Karriere

Gleicher Lohn für gleiche Leistung... Bloss: Wer hat denn mehr geleistet? Bild: Adobe Stock

Mit spitzer Feder aufgespiesst: «Leistung»

Felix Frei

Psychologe Felix Frei greift wöchentlich einen zeitgeistigen Begriff aus der Managersprache auf und kommentiert mit böser Zunge.

Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Zum einen singt diese Leistungsgesellschaft das Hohelied der Leistung – im Beruf, im Sport, in der Schule und gar in der Selbstoptimierung. Zum anderen klagt der Zeitgeist laut über den durch solchen Leistungsdruck ausgelösten Stress und die Überforderung nicht nur der Berufstätigen, sondern gar der Kinder und Jugendlichen.

Nichts mehr zu spüren von dieser Ambivalenz der Leistung ist da, wo es um Lohn geht. Gleicher Lohn für gleiche Leistung – das steht schon in der Verfassung. Dummerweise liest die Realität dieselbige nur relativ selten ...

Wer mehr leistet, soll mehr bekommen. Lohn, Bonus, Privilegien. So ist’s gerecht!

Bloss: Wer hat denn mehr geleistet? Der, der den perfekten Pass gespielt hat, oder der, der dann nur noch den Ball ins Tor schieben musste? Und wie ist’s mit dem, der den Passspieler so trainiert hat, dass er den Ball auch mal uneigennützig abgibt? Verzwickt, fürwahr.

Das weiss jeder. Doch hindert es niemanden daran, individuelle Lohngerechtigkeit zu fordern. Oder Leistung individuell zu bezahlen. Trotz gleichzeitigem Gerede vom Teamdenken.

Was überhaupt ist Leistung? Ist es der Input, den man gegeben hat? Der Schweiss, die Mühe, die Zeit? Oder ist es der Output? Die Wirkung, das Resultat, die Zielerreichung? Zählt im Unternehmen der protestantische Approach, der mich zur Anstrengung per se verpflichtet – ohne, dass ich auf himmlische Belohnung hoffen dürfte? Oder zählt der katholische Approach, der sauber deklariert, welche Himmelsfreuden für welches Wohlverhalten respektive welche Höllenstrafen für welche Missetaten mich erwarten?

Da die behauptete Leistung immer mehr von der tatsächlichen abweicht, sind womöglich nicht nur die Antworten auf diese Fragen unklar, sondern schon die Fragen falsch. Denn jüngste Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen laut eigenem Bekunden nur rund drei Stunden während ihres Achtstundentags effizient arbeiten – im Büro (gilt also nicht für Trampilotinnen, Call-Center-Mitarbeiterinnen, Industriearbeiter oder Gärtner). Mir wäre nicht bekannt, dass der Lohn dieser Bürolisten deswegen auf drei Achtel geschrumpft wäre.

Wir müssen daher annehmen, dass es bei der Leistung primär darum geht, was man als solche aussehen lassen kann. Ob Input oder Output – völlig egal. Ob selbst erbracht oder von anderen abgekupfert – sei’s drum. Ob überhaupt erbracht oder nur behauptet – who cares?

Die wahre Leistung ist, irgendetwas wie Leistung aussehen zu lassen. Das ist mitunter mühsam. Und solche Anstrengung gehört belohnt.