Karriere

«In der Sportart ’Mitarbeiterinformation’ können Sie Ihre wahre Meisterschaft in Sachen Führung beweisen. Oder aber eine Liga absteigen.» Cartoon: Silvio Erni

Mitarbeiterinformation

Felix Frei

Hier kommt, geschätzte Führungskräfte, eine Anregung zum Start in die neue Woche, zur Reflexion Ihrer Führungsprinzipien.

Dass Vorgesetzte dafür verantwortlich sind, ihre Mitarbeitenden mit aller für deren Arbeit erforderlicher Information zu versorgen, gehört zum kleinen ABC der Führungslehre. Keine Führungskraft, die nicht der (ehrlichen) Überzeugung wäre, in diesem Fach ihr Bestes zu geben.

Aber gleichzeitig: Kaum eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, welche/r sagen würde, sie oder er verfüge über alle notwendigen Informationen und fühle sich gut informiert. «Uns sagt man ja nichts» ist die verbreitete Einstellung nicht nur bei Mitarbeitenden, sondern auch bei mittleren Führungskräften gegenüber dem oberen Management.

Was läuft hier falsch?

Dafür gibt es viele Gründe und noch mehr Entschuldigungen. Es ist tatsächlich nicht so leicht mit der Mitarbeiterinformation. Hat die Vorgesetzte selber die nötige Information? Weiss der Chef, was seine Leute an Informationen wollen/ brauchen? Gelingt es der Chefin, ihren Mitarbeitenden die Bedeutung einer Information für deren eigene Arbeit zu veranschaulichen? Kann der Vorgesetzte selber die Informationsflut bewältigen? Als ob das nicht schon übel genug wäre, kommt noch erschwerend hinzu, was wir über die Verwechslung von Absicht und Wirkung wissen oder über die Unmöglichkeit der zwischenmenschlichen Kommunikation ganz allgemein.

Information heisst Macht

Das Zauberwort bei den Vorgesetzten heisst stufengerechte Information. Sie wollen die Mitarbeitenden nicht mit Dingen überfluten, die sie nicht zu wissen brauchen oder nicht verstehen würden oder die sie beunruhigen könnten.

All diese Überlegungen stimmen. Aber sie treffen das Problem nicht. Das verbreitete Gefühl «Mir sagt ja keiner was» entsteht in der Regel aus einem generell schlechten Gefühl, das man dann auf den Einzelfall überträgt. Ein solches generelles Gefühl hängt sicherlich von gesammelten Erfahrungen, noch mehr aber von der (Vertrauens-) Beziehung zu den Vorgesetzten ab. Denn im Lichte dieser Beziehung werden konkrete Erfahrungen immer interpretiert und gewertet.

Information ist ein Machtmittel. Wer Information besitzt, hat Macht. Und Macht korrumpiert bekanntlich. Leider nicht erst da, wo sie gross ist, sondern potenziell immer. Ein generell schlechtes Gefühl entsteht, wenn Vorgesetzte ihren Informationsvorsprung als Macht missbrauchen.

Aber Information ist auch ein mächtiges Mittel. Ein Allzweckwerkzeug, das Wunder bewirken kann. Geteilte Information wird nicht weniger, sondern mehr. Ein generell gutes Gefühl entsteht, wenn Vorgesetzte dies wissen und danach handeln.

Als mächtiges Mittel kann Information freilich nur von Vorgesetzten eingesetzt werden, die es nicht als Machtmittel missbrauchen müssen. Und zwar deshalb nicht, weil sie sich ihrer selbst und ihrer Position auch sonst sicher sind. Persönliche Souveränität ist die Voraussetzung einer optimalen Informationspolitik gegenüber Mitarbeitenden. Und eine vorbildliche Mitarbeiterinformation einer Führungskraft ist der beste Beweis für ihre persönliche Souveränität.

11 Gebote

Ein wunderbares Beispiel dafür erlebte ich vor einigen Jahren bei einem Manager, der relevante vertrauliche Dokumente jeweils auf seinen Besprechungstisch legte, dann einen Mitarbeiter zu sich rief, von dem er meinte, der müsste diese Information haben. Dann verliess er mal «dringend» für fünf Minuten sein Büro und liess den Mitarbeitenden allein zurück. Dem war völlig klar, dass er das offen daliegende Dokument nun mal zu überfliegen und im Wesentlichen zur Kenntnis zu nehmen hatte. Wenn dann der Chef zurückkam, fiel kein Wort über diese Sache. Die Mitarbeiterinformation war optimal, obwohl sich der Chef scheinbar an die geltende Vertraulichkeitspolitik gehalten hatte. Ich weiss, ich weiss – nicht alle werden dieses Beispiel lieben. Aber es hat wunderbar funktioniert.

Lassen Sie mich hier die elf Gebote der Mitarbeiterinformation in Stein hauen:

1. Informieren Sie unverzüglich, vollständig und transparent. Damit geben Sie nicht bloss Informationen weiter, sondern Sie beweisen Ihr Vertrauen.

2. Sie müssen nicht grundsätzlich mehr wissen als Ihre Mitarbeitenden – höchstens während einer kurzen Vorlaufzeit. Aber Sie sollten Informationen besser verstehen und erklären können.

3. Ihre Mitarbeitenden müssen nicht weniger wissen als Sie – sie sollen Sie wegen Ihrer Persönlichkeit respektieren, nicht wegen Ihres zurückgehaltenen Wissens.

4. Sie brauchen keine Legitimation dafür, über etwas zu informieren. Sie brauchen aber immer eine gute Begründung dafür, über etwas nicht zu informieren.

5. Geben Sie sich Mühe, interessant zu informieren. In keiner anderen Disziplin können Sie leichter Punkte holen: Stellen Sie den Bezug her zwischen den Informationen und der Arbeit Ihrer Leute.

6. Geben Sie den Mitarbeitenden immer Gelegenheit, Fragen zu stellen. Interpretieren Sie es als Ihren Fehler, wenn die Leute keine Fragen stellen.

7. Verstehen Sie es als Ihre wichtigste Aufgabe, gut informierte Mitarbeitende zu haben. Die Bühne gehört Ihnen – geniessen Sie dieses Privileg.

8. Sorgen Sie dafür, dass Sie selber alle nötigen Informationen erhalten. Diese elf Gebote der Mitarbeiterinformation gelten auch für Ihre/n Chef/in.

9. Bestrafen Sie desinteressierte Mitarbeitende. Wer sich nicht für arbeits- und firmenwichtige Informationen interessiert, hat bei Ihnen längerfristig nichts verloren.

10. Haben Sie keine Angst, es könnte etwas in die Zeitung kommen. Es kommt sowieso in die Zeitung.

11. Seien Sie neugierig – gierig auf neue Informationen!

Als Mitarbeitende respektiert

Informieren heisst natürlich nicht, dass Sie Ihren Mitarbeitenden alles in mundgerechten Portionen servieren müssen. Häufig geht es nur darum, ihnen den Zugang zu Information zu verschaffen. Zugang wiederum heisst, dass die Mitarbeitenden selber gehen müssen. Aber das ist auch richtig, denn nur sie können letztlich wissen, was für sie eine relevante Information ist.

Übrigens: Wissen Sie, was Information ist? Information ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht. Es liegt an Ihnen, dafür zu sorgen, dass Sie den Unterschied machen. Nichts könnte Sie als Chef/in wertvoller machen.

Nehmen Sie sich vor, Ihre Mitarbeitenden mit jeder Information und allem Kontextwissen zu versorgen, das ihnen hilft, im Interesse des Unternehmens mehr für ihre Kunden zu leisten! Das ihnen hilft zu verstehen, warum sie tun sollen, was sie sollen. Und das ihnen das Gefühl vermittelt, als Mitarbeitende und Menschen respektiert und ernst genommen zu werden.

Ganz einfach so, wie Sie es selber auch gerne haben.