Karriere

«Bildung macht den Unterschied - und das erst recht in einer Krisensituation»
Die Sommerferien neigen sich langsam dem Ende zu und die Vorbereitungen der Höheren Fachschulen für Tourismus für den Semesterbeginn laufen auf Hochtouren. Wie sieht die Situation an Tourismusschulen aus und wie steht es um die Motivation bei potenziellen Studierenden, jetzt ein Tourismusstudium zu absolvieren? Der Tourimsussektur wurde von der Corona-Krise hart getroffen, die Jobaussichten sind derzeit düster. Will aktuell überhaupt jemand seine Karriere in der Reisebranche starten? Travelnews hat bei der Höheren Fachschulen für Tourismus in Graubünden HFTGR, Höheren Fachschule für Tourismus IST Zürich und HFT Luzern nachgefragt.
Die studienfreie Zeit ist bald vorbei und Studierende sorgen bald wieder für Leben an den Höheren Fachschulen. Damit die Sicherheit der Studierenden und Dozierenden gewährleistet ist, wurde in den vergangenen Monaten intensiv an Schutz- und Hygienekonzepten gearbeitet. «Wir freuen uns, mit allen Klassen in den regulären Präsenzunterricht zurückzukehren. Unser Schutzkonzept ist entsprechend auf die neusten Richtlinien angepasst worden», so Thomas Jenzer, Schulleiter der IST in Zürich. Auch Lukas Keiser, Schulleiter der der HFT in Luzern freut sich auf das neue Semester: «Wir starten mit einer grossen Vorfreude, wir merken dass trotz Krise gerade im Bereich Tourismus auch viele neue Ideen und Visionen zu keimen begonnen haben». Bei der Höheren Fachschule für Tourismus in Graubünden bedeutete der Sommer nicht ganz schulfreie Zeit: «Bei uns war der Sommer nicht ganz schulfrei, denn die «Tourism Summer School», unser koordiniertes Übertrittsangebot an die Fachhochschule Graubünden, lief während vier Wochen im Juli. Wir konnten bereits wieder Erfahrungen mit Präsenzunterricht sammeln und somit den offiziellen Schulstart erfolgreich testen», erklärt uns Ursula Oehy, Rektorin der HFTGR. Ganz wie vor Krise wird der Unterricht aber nicht sein. Nun gelten beispielsweise gestaffelte Pausenzeiten, fixe Sitzordnung und wenn immer möglich klar zugeteilte Klassenzimmer.
Die Freude, dass der Betrieb wieder losgeht ist seitens Schulen offensichtlich. Doch es stellt sich die Frage, ob an allen drei Höheren Fachschulen mit vollen Klassen gestartet wird oder ob die Krise die Nachfrage gedämpft hat und einige Studierende in der Zwischenzeit bereits andere Karriere-Pläne geschmiedet haben. «Nein, zu Absagen kam es nicht, im Gegenteil. Wir sind ausgebucht auf den Studienstart im August und haben auch schon rege Nachfrage für das Schuljahr 21/22», kann Oehy uns erfreut mitteilen. Ebenso sieht es in Zürich an der IST aus: «Aktuell verzeichnen wir keine tiefere Nachfrage. Im Gegenteil: wir starten nächste Woche im Bereich der Höheren Fachschule für Tourismus zusätzlich zu den laufenden Klassen mit zwei neuen vollen Studiengängen, einer Vollzeitklasse und einer berufsbegleitenden Klasse», so Jenzer. Das bestätigt auch Keiser: «Wir liegen bezüglich Anmeldezahlen leicht über Vorjahr, und dies trotz einiger weniger Abmeldungen».
Bildung und Netzwerk wichtig für Jobsuche
Studierende, die jetzt mit einem Studium im Tourismus beginnen schliessen ihre Ausbildung in zwei bis vier Jahren ab. Bis dahin dürfte die Situation in Bezug auf Jobs wieder etwas rosiger aussehen. Welche Ratschläge haben die Höheren Fachschulen diesbezüglich für ihre Studierende? Keiser meint hierzu: «Bildung macht den Unterschied - und das erst recht in einer Krisensituation. Wer sich jetzt ausbildet, kann beim Aufschwung der Wirtschaft so richtig durchstarten». Doch nicht nur dieser Faktor spielt eine grosse Rolle. So ist auch das Bedürfnis nach Reisen nicht einfach weggeblasen aufgrund der Krise. «Die Begegnungen mit Menschen, ebenso die Bewegung, die Entspannung, allenfalls Zerstreuung, das Erleben und Erfahren sind so zentrale Bedürfnisse, die insbesondere auch nach Corona dringend gesucht werden», meint Oehy. Genauso ist Jenzer dieser Meinung: «Das Bedürfnis des Menschen, auch in Zukunft zu reisen, zu entdecken und Freizeitaktivitäten nachzugehen, bleibt bestehen. Sicherlich kann es aufgrund der schwerwiegenden Auswirkungen auf die Gesellschaft zu Jobverlagerungen in andere touristische Bereiche und Freizeitaktivitäten führen».
Wir haben nun von den vielen Studierenden die neu beginnen gesprochen. Doch wie sieht die Situation bei all jenen aus, die ihr Studium diesen Sommer beendet haben? Ein Diplom im Sack, viel Wissen angeeignet und grosse Motivation ihr Können anzuwenden. Doch gibt es auch genügend Jobs? Die beiden Schulleiter und die Rektorin sind sich einig, dass das Netzwerk eine grosse Rolle spielt. Jenzer erklärt: «Unsere Studierenden sind sehr gut vorbereitet und kommen schon während der Ausbildung ins Netzwerk der Branche. Zudem braucht es eine gewisse Flexibilität». An der Höhere Fachschule in Graubünden kommen die Studierenden ebenfalls mit Touristikern in Kontakt: «Wir legen grossen Wert darauf, dass sich die Studierenden bereits während des Studiums ein Netzwerk in der Branche aufbauen können. Sie verfügen bereits über Arbeitserfahrung entweder über eine Praktikums- oder mehrere Saisonstellen». Die Höhere Fachschule in Luzern unterstützt ihre Studierenden darüber hinaus auch mit den Sozialen Medien. «Die Stellensuche ist tatsächlich herausfordernd geworden - umso wichtiger ist es für Bewerbende, eine solide, praxisorientierte Ausbildung vorweisen zu können. Zudem vernetzen sich die HFT-Alumni in diversen Gruppen auf Social Media und schreiben Stellen im eigenen Betrieb auch auf unserer Website aus», sagt Keiser.
Thematisierung der Krise ist teil des Unterrichts
Das wenige Jobs auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind, und dass die Krise die Tourismusbranche weiterhin beschäftigen wird, sind Fakten. Wie thematisieren die Höheren Fachschulen für Tourismus diese Themen? «Diese Krise findet auch inhaltlich Eingang in den Unterricht, dies unter anderem durch unsere Dozenten, welche hauptberuflich alle in touristischen Branchen arbeiten. Zusätzlich planen wir ein spezifisches Seminar rund um Krisenkommunikation während Corona», äussert sich Keiser zu dieser Frage. Ebenfalls ist auch in Graubünden die Thematisierung der Krise einen Bestandteil des Unterrichts. So beschreibt Oehy: «Durch diverse Gastreferate direkt aus der Praxis wird auch die jeweilig aktuelle Situation thematisiert und diskutiert». Auch in Zürich wird es nicht anders gemacht: «Wir thematisieren die Jobsituation in speziell dafür vorgesehenen Lektionen, unabhängig von Corona».
Die Nachfrage nach einem Tourismus-Studium scheint nach wie vor vorhanden zu sein. Die Faszination sein Hobby und seine Leidenschaft zu seinem Beruf zu machen flacht wohl nicht einfach so ab. Dies haben bereits vergangene Krisen wie Wirtschaftskrisen, 9/11, SARS oder Terroranschläge gezeigt. Es stimmt zuversichtlich, dass junge Studierende trotz aktueller Schwierigkeiten ihr Können unter Beweis stellen möchten.