Hotellerie

Die weltweite Präsenz auf Portalen wie Booking.com schätzen die Schweizer Hotels zwar, doch gegen eine Einschränkung in der Preisgestaltung kämpfen sie an – mit Erfolg. Bild: Fotolia/TN

Ob dieses Gesetz die Schweizer Hotels weiterbringt?

Nach dem Ständerat stemmt sich auch der Nationalrat gegen Knebelverträge für Hotels. Die Schweizer Hotels jubeln – travelnews.ch kommentiert.

Kommentar: Manch ein Hotelier dürfte sich noch wundern

Gregor Waser

Die Schweizer Hoteliers reiben sich die Hände. Künftig dürfen sie auf ihren eigenen Kanälen preislich machen, was sie wollen, ohne von Hotelportalen wie Booking.com zur Einhaltung gleicher Preise gezwungen zu werden.

Die Kommissionen in der Höhe von bis zu 15 Prozent und mehr können sie sich nun sparen, sollte eine Buchung direkt statt über die Portale erfolgen. Die Frage bleibt, was sie mit dieser Einsparung machen. Alleine um die Rendite aufzubessern, taugen diese Beiträge nur auf den ersten Blick.

Denn um sich vom Marketingkoloss Booking.com zu emanzipieren, braucht es vor allem eigene Anstrengungen in der direkten Vermarktung. Und sollen diese wirksam sein, sind die eingesparten Mittel schnell aufgebraucht.

Wie Booking.com künftig auf die Schweizer Hotels reagiert und wie das Ranking beim Abruf einer einzelnen Destination ausfällt, wird interessant sein zu beobachten. Werden jene Hotels, die sich weiterhin an die Booking-Vorgaben halten prioritär gelistet?

Die Hoffnung vieler Hoteliers, weiterhin von Booking.com & Co. weltweit prominent aufgelistet zu werden – um dann durch die Hintertüre die Direktbuchung einzustreichen – dürfte sich aber zerschlagen. Denn bisher schon haben die Hotelportale gewisse Hotels bevorzugt, etwa jene, die bereit sind, höhere Kommissionen zu zahlen.

Manch ein Schweizer Hotelier dürfte sich noch wundern, dass Gäste aus Brasilien, Finnland oder Singapur, die sie vor der Ära Booking.com nie gesehen hatten, nun plötzlich nicht mehr auftauchen. Denn der Marketingpower der Hotelportale ist global und gewaltig – und die Portale lassen sich dafür auch entsprechend entschädigen.

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(Montag, 18. September, 16 Uhr, AWP/SDA) Hotels sollen auf ihrer Webseite günstigere Tarife offerieren dürfen als auf Online-Buchungsplattformen. Der Nationalrat hat am Montag eine Motion aus dem Ständerat angenommen, die das verlangt.

Damit wird der Bundesrat beauftragt, Preisparitätsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Hotels zu verbieten. In solchen Klauseln verpflichten sich die Hotels, auf ihrer eigenen Internetseite den auf Buchungsplattformen aufgeführten Zimmerpreis nicht zu unterbieten.

Der Nationalrat nahm die Motion von Ständerat Pirmin Bischof (CVP/SO) mit 120 zu 52 Stimmen bei 10 Enthaltungen an. Die Mehrheit im Parlament sieht in den Preisklauseln wettbewerbsschädigende «Knebelverträge».

Es sei unverständlich, dass ein Hotelier, der für seine Kunden mehr leiste als die Plattform, eine hohe Vermittlungskommission bezahlen müsse und erst noch in seiner Preispolitik eingeschränkt werde, argumentierten die Befürworter des Verbots.

Immer mehr Hotelübernachtungen würden über Buchungsplattformen gebucht. Praktisch kein Hotel könnten es sich mehr leisten, auf diesen Vertriebskanal zu verzichten. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, sei es für die Hoteliers existenziell, den Direktvertrieb über die hoteleigene Website fördern zu können. In anderen Ländern seien Preisklauseln zudem bereits verboten, sagte Sylvia Flückiger (SVP/AG) im Namen der vorberatenden Kommission.

Aufgabe der Weko

Die Gegner machten geltend, die Wettbewerbskommission (WEKO) beobachte die Situation und schreite gegebenenfalls ein. Ein Verbot sei ein Misstrauensvotum an die zuständigen Institutionen, die WEKO und den Preisüberwacher, sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE). Es sei nicht am Parlament zu entscheiden, ob missbräuchliches Verhalten vorliege.

Der Bundesrat sprach sich aus demselben Grund gegen die Motion aus. «Lassen wir die WEKO arbeiten», sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Das Umfeld für die Branche sei schwierig, räumte er ein. Ein Verbot von Preisparitätsklauseln löse die Probleme aber nicht. Innovative neue Geschäftsfelder sollten nicht voreilig verboten werden. «Wer sich der Digitalisierung verschliesst, der gefährdet den Anschluss an die Wettbewerbsfähigkeit», sagte Schneider-Ammann.

Zur Diskussion stand im Parlament nur ein Verbot der engen Preisparitätsklauseln. Bereits verboten hat die WEKO so genannte weite Preisparitätsklauseln. Diese hatten Hoteliers gezwungen, auf allen Vertriebskanälen einen gleich hohen Preis zu garantieren. Die sogenannten engen Paritätsklauseln blieben hingegen erlaubt. Die WEKO verzichtete auf ein Verbot, weil aus ihrer Sicht eine abschliessende Einschätzung zu deren praktischen Auswirkungen noch nicht möglich war.

Davon profitiere in erster Linie das US-amerikanische Online-Portal Booking.com, das in der Schweiz mit 70 Prozent Marktanteil jetzt schon eine Vormachtstellung habe, kritisiert Bischof in seinem Vorstoss. Die unternehmerische Freiheit der Hoteliers werde eingeschränkt. Natalie Rickli (SVP/ZH) gab im Nationalrat zu bedenken, dass mit dem Verbot die unternehmerische Freiheit der Online-Buchungsplattformen eingeschränkt würde. Darunter seien auch Schweizer Unternehmen.

Dass Online-Buchungsplattformen immer bedeutender werden, zeigte auch eine Umfrage des Institut für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz Wallis in Siders. 2016 stieg der Anteil der Buchungen über Online-Plattformen in der Schweiz gegenüber dem Vorjahr um 6,7% auf rund 27%.

Die drei Plattformen Booking, Expedia und HRS beherrschen gemäss der Umfrage das Geschäft. Die Fachhochschule schätzt den Gesamtumsatz dieser drei Unternehmen auf mehr als 1 Mrd CHF und die von den Hotels an die Plattformen bezahlten Kommissionen auf 150 Mio CHF.

Booking.com bedauert – Hoteliers erfreut

Booking.com bedauerte in einem Communiqué den Entscheid. Das Parlament bremse so den Wettbewerb und die Transparenz. Den Konsumenten drohten höhere Preise. Gerade kleine Hotels und Familienbetriebe müssten den Schaden tragen. Zudem sei das Verbot der Klausel ein tiefer Eingriff in die unternehmerische Freiheit.

Expedia, das weltweit grösste Online-Reiseunternehmen, sprach davon, dass mit dem Entscheid der Interessenausgleich zwischen Hotels und Online-Reisebüros geschädigt sei. Es könne «zu einer Verschlechterung der Qualität, höheren Preisen für Konsumenten und einem Rückgang der Übernachtungen von ausländischen Touristen in der Schweiz» kommen.

Die enge Paritätsklausel sei ein wichtiges Instrument, um eine ausgeglichene Interessenlage und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Online-Reisebüros und den Hotels herzustellen. Trotzdem wolle sich Expedia bei den Gesetzesarbeiten «konstruktiv und informativ» einbringen.

Ganz im Gegenteil, schreiben Tourismus-Verband, Seilbahnen Schweiz, Gastrosuisse, hotelleriesuisse und Parahotellerie Schweiz: Der Entscheid schaffe zusätzliche unternehmerische Freiheit für die Hotels. Der durch die Klausel entstandene Standortnachteil für die Schweiz müsse nun schnell beseitigt werden. Paritätsklauseln seien in den Nachbarländern bereits verboten.

(GWA/AWP)