Hotellerie

10'000 Hotels klagen gegen Booking
Über 10'000 Hotels aus mehr als 30 Ländern, darunter gegen 400 Hotels aus der Schweiz, haben beim zuständigen Gericht in den Niederlanden eine Sammelklage gegen die Buchungsplattform Booking eingereicht. Koordiniert wird das Verfahren von der Stiftung Hotel Claims Alliance, unterstützt durch nationale Verbände wie HotellerieSuisse und den europäischen Dachverband Hotrec.
Im Zentrum der Klage stehen die sogenannten Paritätsklauseln, die Booking jahrelang in Verträgen mit Beherbergungsbetrieben verankerte. Diese verpflichteten Hotels dazu, auf keiner anderen Plattform – nicht einmal auf der eigenen Website – bessere Preise oder Konditionen anzubieten.
Die Klage fordert Schadenersatz für den Zeitraum von 2004 bis 2024. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass betroffene Hotels bis zu 30 Prozent der gezahlten Provisionen zuzüglich Zinsen zurückfordern könnten. Die Teilnahme ist für die Betriebe kostenlos – die Finanzierung übernimmt ein Prozessfinanzierer, der im Erfolgsfall einen Anteil der Summe erhält.
Abhängigkeit ist gross
Der Verband HotellerieSuisse spricht von einem längst überfälligen Schritt, die Paritätsklauseln hätten den Direktvertrieb massiv behindert und den Wettbewerb verzerrt. Es sei höchste Zeit, diesen Schaden rückwirkend zu adressieren.
Zudem habe Booking durch die Klauseln künstlich hohe Provisionen von teilweise über 20 Prozent des Zimmerpreises durchsetzen können – zulasten der Hotelbetriebe. Auch GastroSuisse unterstützt die Klage ausdrücklich.
Ungeachtet der Klage bleibt Booking der wichtigste Vertriebskanal für viele Betriebe. In der Schweiz werden laut HotellerieSuisse rund ein Viertel der Buchungen über Onlineplattformen abgewickelt – davon der Löwenanteil über Booking.
Zudem zeigt eine Umfrage unter Schweizer Betrieben von März 2025: Probleme wie intransparente Rabattaktionen, sogenannte Undercutting-Strategien oder der fehlende Zugang zu Kundendaten bestehen weiterhin und erschweren den Aufbau direkter Kundenbeziehungen.
Mit der Sammelklage will Europas Hotellerie aufzeigen, dass digitale Dominanz kein Freipass für unfairen Wettbewerb ist. Der Prozess könnte zum Präzedenzfall werden – mit potenziell milliardenschweren Auswirkungen für Booking, so die Hoffnungen der Branche. HotellerieSuisse ruft weitere Betriebe zur Teilnahme auf, die Frist läuft noch bis zum 29. August 2025.
Rückwirkend? Ehrlich?
Erstaunlich ist, dass die Hotelbranche Forderungen stellt für einen vermeintlichen Schaden, der sie in den letzten total 20 Jahren erlitten haben soll. Irgendwo auf der Strecke bleibt der Umstand, dass Booking einzelnen Hotels in dieser Zeit zu weltweiter Präsenz und grossem Marketingpower verholfen hat.
Wie will das Hotel Bären in Wilderswil Gäste aus Belgien und Südkorea anpeilen? Mit eigenen Marketingbemühungen? Wohl kaum. Die Präsenz auf Booking ermöglicht eine weltweite Präsenz. Und die hat halt ihren Preis.
Verständlich wäre, dass die Hotelbranche die Spielregeln für die Zukunft ändern möchte. Aber gleich die zurückliegenden 20 Jahre einzufordern?
Ebenfalls auf der Strecke bleibt der weitere Umstand, dass sich viele Hotels lange um einen schlauen Online-Auftritt foutiert haben und auch die Verbände mit eigenen Buchungsportalen nie recht vom Fleck kamen – und dass man sich dann halt gerne unter die Flügel der grossen Portale begab, um präsent zu sein.