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Im Rahmen der Reform «Kaufleute 2022» gibt es auch für die Ausbildung in der Reisebranche Änderungen für Betriebe und Lernende. Bild: Element5 Digital

«Die Ausbildung wird damit dynamischer werden»

Die Totalrevision der Kaufmännischen Ausbildung wird im Jahr 2022 in Kraft treten. In der Branche Reisebüro vertritt der Schweizer Reise-Verband die Interessen der Unternehmen und gibt nun erste Neuerungen für Lehrbetriebe und Lernende bekannt.

Alle zehn Jahre wird die kaufmännische Bildungsverordnung überprüft und gegebenfalls angepasst. Bereits seit einigen Wochen kursieren verschiedenen Informationen für die Bildungspartner und es werden Veranstaltungen zum Thema durchgeführt. Der Schweizer Reise-Verband vertritt dabei die Anliegen in der Branche Reisebüro und macht es sich zur Aufgabe, Mitglieder und Lehrbetriebe aus erster Hand über das Projekt zu informieren. Deshalb nimmt der SRV an sämtlichen branchenrelevanten Sitzungen der SKKAB (Schweizerische Konferenz der kaufmännischen Ausbildungs- und Prüfungsbranchen) teil.

Ab 2022 gibt es neben der Ausbildung mit Berufsmaturitätsschule nur noch ein weiteres kaufmännisches Profil geben. Das bedeutet, dass das E- und das B-Profil zusammengeführt wird. Ausserdem wird das neue Profil nur noch mit einer Fremdsprache (Englisch) bzw. der zweiten Landessprache (Französisch oder Deutsch) geführt. Das obwohl die Reisebranche ein internationales Berufsfeld ist und Fremdsprachen von grossem Nutzen sind. «Der Entscheid wurde nicht von unserer Branche gefällt sondern entstand aufgrund einer Umfrage bei verschiedenen kaufmännischen Betrieben aller 21 kaufmännischen Branchen. Daraus entstand die Erkenntnis, dass in den meisten Betrieben entweder Französisch oder Englisch gebraucht wird», erklärt Nadeshda Britschgi, verantwortliche Aus- und Wieterbildung beim SRV und führt aus: «Unsere Lehrbetriebe haben nach wie vor die Möglichkeit mit jedem Lehrvertrag eine zweite Fremdsprache als Wahlpflichtbereich zu wählen, sofern diese im Betrieb aktiv gebraucht wird.» Ab welchem Semester der Wahlpflichtbereich geschult wird, sei noch nicht finalisiert.

Der Lehrbetrieb wählt gemeinsam mit dem Lernenden zusätzlich zu den definierten Handlungskompetenzen im Qualifikationsprofil eine Vertiefungsoption, die für den Lehrablauf Sinn macht. Ab dem 5. Semester werden diese in der Berufsfachschule geschult und im Betrieb praktisch umgesetzt. Folgende vier Optionen stehen zur Auswahl:

  • Vertiefte Finanzkenntnisse
  • Anspruchsvolle Beratungs-, Verkaufs-, Verhandlungssituationen in der ersten Landessprache führen
  • Anspruchsvolle Beratungs-, Verkaufs-, Verhandlungssituationen in der zweiten Landessprache/Fremdsprache führen
  • Technologien

Namensänderung für Branche beantragt

Bisher wurden verschiedene Arbeits- und Lernsituationen im Lehrbetrieb durchgeführt. Diese werden nun durch Praxisaufträge ersetzt. In zwei Workshops mit Praxispersonen definierte der SRV verschiedene Handlungskompetenzen, die nun die bisherigen Leistungsziele ersetzen. Zu jeder Handlungskompetenz wird es kaufmännisch übergeordnete sowie branchenspezifische Praxisaufträge geben, die während der Lehre von den Lernenden bearbeitet werden müssen. Die Ausgangslage hierfür sind Praxisaufträge und Arbeitssituationen, in denen sich der Lernende wiederfinden soll und sein Verhalten wie auch sein Fachwissen beschreiben soll. Im gemeinsamen Gespräch mit der Berufsbildnerin oder dem Berufsbildner wird bewertet, wie die Selbstreflektion angegangen wurde. Diese Bewertungen werden halbjährlich in einem Bildungsbericht, welcher benotet wird, als Zusammenfassung festgehalten. «Die Ausbildung wird damit dynamischer werden und die Betriebe haben die Möglichkeit, die Lernenden noch mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse abgestimmt auszubilden. Zudem wird verlangt, dass sich die Lernenden aktiv mit dem Auftrag auseinandersetzen und nicht wie bisher, für sich entscheiden, ob sie ein Leistungsziel können oder nicht», erklärt Britschgi.

Diese Handlungskompetenzen sind von allen Lernenden zu erarbeiten. Aber die Praxisaufträge können neuerdings individuell in den Bereichen Reisebüro, Touroperating und Commercial formuliert werden. Die Prozesseinheiten in den überbetrieblichen Kursen werden abgeschafft und durch Kompetenznachweise ersetzt. Diese werden in Form von Präsentationen oder schriftlichen Prüfungen in den überbetrieblichen Kursen durchgeführt und bewertet. Wie genau die Umsetzung aussieht, wird noch diskutiert.

Wie das Qualifikationsverfahren in Zukunft aussehen soll, wird zurzeit noch besprochen. Der Schweizer Reise-Verband hat beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation eine Namensänderung für die Branche beantragt. Ab Lehrstart 2022 soll der Name von «Reisebüro» auf «Reisen» geändert werden. Doch woher kommt der Name? «Der Branchennamen ‹Reisebüro› deckt nur einen Teil der Betriebe ab, welche Lernende ausbilden. Deshalb haben wir mit einigen Ausbildungsbetrieben darüber diskutiert, was Sinn machen würde, damit sich alle Sparten im Namen wiederfinden und sind deshalb auf ‹Reisen› gekommen», begründet Britschgi den Entscheid.

Die kaufmännischen Lehrbetriebe erhalten im kommenden Sommer eine erste Basisdokumentation über die Reform mit allen Unterlagen. So haben die Ausbildungsstätten die Möglichkeit, sich ein Bild von den neuen Instrumenten zu machen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden die Lehrbetriebe geschult, sodass diese spätestens im Sommer 2021 für die Rekrutierung der Lernenden mit Lehrstart 2022 bereit sind. Durch die Änderungen wird ein noch praxisorientierteres Lernen angestrebt. Nadeshda Britschgi ist noch bis Ende Februar 2020 für die Abteilung Aus- und Weiterbildung beim Schweizer Reise-Verband zuständig, bevor ihr Aufgabenbereich von Ramona Stutz übernommen wird.

(NWI)