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Es gäbe keine dummen Fragen, nur dumme Antworten, sagt der Volksmund – das stimmt nicht! Bild: Adobe Stock

Beurteile jemanden nach seinen Fragen

Felix Frei

Eine kluge Frage bringt Sie auf neue Ideen, lässt Sie ein Problem von einer anderen Seite betrachten, hält Psychologe Felix Frei heute fest.

Der Tipp stammt vom grossen Voltaire: «Beurteile die Menschen eher nach ihren Fragen als nach ihren Antworten.» Die Fans des umwerfenden Science-Fiction-Kultbuchs «Per Anhalter durch die Galaxis» von Douglas Adams wissen das. Im Roman wird ein Computer von einer ausserirdischen Kultur speziell dafür gebaut, die Antwort auf die Frage aller Fragen, nämlich die «nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest» zu errechnen. Nach einer Rechenzeit von 7,5 Millionen Jahren erbringt er dann die mit absoluter Sicherheit als richtig geltende Antwort, nämlich «zweiundvierzig».

Es stimmt also nicht, was der Volksmund behauptet: Nämlich, es gäbe keine dummen Fragen, sondern nur dumme Antworten. Das Problem kann sehr wohl die falsch gestellte Frage sein. Natürlich ist es hilfreich – vor allem aber einfach bequem –, wenn Sie von Ihrer Chefin oder von Ihren Kollegen auf all Ihre Fragen gescheite und richtige Antworten erhalten. Doch dafür gibt es ja eigentlich Wikipedia ... Wichtiger als solche Antworten für Ihre Entwicklung sind die Fragen, die Ihnen jemand stellt. Egal, ob das Ihre Chefin ist, ein Kollege, eine Mitarbeiterin oder ein Kunde. Und nach der Klugheit dieser Fragen sollten Sie diese Leute auch beurteilen.

Eine gute Frage

Eine kluge Frage bringt Sie auf neue Ideen, lässt Sie ein Problem von einer anderen Seite betrachten, sie ermöglicht es Ihnen, überraschende Antworten selbst zu finden. Um eine kluge Frage stellen zu können, muss man die Antwort darauf keineswegs wissen. Man muss
spüren, was jemanden weiterbringen könnte – und man muss das auch wollen. Die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel ist dafür eine sehr gute Voraussetzung – solange man sich dadurch nicht dazu verleiten lässt, gleich schon die Antwort mitliefern zu wollen.

Machen Sie für sich einmal den Check: Listen Sie die zehn für Ihr Arbeitsleben wichtigsten Personen auf. Beurteilen Sie sie summarisch und ganz subjektiv nach von mir aus grün | gelb | rot. Und dann versuchen Sie sich daran zu erinnern, wer von denen Ihnen wann welche Fragen gestellt hat. Es geht nur um die Fragen. Dass Sie die Leute auch danach bewerten, ob Sie von Ihnen jeweils gute oder doofe Antworten auf Ihre Fragen erhalten, das lassen wir jetzt mal weg.

Und dann kehren Sie den Check um: Wie würden Sie im gleichen «Test» abschneiden in den Augen dieser zehn anderen? Ist Ihnen klar, warum?

Und dann noch der dritte Teil der Prüfung: Welche Art von Fragen stellen Sie sich selbst? Einfach die, die Ihnen grad so einfallen? Oder prüfen Sie – bevor Sie überhaupt eine Antwort suchen –, ob Ihre Frage wirklich eine gute Frage ist?

Gutes Fragen ist eine Kunst. Der Satiriker Matthias Beltz hat das wunderbar auf den Punkt gebracht: «Es gibt so Tage, da wehen einen die Urfragen der Menschheit an. Was ist der Mensch? Wo kommt er her? Warum ist er nicht dort geblieben?»