Karriere

Ausufernde, sich wiederholende Erläuterungen machen Arbeitssitzungen für die Kolleginnen und Kollegen zum Graus. Bild: PB

Elftes Gebot: Du sollst nicht langweilen

Felix Frei

Fassen Sie sich kurz, kommen Sie zum Punkt, verzichten Sie auf unerbetene Rechtfertigungen, empfiehlt Psychologe Felix Frei.

Der Anteil an Kommunikation in unserer Arbeit wird immer grösser. Wir sind in Besprechungen, wir mailen, wir bereiten Präsentationen vor und halten sie oder nehmen an ihnen teil, wir reden mit Kundinnen, Kolleginnen, Chefinnen, wir schreiben und lesen Berichte. In manchen Funktionen dürfte der Anteil kommunikativer Arbeit nahe an hundert Prozent gereichen. Nahe null dürfte er heute praktisch nirgendwo mehr sein.

Daher lautet das elfte Gebot: Du sollst nicht langweilen.

Natürlich ist unsere kommunikative Tätigkeit längst nicht immer aktiv, sondern sehr oft passiv. Genau deshalb wissen wir selbst, dass Inhalte um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Langweiliges zu lesen oder zu hören, ist – nun ja, langweilig. Wer von uns könnte kein Lied davon singen?

Der Schuss geht hinten raus

Im Umkehrschluss gilt es, die eigene Chance, auf Aufmerksamkeit zu stossen, gezielt zu steigern. Fassen Sie sich kurz, kommen Sie zum Punkt, verzichten Sie auf unerbetene Rechtfertigungen und Nachweise Ihres geleisteten Aufwandes, schauen Sie durch die Augen Ihrer Adressatin – es geht immer um sie, nicht um Sie.

Verwechseln Sie diese Aufforderung aber nicht damit, Sie sollten Showtime machen. Fast alles in dieser Hinsicht artet nämlich leider in Sauglattismus aus. Wir sind nicht beim Unterhaltungsfernsehen.

Viele jedoch denken, wenn sie noch dies und das sowie jenes sagten oder schrieben oder aufmalten und diese oder jene Informationen, Argumente, Fakten und Hintergründe anfügten, dann würden sie umso mehr Interesse erzeugen. Der Schuss geht hinten raus. Der Volksmund weiss schon, warum er uns lehrt: In der Kürze liegt die Würze.

Das Gesetz vom Paradox der Langeweile besagt denn auch: Das meiste von dem, was nur dem Zweck dient, um Aufmerksamkeit zu buhlen, ist die Hauptursache für die erzeugte Langeweile.

Zyniker könnten natürlich behaupten, wenn alle um dieses Gesetz wüssten und sich prophylaktisch an das elfte Gebot hielten, würden wohl mehr Arbeitsplätze verloren gehen als durch die Digitalisierung. Denn die Gesamtmenge der Mails würde auf ein Drittel schrumpfen, die Meetingzeiten auf ein Viertel und die Management- und Projekt- Präsentationen auf ein Zehntel. In etwa.

Zeitgeistige Manager, die meinen, jedes Problem oder Anliegen müsse sich auf maximal einer Seite ausdrücken lassen, sollen sich nun keineswegs bestätigt fühlen. Darum geht es nicht. Die One-Pager-Mode sagt ohnehin nur etwas über die maximale Aufmerksamkeitsspanne derer aus, die sie propagieren.

Ich will hier eigentlich nur ganz laut RUHE rufen in einer lärmigen Beiz, wo zuerst nur ein Tisch zu laut war, dann alle anderen auch immer lauter redeten, bis man sein eigenes Wort nicht mehr verstand.

Schluss für heute. Ich will Sie nicht langweilen.