Karriere

Sie müssen wissen, was Ihre Denk-, Arbeits- und Lebensmuster sind. Und Sie müssen wissen, wie Sie eigentlich ticken, um die eigene Arbeitstechnik zu finden. Bild: Adobestock

Es gibt nur eine persönliche Arbeitstechnik

Felix Frei

Husch husch sich eine Arbeitstechnik aus dem Ratgeberbuch oder vom Kollegen abholen geht nicht, sagt Psychologe Felix Frei – und nennt drei Punkte, die es zu beachten gilt.

Ich gebe zu, ich habe eine ziemliche Einbildung in Bezug auf meine Arbeitstechnik. Alles Mögliche habe ich für mich in den letzten Jahren und Jahrzehnten optimiert, so dass ich wirklich sehr wenig Zeit brauche für Dinge, die zwar sein müssen, aber weder interessant sind noch Spass machen. Unvermeidlich ist es daher, dass mich Menschen aus meinem privaten Umfeld ebenso wie Kunden gelegentlich nach meinen diesbezüglichen «Rezepten» fragen. Bereitwillig pflegte ich früher dann aus dem Nähkästchen zu plaudern, und ich nannte offen all meine Tricks und Techniken zur Entlastung meiner selbst.

Nie kam es jedoch vor, dass jemand auch nur irgendetwas daraus lernte. Wie es halt so menschlich ist, suchte ich den Fehler dafür bei diesen lernunwilligen oder lernunfähigen anderen – bis mir langsam dämmerte, dass der Fehler allein bei mir lag, weil Arbeitstechnik eben immer nur funktioniert, wenn sie persönlich ist. Meine Arbeitstechnik kann also nicht Ihre sein.

Natürlich muss man nicht alles und jedes selbst erfinden. Es gibt viele kluge (und auch weniger kluge) Ratgeberbücher, von denen man sich ebenso inspirieren lassen kann wie von den Erfahrungen von anderen (mich eingeschlossen). Einzelne Elemente oder Methoden oder Tricks oder Spielregeln kann man gewiss auch kopieren. Auf andere kommt man besser selbst. Aber das Ingesamt seiner Arbeitstechnik – den ganzen Werkzeugkoffer, sozusagen – muss man selbst «erfunden» haben. Nur dann stimmt das Ganze, und nur dann wird man sich seiner auch bedienen.

Zu schaffen ist dies nur unter drei Voraussetzungen


Erstens: Sie müssen sich selbst kennen. Schonungslos. Sie müssen wissen, was Ihnen Spass macht und was nicht. Sie müssen wissen, was Ihre Denk-, Arbeits- und Lebensmuster sind. Kurzum, Sie müssen wissen, wie Sie eigentlich ticken. Das kann ziemlich weit von dem entfernt sein, wie Sie meinen, eigentlich ticken zu müssen. Wenn Sie diese zwei Dinge verwechseln, sind Sie schon verloren. Wenn Sie also beispielsweise eher unordentlich sind, dann brauchen Sie eine Arbeitstechnik für Unordentliche – und nicht eine für zwangsneurotische Hyperordentliche, wie Sie Ihr Lehrer vielleicht mal gerne gehabt hätte. Und wie Sie vielleicht heute noch meinen, eigentlich sein zu sollen.

Zweitens: Sie müssen sehr genau wissen – und zwar im Voraus –, was Sie mit der zu gewinnenden Zeit anfangen wollen. Auch hier: sich selbst belügen gilt nicht. Sagen Sie also nicht, bloss weil es so klug klingt: «Endlich mal ein Buch lesen» – denn jeder, der das wirklich will, macht das einfach. Auch wenn er dafür den Abwasch stehen lässt oder unausgeschlafen zur Arbeit kommt. Glauben Sie mir: Dieser zweite Punkt ist besonders schwierig. Versuchen Sie also nicht, ihn husch, husch zu erledigen.

Drittens: Was immer Sie sich schliesslich an persönlicher Arbeitstechnik zulegen, ohne Disziplin wird es nie gehen. Deshalb ist ja der zweite Punkt so wichtig, denn nur der kann Ihnen die nötige Kraft dazu verleihen. Daher sollte Ihr Zeitgewinn vermutlich schon etwas Attraktiverem dienen, als bloss noch mehr zu arbeiten. Ihrer Arbeit käme es nämlich trotzdem zugute. Wenn Ihre Chefin klug ist, weiss sie das.