Hotellerie

Individualhotels profitieren von Branchentrends

Die Hotellerie ist von vielen Seiten unter Druck – Hotels wie das Baur au Lac können sich aber negativen Branchentrends widersetzen.

Eine Fusionswelle erfasst die Hotelbranche und die ohnehin schon grossen Hotelketten werden noch grösser. Das Ziel solcher Transaktionen sind immer Skaleneffekte. Die Verantwortlichen erwarten von den Zukäufen und Kooperationen, dass sie mit einem grösseren Volumen geringere Kosten pro Übernachtung erzielen. Mega-Hotelgruppen kaufen zum Beispiel deutlich günstiger Möbel, Wasser, Energie, Lebensmittel oder Badezimmerutensilien ein, was die Gewinnmargen markant steigen lässt.

In Branchenanalysen heisst es dann immer wieder, dass damit kleinere Hotels unter Druck geraten und vom Markt verschwinden würden. Dem widerspricht nun der Direktor des Luxushotels Baur au Lac, Wilhelm Luxem. Der Manager sagte diesbezüglich zur Nachrichtenagentur sda, dass genau das Gegenteil der Fall sei und die Konzentration in der Branche sogar Vorteile für Einzelhotels böte.

Um hohe Kostenvorteile zu erreichen, müssen Hotel-Ketten immer mehr standardisieren. Mit diesem Wahn zur Vereinheitlichung verlieren viele Herbergen an Individualität. Der Trend führt dazu, dass das Gastgewerbe weniger auf die verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Gäste eingehen kann. Und genau dies komme kleineren Anbietern oder Mini-Hotelgruppen entgegen, meint Direktor Luxem. "Individualität bekommt wieder Bedeutung", sagt der Manager zur sda.

Zimmerschlüssel statt Steckkarten

Allerdings müssen kleinere Hotels auch an sich arbeiten. Sie sollten nicht nur ihren Zimmern jeweils andere Geschmacksnoten geben, sondern auch sich selbst immer wieder aufs Neue erfinden. So präsentiert Luxem für sein Baur au Lac einige Innovationen – das Luxushotel nutzt zum Beispiel noch einen Zimmerschlüssel und keine Steckkarten, um die Türen zu öffnen. Ein Zimmerschlüssel gehört nach Meinung des Direktors nämlich zu einem Hotel und wenn ein Gast den Schlüssel beim Concierge abgibt oder abholt, komme stets der individuelle Service eines Luxushotels zum Tragen. Allerdings ist der Zimmerschlüssel im Baur au Lac nicht altmodisch, sondern er ist halb elektronisch und halb mechanisch. Mit dem Chip im klassischen Schlüssel verbinde sich die moderne mit der traditionellen Hotelwelt, sagt Luxem.

30 Prozent aller Restaurant-Bestellungen via iPad

Als weitere Innovation nennt der Manager die iPads auf seinen 120 Zimmern und Suiten, mit denen Gäste elektronische Zeitungen aus der ganzen Welt lesen oder ganz einfach Room-Service ordern können. Bereits 30 Prozent aller Restaurant-Bestellungen kommen laut dem Hoteldirektor schon über diesen Online-Kanal.

Und schliesslich verweist Luxem noch auf zwei andere Beispiele für moderne Individualität. Erstens gibt es im Baur au Lac selbst produzierten Honig, den die Bienen im Hotelgarten liefern. Bei Betten-Burgen wäre dies undenkbar, sagt er. Und zweitens baute er für Dezember ein Chalet in seinen Hotelgarten, um seinen Gästen ihre Weihnachtsessen in Hüttenatmosphäre zu ermöglichen. Beide Ideen hätten im Markt regelrecht eingeschlagen.

Facebook statt Newsletter

Als dritter Trend verweist Luxem auf die Marktmacht der Internet-Buchungsmaschinen. Dem begegnet das Zürcher Luxushotel mit dem Aufbau einer eigenen Webseite. Diese sei aber vollkommen aufs Smartphone augsgerichtet, was den Bedürfnissen von Individualreisenden entspreche, erklärt der Direktor. Auch wenn Luxem bei Direktbuchungen keine Preiszugeständnisse macht, sattelt er oftmals Annehmlichkeiten wie einen Früchtekorb auf dem Zimmer oder bessere Zeiten zum Ein- und Auschecken drauf, falls die Gäste nicht über fremde Webportale buchen.

Einen Newsletter, wie es ihn früher einmal im Baur au Lac gab, verschickt Luxem kaum noch. Die Informationen bezögen viele seiner Gäste heutzutage vermehrt aus den sozialen Medien, sagte er. Und über Facebook erreichten ihn dann auch zahlreiche Kaufanfragen für den Honig aus der hoteleigenen Produktion.

(AWP/SDA)