situation rund um Corona verbessern wird. Zudem arbeiten wir bei TUI stetig an dem Ausbau unserer Position als attraktiver Arbeitgeber im Tourismus.

Operativ erfolgt unser Recruiting mittlerweile häufig digital und virtuell oder in einer hybriden Form. Dies ist insbesondere für jüngere Talente sehr attraktiv und zudem effizient. Dabei können Emotionen auch virtuell gut übermittelt werden und der Austausch funktioniert erfreulich gut. Inhaltlich bemerken wir bei den Bewerberinnen und Bewerbern eine sehr positive Einstellung gegenüber der Branche und die Leidenschaft für unsere Produkte ist deutlich spürbar. Als TUI bieten wir unseren aktuellen und zukünftigen Mitarbeitenden neben spannenden Herausforderungen und vielen Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung auch ein tolles Arbeitsumfeld sowie interessante Benefits.»

(GWA)