Hotellerie

Die Vertreter der fünf Mitglieder der IG Parahotellerie Schweiz: Roger Müller (Interhome), Roger Seifritz (Reka), Dorette Provoost (Bed and Breakfast Switzerland), Fredi Gmür (SJH) und Oliver Grützner (TCS Camping). Bild: HO

«Hotels und Ferienwohnungen rücken näher zusammen»

Linda von Euw

Die fünf Mitglieder der Vereinigung Parahotellerie Schweiz geben Ein- und Ausblicke in den aktuellen Buchungsstand, äussern sich zu den Trends und verraten im Video ihre neusten Projekte.

Auch wenn sich die Angebote von Interhome, Reka, den Schweizer Jugendherbergen und Bed and Breakfast Switzerland an unterschiedliche Zielgruppen richten, haben alle dasselbe Ziel: Sie wollen dem Gast ein Übernachtungserlebnis bieten, welches er in einem klassischen Hotel nicht finden wird. Wie sie das tun und was sie Neues geplant haben? Travelnews.ch hat sich mit den fünf Mitgliedern unterhalten.

«Oft mieten sich sechs bis zehn Personen gemeinsam ein Haus»

Roger Müller ist schon seit 30 Jahren bei Interhome und schon alleine deshalb glaubt man ihm, wenn er sagt: «Hotels und Ferienwohnungen rücken immer näher zusammen.» Der CPO und Länderchef Schweiz hebt dann aber sogleich die Vorteile einer Ferienwohnung heraus: «In einer Ferienwohnung hat man mehr Privatsphäre, mehr Platz und Flexibilität. So kann man problemlos im Pyjama frühstücken und zwar nicht nur von 7 bis 10 Uhr.»

Auch einen Trend hat Müller ausgemacht: «Gefragt sind zunehmend grössere Ferienwohnungen. Oft mieten sich sechs bis zehn Personen gemeinsam ein Haus und teilen sich die Kosten, was die Ferienwoche sehr erschwinglich macht.» Dieses Jahr dürfte die Fussball-WM für kurzfristigere Buchungen sorgen: «Erfahrungsgemäss ist es so, dass je weiter eine Mannschaft kommt, desto länger warten die jeweiligen Nationen mit der Buchung der Ferien ab.»

So oder so stehen die Sommerbuchungen bei Interhome schon jetzt sehr gut da: «Wir verzeichnen aktuell ein Buchungsplus bei den Schweizer Gästen von 16 Prozent. 49 Prozent der Schweizer verbringen fünf bis sieben Tage ihrer Sommerferien in einer Unterkunft von Interhome. Im Winter machten knapp 15 Prozent mehr Schweizer Ferien in der Schweiz.» Erfreulich sei auch die Rückkehr der Deutschen: Im Winter 2017/18 kamen 49 Prozent mehr Buchungen aus Deutschland gegenüber Vorjahr. Für den Sommer verzeichnete man bereits 37 Prozent mehr Buchungen von Gästen aus Deutschland. Den Deutschen Gästen, dem idealen Winterwetter und der Neueröffnung des Swisspeak Resorts in Vercorin (VS) im Dezember 2017 sei dann auch das Plus bei den Reservationen von 17 Prozent wie auch beim Umsatz (+10.8 Prozent) zuzuschreiben.

«Wir können keine Easyjet werden»

Roger Seifritz, Direktor der Reka-Feriendörfer freut sich über eine steigende Auslastung der 12 Reka-Feriendörfer. Auch das Wintergeschäft lief insgesamt besser als im Vorwinter: Bei den durch Reka betriebenen Ferienanlagen nahmen die Übernachtungen bei gleichen Kapazitäten wie im Vorjahr um 4,1 und der Umsatz um 4,5 Prozent zu. «Inklusive der durch Reka vermieteten Drittobjekte war der Umsatzzuwachs mit 1,2 Prozent geringer, weil Reka weniger Drittangebote als im Vorjahr vermittelte», sagt Seifritz.

«Die Gäste kommen zu 85 Prozent aus der Schweiz und buchen vermehrt hochwertigere Angebote, weshalb sich Investitionen in bestehende und neue Feriendörfer lohnen», erklärt Seifritz. Ein besonderes Anliegen ist Seifritz das Auslasten der Dörfer in den Zeitspannen zwischen den stets sehr gut gebuchten Schulferien: «Hierfür möchten wir die Familienmütter- und Väter nach dem Auszug der Kinder wieder zurück in die Reka-Feriendörfer holen.» Konkret soll dieses Klientel dank Investitionen in Style und Design, Service-Leistungen und Animationsangeboten wie beispielsweise Bike-Touren oder Yoga- und Pilates-Kurse angelockt werden.

Ein ganz neues Projekt ist für Kreuzlingen am Bodensee geplant: «Der Bodensee ist touristisch sehr interessant, wird aber in der Schweiz gerne verkannt», sagt Seifritz. Das neue Feriendorf mit 50 bis 60 Einheiten soll im Jahr 2021 eröffnen. Bereits heute wird die Digitalisierung weiter vorangetrieben. Reka evaluiert und entwickelt zurzeit ein technologisches Buchungs- und Betriebssystem für ihre Ferienanlagen. Die Nachfrage über die Online-Kanäle laufe zwar noch nicht völlig reibungslos, aber: «Aktuell verzeichnen wir etwa 70 Prozent Online-Buchungen. Wir befinden uns hier allerdings auf einer Gratwanderung. Unser Ziel ist es nicht, nur noch online gebucht zu werden. Wir wollen keine Easyjet werden. Gerade Familien haben viele individuelle Fragen, die auch in Zukunft von unseren Mitarbeitenden persönlich beantwortet werden.»

«Die Nacht in einer Schweizer Jugendherberge ist für den Gast Mittel zum Zweck»

Für die Schweizer Jugendherbergen (SJHB) zählt vor allem eines: Der Standort. «Für unseren Gast ist das Bett Mittel zum Zweck, wichtig ist das Angebot im Ort selber», sagt CEO Fredi Gmür. An jedem Standort gebe es deshalb auch nur eine Jugendherberge. Was aber deutlich zu spüren ist: «Das Verlangen nach mehr Privatsphäre.» So seien mittlerweile 25 Prozent aller Zimmer Doppelzimmer mit eigenem Bad ausgestattet, 50 Prozent sind als Familienzimmer mit vier Betten und eigenem Bad angelegt und die restlichen 25 Prozent sind als Sechsbettzimmer konzipiert.

In den Jugendherbergen treffe man von Schülern, Familien, Senioren bis hin zum Geschäftsreisenden so ziemlich jedes Alterssegment und die unterschiedlichsten Nationen an. «Die Gäste in den Jugendherbergen suchen den Austausch untereinander. Ich habe in den über 20 Jahren, in denen ich für die SJHB tätig bin, nicht eine einzige Schlägerei erlebt», sagt Gmür. Der funktionierende Alters- und Gästemix sei nicht zuletzt dem «hybrid gewordenen Ferienkonsument» zu verdanken. «Heute wird die Unterkunft ans Ferienbedürfnis angepasst. Das kann an einem Wochenende eine Nacht in der Jugendherberge mit der Familie sein, das nächste wird in einem Fünf-Sterne-Hotel verbracht», erklärt Gmür. Gleich mehrere Projekte seien in der Pipeline: In Laax entsteht ein Wellness-Hostel direkt am See mit 180 Betten, das im Jahr 2020 eröffnen soll. In Schaan/Liechtenstein soll im Jahr 2021 eine Jugendherberge eröffnen. Im selben Jahr soll in Genf ein Grossprojekt an den Start gehen, das eine Quartierkneipe, eine Musikschule und Sozialwohnungen umfasst.

Die SJHB weisen für die vergangene Wintersaison ein Logiernächte-Plus von 2,6 Prozent auf sowie eine Umsatzsteigerung von 4,3 Prozent. Gmür nennt ebenfalls die «hervorragenden Schneeverhältnisse in den Bergen» als Grund dafür sowie die Angebotserweiterung mit einer Neu- und Wiedereröffnung: Seit Juni 2017 gehört die Jugendherberge Bella Lui in Crans-Montana zum Portfolio und nach einem 18-monatigen Umbau seit März 2018 auch wieder die Jugendherberge Bern. 2/3 des Umsatzes werde in der Sommersaison generiert, da diese Saison länger dauere und zudem einige Jugendherbergen im Winter geschlossen hätten. Mit dem Online-Buchungsanteil von 28 Prozent ist Gmür zufrieden. Das vereinfachte Buchungstool auf der Webseite sowie Dienstleistungen wie das Web-Check-in sollen lediglich als Hilfsmittel dienen und nicht den Menschen dahinter ersetzen. 

«Wir setzen auf Pop-up-Glamping»

Camping ist wieder im Trend. Denn diese Ferienform spreche alle Altersschichten an: «Die jüngeren fahren mit dem VW-Bus durch die Gegend, Senioren kaufen sich ein Wohnmobil und leben die grosse Freiheit, während beispielsweise Familien mit den Kindern zelten», sagt Oliver Grützner, Leiter Tourismus & Freizeit bei TCS. Mit einem schnell wachsenden Umsatzanteil von 15 Prozent konnte sich auch Glamping erfolgreich etablieren: «Für diese komfortable Art des Campens stellen wir 130 Einheiten in 13 verschiedenen Typen wie Tipi, Pot oder Nostalgiewagen zur Verfügung». Der absolute Renner seien dabei die insgesamt drei Nostalgiewagen, die eine Auslastung von über 80 Prozent aufweisen.

Grützner verrät auch gleich ein Novum: Dieses Jahr stellt der TCS erstmals am Openair St. Gallen fünf Glamping-Einheiten zur Verfügung. Diese seien bereits ausgebucht. Die nächste Gelegenheit für ein solches Pop-up-Glamping bietet sich am Summerdays Festival in Arbon: Dort werden 15 Einheiten zur Verfügung stehen. In Zukunft will Grützner vermehrt solche Angebote lancieren.

Campen und Glampen ist stark vom Wetter abhängig: «30 Prozent der Buchungen erfolgen drei Tage im Voraus», sagt Grützner. Die wichtigsten Monate seien Juli und August:«In diesen beiden Monaten machen wir die Hälfte des Umsatzes». Von den 23 Campingplätzen haben dann auch nur fünf den Winter über geöffnet. Da es Ende März und Anfang April in weiten Teilen der Schweiz kalt und regnerisch war, gingen für das wichtige Osterwochenende weniger kurzfristige Buchungen ein und TCS Camping konnte mit einem leichten Minus bei den Logiernächten (-3,7 Prozent) nicht ganz an das gute Ergebnis von 2017 anknüpfen.

Der aktuelle Stand der Online-Reservationen liegt dafür für den Sommer 2018 bei einem Plus von 30 Prozent gegenüber der Sommersaison 2017. Zum Start der Campingsaison hat TCS Camping zudem eine neue Online-Plattform lanciert, zu der unter anderem ein digitaler Campingführer für Schweiz und Europa sowie eine umfangreiche Info- und Ratgeberfunktion gehört.

«Uns braucht es trotz Airbnb»

Bed and Breakfast Switzerland verzeichnet durch einen Mitglieder- und damit verbundenen Bettenrückgang im 2017 über das ganze Jahr gesehen zwar eine Abnahme der Logiernächte – die Auslastung der aktuell 843 Betriebe ist aber faktisch gestiegen, was für die zunehmende Beliebtheit dieser Übernachtungsmöglichkeit spricht. Laut Dorette Provoost, Geschäftsführerin von Bed and Breakfast Switzerland suchen Gäste trotz vieler Low-Budget-Angebote wieder vermehrt das Echte und Persönliche. Auch als erstmaliger Aussteller an der FESPO im Januar 2018 habe man viel positives Feedback erhalten, wie Provoost sagt. Und dieses Jahr rechnet sie gar mit 70 bis 80 neuen Anbietern. 

Die Bed-and-Breakfast-Gastgeber bieten heute vermehrt ausgefallene Konzepte an. «Die einen stellen ihr Schloss, Boot oder auch einmal ein Dorfschulhaus als Übernachtungsstätte zur Verfügung. Andere setzen auf eine Einrichtung rein aus Holz oder bieten individuelle Erlebnisse wie geführte Wanderungen in Kombination mit Yoga an», sagt Provoost. Wie sich Bed and Breakfast von Plattformen wie Airbnb abhebt, erklärt Provoost so: «Auf Airbnb bieten höchstens 10 Prozent aller Anbieter Frühstück an. Wir haben einige Anbieter, die Airbnb ausprobiert haben und unzufrieden waren, da die Gäste am Schluss überhaupt nicht zu ihnen passten und einige auch mit den technischen Anforderungen nicht klar kamen.»