Hotellerie

Planskizze Kruse Architekten: der geplante Neubau des im Sommer 2016 abgerissenen Luisenflügels.

«Das wird kein Relaunch einer alten Kiste»

Thorsten Keller

Martin Buchli-Casper investiert 65 Millionen Euro in das Stammhaus der Steigenberger-Hotelgruppe, den Europäischen Hof in Baden-Baden. Im Interview äussert sich der Bündner Hotelinvestor über alte Bausubstanz und neue Gästepotenziale.

Herr Buchli-Casper, Sie zählen als Immobilieninvestor in Deutschland zwei Steigenberger-Hotels in Mainz und Darmstadt Ihr Eigen. Nun sanieren Sie das Stammhaus der Steigenberger-Gruppe, den Europäischen Hof in Baden-Baden. Wie kam es dazu?

Martin Buchli-Casper: Eine in Mainz ansässige Projektentwicklungsgesellschaft, die ich seit vielen Jahren kenne, hatte von Steigenberger ein Verkaufsmandat für den Europäischen Hof erhalten. Als man mir dann das Objekt zeigte, bin ich eingestiegen, denn eine bessere Lage wie dieses Haus kann ein Hotel nicht vorweisen – nicht in Baden-Baden, und nicht in einer anderen Stadt.

Sie sind als Hotelinvestor bislang ausschliesslich in Deutschland in Erscheinung getreten, in der Schweiz hingegen nicht.

Ich habe in Chur mehrere Immobiliengesellschaften, die auf Gewerbeimmobilien – Geschäfte, Werkstätten und Produktionsstätten – spezialisiert sind. Im Hotelsegment war ich in Davos an der Entwicklung des Hotels Intercontinental beteiligt.

Der Europäische Hof in Baden-Baden ist aktuell eine Grossbaustelle. Sind der veranschlagte Eröffnungstermin 2018 und die genannten Kosten von 57 Millionen Euro noch realistisch?

Die Sanierung des Hauses hat sich als weit komplexer herausgestellt, als das abzusehen war. Möglicherweise wird das Haus 2018 fertiggestellt sein. Ich peile jedoch mittlerweile einen Eröffnungstermin im Frühjahr 2019 an. Was die Kosten betrifft, wissen wir heute, dass die 57 Millionen aufgrund der schlechten Bausubstanz, die wir vorgefunden haben, nicht reichen werden. 65 Millionen ist die neuere und realistische Prognose.

Den Managementvertrag für die Zeit nach der Fertigstellung des Hauses haben Sie auf 20 Jahre wieder mit der Steigenberger Hotelgruppe – jetzt Deutsche Hospitality – abgeschlossen. Gab es auch andere Interessenten?

Das Haus gehörte zur Immobiliengesellschaft von Herrn El-Chiaty, dem wirtschaftlichen Eigentümer der Steigenberger-Hotelgesellschaft. Es gab einen vernünftigen Kaufpreis, doch auch die Bedingung, dass der Europäische Hof nach seiner Fertigstellung wieder von Steigenberger geführt werden müsse.

«Baden-Baden ist mit Abstand die schönste deutsche Stadt»

Auf dem Gelände des Hotels konnten Sie ein Haus bislang nicht erwerben. Können Sie Ihre Bauvorhaben wie geplant fortführen, wenn das Haus nicht in Ihr Eigentum übergeht?

Wir haben mit dem Eigentümer des Nachbarhauses lange vor dem Bauvorhaben alle offenen Fragen geregelt, sodass wir dessen Eigentum nicht benötigen. Es wäre ‚nice to have‘, aber es ist keine Notwendigkeit, dass das Haus noch in unseren Besitz übergeht. Finanzielle Dinge verhindern den Kauf bislang.

Baden-Baden befindet sich im Wandel, auch von der Altersstruktur der Gäste. Wird sich das im fertiggestellten Europäischen Hof, so wie Sie ihn geplant haben, niederschlagen?

Das Gebäude ist zunächst einmal ein altes Haus, aber das Interieur wird letztlich nach der Fertigstellung so sein, dass sich traditionelle Gäste ebenso wohlfühlen wie Gäste, die eher das Moderne suchen. Es wird keinesfalls der Relaunch einer ‚alten Kiste‘ sein. Das gibt ein komplett neues Hotel.

Wo sehen Sie das Potential für das Haus nach seiner Fertigstellung?

Was die Stadt betrifft, ist Baden-Baden mit Abstand die schönste deutsche Stadt, die ich kennengelernt habe. Es gab nur wenige Kriegsschäden, es gibt eine wunderbare gewachsene Altstadt. Es gibt eine grosse internationale Durchmischung der Gäste. Die Stadt bietet alles nicht nur um für einen Hotelinvestor interessant zu sein.

Gibt es bereits weitere Hotelprojekte, die Sie im Fokus haben oder ist die Fertigstellung des Europäischen Hofes zunächst Ihre Priorität?

Den Grossteil der Planungs- und Verwaltungsarbeit bei diesem Projekt mache ich im Alleingang. Nach der Fertigstellung des Hauses werde ich jenseits der 70 sein. Dann sehen wir weiter. Es gibt per heute kein weiteres Projekt in der Planung.

Sie würden auch nicht darauf schauen, ob Ihr nächstes Projekt wieder in Deutschland oder dann doch in der Schweiz angesiedelt ist?

Überhaupt nicht. Mit gefällt das Investieren in Deutschland. Ich komme dort gut zurecht, und nach meinem Dafürhalten bin ich hier – das ist in Baden-Baden deutlich spürbar – ein gern gesehener Investor.