Karriere

Mit viel persönlichem Engagement und der Unterstützung durch den Arbeitgeber ist es auch in der Schweizer Reisebranche möglich, bereits in jungen Jahren Verantwortung übernehmen. Bild: Adobe Stock

Wo sind die Young Talents?

Nina Wild

Stimmt der Eindruck, dass die Reisebranche nur von alteingesessenen Touristikern dominiert wird? Wir haben uns in der Schweizer Reisebranche nach jungen Talenten umgesehen – und sind fündig geworden.

Vor knapp einem Monat ging die Generalversammlung des Schweizer Reise-Verbands im Europapark Rust über die Bühne. Im Nachgang davon haben uns einige Punkte nachdenklich gestimmt, darunter auch, dass lediglich drei «Young Talents» anwesend waren, um die jüngere Generation zu vertreten. Travelnews nahm diese Tatsache als Anlass, sich in der Reisebranche nach jungen Shootingstars umzusehen, die erfolgreich die Karriereleiter hinaufklettern. Gleichzeitig hat uns interessiert, wo Unternehmen die Chance sehen, wenn ihre Mitarbeitenden wichtige Positionen übernehmen und wie die Persönlichkeiten gefördert werden.

Insgesamt haben wir 13 Unternehmen von Fluggesellschaften bis hin zu Retailers kontaktiert. Immerhin konnten uns vier Unternehmen Beispiele junger Persönlichkeiten nennen, die in ihrem Lebenslauf schon eindrückliche Stationen aufweisen können. Das sind die vier Shootingstars:

Annika Grünig, Schweiz Tourismus

Annika Grünig ist bereits mit 27 Jahren als Leiterin der Abteilung Unterkunfts- und Gastronomie-Marketing bei Schweiz Tourismus tätig. Bild: Schweiz Tourismus

Annika Grünig ist 27-jährig und wohnt in Zürich. Sie absolvierte ein Bachelorstudium an der Schweizerischen Tourismusfachschule in Siders und erhielt im Anschluss die Möglichkeit, bei Schweiz Tourismus ein Praktikum im Marketing Leisure zu machen. Nach Abschluss des Praktikums war sie von 2015 bis 2019 als Project Manager im Unterkunftsmarketing tätig. In dieser Funktion war sie für die Vermarktung unterschiedlicher Themenkampagnen verantwortlich und war an der Weiterentwicklung der Strategie beteiligt. Im Mai 2019 übernahm sie die Leitung der Abteilung Unterkunfts- und Gastronomie-Marketing bei Schweiz Tourismus und ist neu für ein Team von vier Personen verantwortlich.

Markus Berger, Leiter Unternehmenskommunikation bei Schweiz Tourismus erklärt, weshalb die Förderung junger Talente so wichtig ist: «Bei Schweiz Tourismus sind wir überzeugt, dass maximale Produktivität und Kreativität in interdisziplinären und heterogenen Teams entstehen. Diese Vielfalt zeigt sich bei Schweiz Tourismus auch auf Führungsebene. Unsere jungen Führungskräfte bringen ihre Ansichten und Denkweisen in die Strategie ein, so wie es die älteren auch tun. Der ausgewogene Mix aus jung und alt erhöht unsere Wettbewerbsfähigkeit und unsere Attraktivität als Arbeitgeber.»

Nicola Grapic, Mövenpick Hotels & Resorts

Der Fleiss hat sich gelohnt: Nicola Grapic ist schon mit 22 Jahren Cluster Sales Executive bei Mövenpick Hotels & Restorts. Bild: Accor

Nicola Garapic hat von 2014 bis 2017 die Ausbildung zum Hotelfachmann EFZ bei Swissôtel Zürich erfolgreich absolviert. Anschliessend hat der 22-jährige eine Stelle als Front Office Agent bei Mövenpick Hotels & Resorts angetreten und konnte sich zum Cluster Sales Executive hocharbeiten. Zeitgleich absolviert er berufsbegleitend eine Weiterbildung zum Eidgenössischen Marketing- und Verkaufsfachmann.

Pascal Rüegg, Regional Vice President Mövenpick Switzerland sowie Cluster General Manager Mövenpick Zürich Airport & Egerkingen erklärt die Talentförderung wie folgt: «Accor bietet mit seinem riesengrossem Portfolio an Marken und innovativen Konzepten weltweit viele Karrierechancen. Verbunden mit individuellen und massgeschneiderten Trainings ist Accor gerade auch für junge Talente besonders attraktiv.»

Filiz Hermann, Holidaycheck

Die 30-jährige Filiz Herrmann ist als Senior Contact Center Managerin im Online-Reisebüro des Bewertungs- und Buchungsportals Holidaycheck tätig. Bild: Holiday Check

2011 startete Filiz Herrmann im Online-Reisebüro von HolidayCheck in Bottighofen zunächst als studentische Aushilfe mit Buchungsbestätigungen und unterstützte ab dem darauffolgenden Jahr bei Kundenanfragen und Reisebuchungen. Für den beratungsintensiven Bereich Sales hatte sie damals noch überhaupt kein Interesse, sagt sie. Erst während ihrer dreijährigen Ausbildung zur Tourismuskauffrau entdeckte die heute 30-Jährige ihre Liebe zu dem Gebiet. Als Expedientin im Sales fand Filiz Herrmann anschliessend immer mehr Gefallen daran, Kunden bei der Reisebuchung individuell zu beraten. Bereits nach einem Jahr übernahm sie als stellvertretende Team-Leiterin die Verantwortung für das Tagesgeschäft und die telefonischen Aushilfen des Online-Reisebüros. So wurde aus ihrer anfänglichen Abneigung gegen Sales ihr Spezialgebiet. Daran gefalle ihr vor allem der abwechslungsreiche Kundenkontakt und die Möglichkeit, etwas bewegen zu können, erklärt sie.

Heute ist Filiz Herrmann als Senior Contact Center Managerin im Online-Reisebüro des Bewertungs- und Buchungsportals für die Prozesse des Sales und die Betreuung der externen Partner verantwortlich. Möglich war ihr das auch dank der Unterstützung, die sie bei HolidayCheck zum Beispiel in Form von Schulungen erhalten hat. Zudem gebe man ihr den Raum, ihre Kreativität auszuleben und eigene Ideen einbringen zu können. So entwickelte sie ein Trainingskonzept für neue Sales-Agenten und Massnahmen zur Steigerung der Conversion-Rate. An erster Stelle steht für sie jedoch der Gast. So kam ihr im Zuge der Germania-Insolvenz die Idee, Kunden mithilfe eines Gutscheins finanziell entgegenzukommen.

«Filiz' Werdegang bei HolidayCheck ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich Mitarbeiter mit Drive und Engagement von einer Einstiegsposition über unterschiedliche Stationen bei uns weiterentwickeln können. Ganz besonders freut mich, dass Filiz' Beispiel kein Einzelfall ist und wir neben der Entwicklung in der Seniorität auch die Möglichkeit haben, unsere Mitarbeiter entlang ihrer Stärken und ihrer Motivation über Abteilungen hinweg zu fördern», bestätigt Verena Utz, Leiterin People Support, Training & Development bei HolidayCheck.

Michelle Rothen, Schweizerische Bundesbahnen

Michelle Rothen ist ein gutes Beispiel dafür, dass bei der SBB Karriere und Familie unter einen Hut gebracht werden können. Bild: SBB

Die 39-jährige Michelle Rothen leitet seit vier Jahren den Bereich Strategisches Marketing und Nachhaltigkeit der SBB Kommunikation. Sie hat Wirtschaftsinformatik und Betriebsökonomie studiert und verfügt über einen MAS in Business Communications. Bevor sie ihre aktuelle Topkader-Funktion angetreten hat, arbeitete sie während 16 Jahren in verschiedenen Funktionen innerhalb der SBB: 2003 angefangen als Projektassistentin in einem Innovationsprojekt hat sie anschliessend verschiedene Positionen in der Unternehmenskommunikation durchlaufen, übergreifende Projekte umgesetzt und zusätzliche Verantwortungsbereiche übernommen. Dabei hat sie sich on the job weiterentwickelt und parallel dazu das Talentprogramm der SBB absolviert. Michelle Rothen ist verheiratet und Mutter eines Kleinkindes.

Obwohl Frau Rothen nicht mehr ganz so «jung» ist, zeigt ihr Werdegang, dass mit viel persönlichem Engagement und Weiterbildungen sowie durch die Unterstützung des Arbeitgebers mit der Förderung von Talenten ein Karrieresprung möglich ist. Sabine Baumgartner, Mediensprecherin der SBB sagt dazu: «Junge Leute bringen junges Denken in die SBB. Und sie verstehen und vertreten unsere vielen jungen Kundinnen und Kunden. Deshalb fördert die SBB junge Talente. Bei uns zählen Wissen und Potenzial, und nicht das Alter. Darum bietet die SBB Chancengleichheit - unabhängig von Alter, aber auch Sprache, Geschlecht und Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Herkunft oder Religion. Wir sind überzeugt, dass unterschiedlich zusammengesetzte Teams in jedem Fall eine Bereicherung sind. Indem wir jungen Kolleginnen und Kollegen Einblicke in die breite Vielfalt des Unternehmens ermöglichen, hoffen wir, sie möglichst nachhaltig für unser Unternehmen zu gewinnen.»