Karriere

Change-Management bedeutet, dass jemand eine Veränderung plant, die andere vollziehen sollen. Bild: Adobe Stock

Mit spitzer Feder aufgespiesst: «Change»

Felix Frei

Psychologe Felix Frei greift wöchentlich einen zeitgeistigen Begriff aus der Managersprache auf und kommentiert mit böser Zunge.

Ob es besser wird, wenn es anders wird, wissen wir nicht. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll, klar. Deshalb muss alles anders werden. Stillstand ist Rückschritt. Und das Gute ist der Feind des Besseren. Soweit die Management-Bibel. Change also lautet das Gebot der Stunde, und weil ja nichts von alleine kommt, braucht es gar ein Change-Management. Auf Deutsch heisst das nicht etwa: Wechsle das Management ... honi soit qui mal y pense!

Change-Management bedeutet vielmehr, dass jemand eine Veränderung plant, die andere vollziehen sollen. Diese anderen zeigen dann alsbald das, was man «Widerstand gegen Veränderung» nennt. Sie sind die Bremsen des Fortschritts.

In jedem Auto gibt es drei Sitzmöglichkeiten: vorne links, vorne rechts und hinten. So ist es auch im richtigen Unternehmensleben. Wer vorne links sitzt, kann auch rasante Kurven fahren, und es wird ihm nie schlecht. Wer vorne rechts sitzt, sieht zumindest die Kurve kommen, kann sich darauf einstellen und sich festhalten – ihm wird nur manchmal schlecht. Wer aber hinten sitzt, die Sicht durch die Kopfstützen der Vorderen versperrt, dem wird bald einmal so richtig übel. Natürlich gibt es robustere und weniger robuste Zeitgenossen. Zumindest in Sachen Autofahren respektive Schlechtwerden. Und sicher gibt es Menschen, die veränderungsoffener sind als andere. Aber all das wird völlig übersteuert von den zwei Fragen: Sitze ich im Driving-Seat oder nicht? Und: Sehe ich, was kommt, oder nicht?

Die Hochblüte des Change-Managements lässt freilich erahnen, dass der Zenit bereits überschritten ist und auch diese beiden Fragen bald obsolet sind. In der Tat: Noch immer werden reihenweise neue Change-Projekte aufgesetzt und oft noch vor dem Zieleinlauf durch neue abgelöst. Doch dräut so langsam die Erkenntnis, dass auch hier das Schweine-Gesetz nicht gilt – wonach, wenn etwas gut ist, mehr vom selben besser ist. Change-Management gehörte in eine Zeit, in der man einen unbefriedigenden Zustand A in einen besseren Zustand B überführen konnte – und zwar mit der Idee, dass der Zustand B dann wieder ein paar Jährchen hält. Das ist vorbei. Heute geht es um Beweglichkeit einer Organisation. Organisationen sollten nicht mehr ihr Leben ändern, sondern ihr Ändern leben.

Leider passen dazu stolze Hierarchien mit sauber abgegrenzten Gärtchen ebenso wenig wie kontinuierlich verlaufende Karrieren und visitenkärtchengerechte Titel. Das obige Bild aus dem Auto ist passé. Auch der Driving-Seat verliert an Attraktivität.