Karriere

Ist da noch mehr als das Streben nach Anerkennung oder die Angst vor negativen Folgen? Bild: Adobe Stock

Anerkennung und Angst erklären viel

Felix Frei

Es sind zwei Treiber, die unsere Motivation häufig bestimmen – doch es sollte noch mehr geben, schreibt Psychologe Felix Frei.

Bei vielem, was wir in der Arbeit so tun, stellt sich die Frage nach der Motivation gar nicht. Vieles tun wir, weil es einfach dazu gehört oder für die Sache unumgänglich ist. Dass wir morgens in der Regel pünktlich zur Arbeit erscheinen, ist meistens eine Frage von Gewohnheit und Disziplin, nicht eine Frage unserer beruflichen Motivation.

Die Frage aber, was wir darüber hinaus tun, wie wir unsere Arbeit tun, was wir unterlassen zu tun – diese Frage hat mit unserer Motivation zu tun. Und jede/r von uns wüsste darauf schöne Antworten zu geben. Gewiss sind diese Antworten nicht immer falsch und meist wohl auch gar nicht bewusst gelogen. Aber stimmig sind sie oftmals nicht.

Es sind zwei Treiber, die unser Tun und Lassen ganz gewiss häufiger bestimmen, als wir uns zugestehen: Unser Bedürfnis nach Anerkennung und die Angst vor negativen Folgen.

Mit sich selbst radikal ehrlich sein

Anerkennung brauchen wir alle (bitte streiten Sie das nicht ab – wiewohl schon klar ist, dass nicht alle gleich stark darauf aus sind!). Anerkennung vom Chef, von den Kollegen, von Kunden. Anerkennung in Form von Belohnungen oder Privilegien. Und Anerkennung von sich selbst, vor allem durch das eigene Kompetenzerleben – Psychologen sprechen auch vom Erleben der Selbstwirksamkeit.

Angst vor negativen Folgen prägt auch nicht alle gleich stark, aber ist dennoch stets präsent. Angst vor dem Tadel des Chefs, Angst vor «Liebesentzug», Angst davor, nicht befördert oder entlassen zu werden, Angst vor Kritik, Angst, sich zu blamieren – führen Sie die Liste bitte selbst fort.

Anerkennung und Angst sind völlig normale, menschliche Motivatoren. Nichts dagegen! Auch ist völlig offen, ob diese Motivatoren Sie zu gutem oder schlechtem Tun (oder Lassen) verleiten. Es ist nur so: Wenn sich für einmal alles aus dem Film des Arbeitsalltags herausstreichen liesse, das nur entweder dem Bedürfnis nach Anerkennung oder dem Vermeiden von Angst dient, dann würde dieser Film wohl drastisch gekürzt. Vielleicht dient in unserer Motivation also sehr viel weniger, als wir uns meist vormachen, wirklich nur der Sache.

Die Schwierigkeit in dieser Angelegenheit besteht darin, mit sich selbst radikal ehrlich zu sein. Wenigstens Sie selbst sollten wissen, ob es Ihnen in einem konkreten Fall nur darum geht, Anerkennung zu finden, oder ob Sie nur die Angst vor unerwünschten Folgen leitet. Denn dies wäre zu dürftig. Es sollte zumindest auch noch etwas geben, das sich stringent aus dem Sinn Ihrer Aufgabe herleitet und Ihnen Argumente dafür in die Hand gibt, gerade auf dem von Ihnen beschlossenen Weg gleichzeitig (auch) Anerkennung zu suchen oder (auch) eine Angst zu meiden.

Diese Argumentation muss radikal ehrlich sein. Nicht genial einfallsreich! Sich selbst zu belügen ist nämlich nicht nur eine häufige, sondern ein sehr üble Sünde. Denn Sie riskieren, am Schluss der Betrogene zu sein, wenn sichtbar wird, dass Sie nur durch Anerkennung oder Angst geleitet waren. Wenn Sie sich in dem Falle zuvor aber wenigstens nicht selbst belogen haben, dann begehen Sie vermutlich insgesamt letztlich weniger Dummheiten.