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Eins ist klar: Technologische Hilfsmittel - Tablet, Smartphone, Videoconferencing - sind aus dem Fachhochschulbetrieb nicht mehr wegzudenken. Bild: Andrea Piacquadio

Sponsored «Bildung hilft bei der Bewältigung von Krisen»

Die Höheren Fachschulen für Tourismus (HFT) in der Schweiz blicken auf einer herausfordernde Zeit infolge der Corona-Pandemie zurück. Was sind die «Learnings» daraus und wie wirken sich diese auf den zukünftigen Schulbetrieb aus? Kann man sogar von einer «Wertsteigerung» der Tourismus-Ausbildung ausgehen? Wir haben nachgefragt.

Im letzten Halbjahr haben wir im Rahmen der Serie «Höhere Fachschulen für Tourismus in der Schweiz» jeden Monat eine Höhere Fachschule für Tourismus (HFT) vorgestellt. Während dieser Zeit änderte plötzlich die weltweite Corona-Pandemie die Ausgangslage für die Tourismusbranche und auch für deren Ausbildungsstätten; die HFT gewährleisteten den Schulbetrieb. Inzwischen findet man so langsam zur Normalität zurück. Was bleibt hängen von den ganzen Erfahrungen der letzten Monate? Führungspersonen von drei HFTs beantworten hierzu unsere Fragen.


Welches sind die grundlegenden Erkenntnisse der letzten Monate für den eigenen Schulbetrieb und für den Tourismus als Ausbildungsinhalt?

IST Zürich/Lausanne

Technisch hat die Umstellung sehr rasch und für alle Beteiligten hervorragend funktioniert. Jedoch kann der Stoff nicht gleich vermittelt werden, wie im Präsenzunterricht – das Zuhören «online» erfordert mehr Konzentration für die Studierenden. Viele touristische Themen sind stark mit Emotionen verbunden. Diese lassen sich online nicht gleich gut übermitteln. Den Dozierenden fehlt zudem die direkte Interaktion und somit die Wahrnehmung, ob der vermittelte Stoff von allen verstanden wird.

HFT Luzern/Tourismusfachschule Bern Oberland (TFBO)

Grundlegend lernten wir – einmal mehr – dass Krisen Innovationstreiber sind. Die Einschränkung in Bezug auf Kontaktmöglichkeiten führten auch im Schulbereich zu einem Digitalisierungsschub. Innert Tagen haben wir den Unterricht komplett auf digitale Kanäle umgestellt. Unsere Erwartungen sind dabei übertroffen worden: Unsere Studierenden sind technikaffin, offen für neue Unterrichtsformen und kooperativ innerhalb der Studierendengruppen. Auch unsere Dozierenden sind in dieser Situation gewachsen: Nicht nur, dass laufend neue Unterrichtsformen entwickelt wurden, in einem wöchentlichen Austausch wurden Erfahrungen zu den einzelnen Kanälen oder digitalen didaktischen Hilfsmitteln diskutiert. Die gegenseitige Unterstützung war spürbar, wir sassen alle im selben Boot, lösten auftauchende Probleme gemeinsam. Diese Agilität war beeindruckend.

Aus Sicht der Schulleitung war es uns wichtig, dass den Studierenden keine Benachteiligung aus dem virtuellen Klassenzimmer entsteht und dass wir sie auch auf Distanz persönlich begleiten.

Eine weitere Erkenntnis: Bildung hilft bei der Bewältigung von Krisen! Nicht nur dank des erworbenen Wissens, sondern auch dank der Methodenkompetenz. In verschiedenen Unterrichtsgefässen wie dem KompetenzCenter entwickeln unsere Studierenden ein Mindset, mit welchem sie Herausforderungen als Chancen betrachten. Dieses Know-how tragen sie in die Tourismusbranche.

HFT Graubünden

Unsere grundlegende Erkenntnis im Schulbetrieb ist, dass enorm viel enorm schnell möglich ist – neue Skills wurden im Rekordtempo erlernt, Verantwortung und Disziplin wurden auf neue Weise trainiert, Interaktion und gegenseitige Unterstützung auf ganz vielen Kanälen gelebt. Wir lernten alle im Umgang mit Unsicherheit, sich ständig ändernden Bedingungen klar zu kommen. Wir sind als Schule, wie auch als Menschen agiler geworden. Die neuen digitalen Tools werden uns weiterhin begleiten, sie haben viele Vorteile. Nichts desto trotz dürfen wir nicht vergessen, dass es so gut funktioniert hat, weil wir alle schon auf ein belastbares menschliches Netzwerk und Erfahrungen bauen konnten und das wurde persönlich und im direkten Kontakt geschaffen.

Die Corona-Situation hat aber nicht nur die digitalen Themen in den Fokus gerückt, sondern auch etliche inhaltliche Aspekte aufgebracht: Auf der sozialen Ebene denke ich an den Umgang mit Unsicherheit und mit Ängsten, mit dem eigenen Stress und dem Stress von anderen, die Fähigkeit, Chancen zu nutzen, Vertrauen zu schaffen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Aber auch die eher harten Fakten wie Finanz- und Analysekompetenz und insbesondere der «Shift» zum digitalen Marketing, welche noch zentraler an Bedeutung gewinnen werden. Unseren hier bereits eingeschlagenen Weg verfolgen wir auf jeden Fall weiter.

Was ist hinsichtlich strategischer/konzeptueller Neuausrichtung der Schule zu erwarten? Kann Corona gar eine Wertsteigerung der touristischen Ausbildung herbeiführen?

IST Zürich/Lausanne

Zuerst muss die Gesetzgebung die Grundlagen schaffen, dass digitaler Unterricht in einem grösseren Mass überhaupt stattfinden darf (MiVo SBFI). Wir gehen davon aus und hoffen, dass dies innert nützlicher Frist erfolgen wird.

Eine fixe Integration des digitalen Unterrichts ergänzend zum überwiegenden Präsenzunterricht sehe ich klar als Gewinn an. Mit einer sinnvollen Planung und Abfolge von Digital- und Präsenzunterricht lässt sich der Lernerfolg in vielen Fächern positiv beeinflussen. Eine Mischform trägt den unterschiedlichen Lerntypen Rechnung. Der Corona-Lockdown hat uns als Schule mit Sicherheit forciert, Online-Unterricht in kürzester Zeit und über alle Fächer hinweg auf einem hohen Niveau anzubieten. Als Schule haben wir viele Erkenntnisse gewonnen und können nun Konzepte und weitere Schulungen für die Dozierenden aufbauen.

HFT Luzern/Tourismusfachschule Bern Oberland (TFBO)

Wir legen unseren Fokus weiterhin auf den Präsenzunterricht, denn Lernen ist persönlich, emotional und sozial. Gewisse Unterrichtsinhalte werden wir aber künftig online unterrichten, sei es, um die digitalen Kompetenzen zu sichern oder um Distanzen zu überbrücken, denn Digitalisierung und Globalisierung sind Fokusbereiche im neuen Rahmenlehrplan. Gleichzeitig ist es wichtig, mit einem Plan B den Unterricht jederzeit ausschliesslich digital gestalten zu können. Dank Kollaborationssoftware wie Microsoft Teams und dem hausinternen Schulinformationssystem waren wir bereits vor Corona digital gut aufgestellt und wir konnten den Unterricht fast nahtlos umstellen. Auf diesen positiven Erfahrungen bauen wir weiter auf.

HFT Graubünden

Kollaboratives Zusammenarbeiten über Distanzen hinweg wird Teil der Ausbildung bleiben. Als Schule mit Campus vor Ort macht es für uns jedoch nicht per se Sinn, «Distance Learning», so wie es im «Lockdown» notwendig war, weiter zu betreiben. Denn das Leben und Lernen vor Ort ist ein wichtiger Grund, weswegen die Studierenden sich für eine Ausbildung bei uns entscheiden. So sieht man jetzt z.B. vor Ort, wie sich das Reiseverhalten verändert hat, sprechen wir doch plötzlich von touristischen Aufenthaltsdauern von sieben bis zehn Tagen am Stück diesen Sommer.

Wir sehen jedoch grosse Vorteile darin, noch zeitnaher aktuelle Stimmen aus der Praxis zuzuschalten oder Studierende noch persönlicher in ihren Arbeits- und Lernsituationen zu begleiten. Ebenfalls machen wir uns Gedanken, Phasen des synchronen und asynchronen Lernens noch besser abzustimmen, um mehr Individualität zu ermöglichen.

Anders sieht es im Weiterbildungsbereich aus. Hier können wir unser Angebot einer grösseren Zielgruppe auch standortunabhängiger zugänglich machen. Auf die Frage der Wertsteigerung bezogen: In Zukunft braucht es sehr gut ausgebildete Fachkräfte, die vielseitig und über das Notwendige hinaus qualifiziert sind. Wir sind überzeugt, dass sich unsere Qualitätsstrategie im Bildungsbereich auch in Zukunft lohnen wird.  

Welche Rolle soll digitaler Unterricht in Zukunft spielen? Braucht es überhaupt eine Mischform aus Digital- und Präsenzunterricht?

IST Zürich/Lausanne

Als Pluspunkt kann mit Sicherheit das zeit- und ortsunabhängige Lernen erwähnt werden – der An-/Rückreiseweg wird gespart, was insbesondere bei den berufsbegleitenden Studiengängen für gewisse Abendunterrichtseinheiten wertvoll wäre. Es braucht aber auch die nötige Selbstdisziplin der Studierenden. Die Ablenkung zu Hause ist grösser, als in der Schule. Ebenso können keine Mitstudierenden spontan im Unterricht gefragt werden, wenn etwas nicht verstanden wird.

Der Mensch und die Emotionen werden im Tourismus immer eine zentrale Rolle spielen. Deshalb ist ein guter Mix zwischen Präsenz- und Onlineunterricht matchentscheidend – auch hier ist es eine Frage der guten Balance.

HFT Luzern/Tourismusfachschule Bern Oberland (TFBO)

Der digitale Unterricht ist eine sinnvolle Erweiterung der bisherigen vor Ort oder auf Exkursionen stattfindenden Schule. Insbesondere die Vermittlung von Grundlagenwissen wird künftig wohl vermehrt online und durchaus auch asymmetrisch – nicht für alle Studierenden gleichzeitig – erfolgen. Damit obliegt den Studierenden noch mehr Verantwortung für ihr eigenes Lernen. Die aktuelle Realität bedeutet auch im Berufsleben teilweise im Homeoffice zu arbeiten oder digitale Konferenzen zu organisieren. Vertiefung von Wissen, Anwendung, Teambildung und sozialer Austausch werden aber auch künftig an den Schulen selbst stattfinden. Dabei werden die Anforderungen seitens der Studierenden an den Unterricht vor Ort steigen, herkommen muss sich lohnen!

Für diesen nächsten Schritt braucht es aber auch die Politik: Es müssen Grundlagen seitens Gesetzgeber und Schulen für den Distanzunterricht geschaffen oder angepasst werden, so zum Beispiel bei der Definition von «Anwesenheit». Diese Diskussion brauchen wir für die Qualität unserer Ausbildungen. Nur so gelingt ein weiterer, grosser Schritt nach vorne!

HFT Graubünden

Unterricht mit und über digitale Medien wird in Zukunft ganz bestimmt eine wichtige ergänzende Rolle spielen, aber auch die kritische Reflexion im Umgang mit digitalen Medien wird ein Teil des Curriculums sein. Man darf etwas nicht vergessen: Die Corona-Situation hat es notwendig gemacht, Unterricht digital und auf Distanz durchzuführen. Es hat um ein Vielfaches besser geklappt, als man anfangs hätte träumen können. Aber es ist jetzt nicht so, dass die Studierenden es sich noch länger gewünscht hätten. Im Gegenteil, das Bedürfnis unserer Studierenden nach einer physischer Lerngemeinschaft ist gross, dies mag sicher auch an unserem Studienmodell (Vollzeitmodule und Campussituation) liegen.

Der ideale Mix wird sich erst in der nächsten Phase zeigen, wenn wir nach einer Reflexion der letzten Monate als Schule neue Gefässe ausprobieren, aus Erfahrungen lernen und uns weiterhin adaptieren werden.


Thomas P. Illes, Cruise-Spezialist und Dozent Businessplan bei der HFT Luzern, beim Coachen von Studierendenteams im Distant-Teaching. Bild: HFT Luzern

(TN)