Hotellerie

Das Nachhaltigkeits-Netzwerk, von links: Jürg Schmid (Schmid Pelli & Partner), Jörg Krebs (Schweiz Tourismus Deutschland), Chantal Cartier (Geschäftsführerin Responsible Hotels), Sven Wassmer (Restaurant Memories Bad Ragaz), Cornelia Rutishauser (myclimate), Simon Gigandet (Nespresso), Nadja Zimmermann (Magazin LouMalou), Valentin Bot (Präsident Responsible Hotels), Stefan Aerni (Hotel Dolder Zürich) und Benjamin Dietsche (Hotel Cervo Zermatt). Bild: Daniel Tschudy

Der Nachhaltigkeit im Hotelgeschäft verpflichtet

Daniel Tschudy

Die Tourismusbranche ist gefordert, denn das Thema Nachhaltigkeit bleibt fix auf jeder Traktandenliste. Es reiche nicht mehr, nur noch regional einzukaufen und möglichst kein Plastik zu verwenden, lautete eine Erkenntnis beim Netzwerktag der Responsible Hotels of Switzerland.

Noch sind alle am Lernen. Anbieter und Kunden müssen erst richtig begreifen, was die wirklichen Vorgaben sind (von Umwelt, Gesellschaft und Politik), und wie sie diese umsetzen können. Denn bei der Buchung eines Ferienaufenthalts klafft noch häufig ein Graben zwischen Absicht und Umsetzung.

In Deutschland hat man letztes Jahr errechnet, dass zwar rund zwei Drittel aller Gäste ihre Ferien gerne nachhaltig gestalten möchten, es aber in der Praxis noch nicht tun. Einerseits wegen den Mehrkosten oder dann einfach, weil sie die passenden Angebote an ihrem Zielort nicht finden. Im Schweizer Markt dürfte dies nicht ganz anders sein. Die erste Priorität ist also nicht «Aktionitis», denn das führt meistens bloss zu Greenwashing – also PR-Massnahmen, die darauf zielen, einem Unternehmen in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen, ohne dass es dafür eine hinreichende Grundlage gibt.

Zuerst muss über Nachhaltigkeit geredet werden und das tun mehrere Organisationen, die mit dem Schweizer Tourismus oder dem hiesigen Hospitality-Geschäft verbunden sind. Der Verein Responsible Hotels gehört dazu und setzte sich als erstes Ziel, denjenigen Hotelbetrieben, die bereits nachhaltige Projekte umgesetzt haben, ein Schaufenster zu geben.

Netzwerk-Veranstaltung

Jetzt geht es für Responsible Hotels darum, die Aktivitäten der Mitglieder-Betriebe zu konsolidieren, neue und gemeinsame Werkzeuge zu identifizieren und mit dem Wissen gegen innen und natürlich gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aufzutreten. Das erfordert, Fachwissen einzusammeln und transparent über die verschiedenen Medienkanäle zu publizieren. Ganz im Sinne des Sprichworts «do good and talk about it».

Als erste von mehreren in diesem Jahr geplanten Veranstaltungen, organisierte Responsible Hotels anfangs Woche im Zürcher Hotel Dolder Grand den 2. Networking-Event, zu dem sich rund sechzig Mitgliederinnen und Mitglieder sowie Fachleute trafen. In Messe-Format stellten sich mehrere Betriebe und Organisationen vor und im folgenden Forum-Bereich gab es Fachvorträge und Round-Table-Gespräche. Dabei erzählten Hoteliers und Gastronomie-Betriebe über ihre spezifischen Angebote und die Erfahrungen, die sie damit gesammelt haben. Und das ist nicht immer einfach, denn für die meisten Hospitality-Betriebe bleibt es ein Spagat, sich balanciert zwischen sozial-nachhaltiger Ethik und ökologischer Verantwortung zu bewegen.

Das Dilemma, zwischen was gemacht werden muss und was umgesetzt/finanziert werden kann, bleibt bestehen. Und für die Gäste wird es auch nicht einfacher. spezifische Handlungen, beispielsweise fleischlos zu kochen, können theoretisch von jedem Betrieb umgesetzt werden. In der Realität stimmt dies natürlich nicht. Denn was in einem urbanen Umfeld möglich ist, auch weil der Markt gross genug ist, funktioniert in ländlichen Gegenden möglicherweise nicht, respektive könnte die Existenz eines solchen «innovativen» Betriebes sogar angreifen.

Umsetzen was machbar ist

Jeder Betrieb muss also für sich suchen, und finden, welche nachhaltigen Aktivitäten für und zusammen mit den Mitarbeitenden umgesetzt werden können. Denn eines ist sicher, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, muss jedes Unternehmen den Nachhaltigkeitsaspekt integrieren. Das betrifft nicht nur die führenden Hotels im oberen Segment, sondern letztlich auch jeden Familienbetrieb irgendwo in einem Seitental. Und für die ist Nachhaltigkeit eine echte Herausforderung. Nur schon der zeitliche Aufwand hemmt, und manchen fehlt wohl auch die entsprechende Ausbildung oder das Wissen, wie sie das Thema im Kleinbetrieb umsetzen können. Ein «Hilfsmittel» sind die Generationen Y und Z, denn diese jungen Leute bringen völlig neue Bedürfnisse und Denkweisen mit und können einfachste Projekte für Nachhaltigkeit im Betrieb vorschlagen.

Der Verein Responsible Hotels hat eine Bresche geschlagen und wird mit seinen weiteren Aktivitäten und Auftritten wertvollen «Lärm» kreieren. Dabei wäre es aber gut, wenn er sein gesammeltes Wissen auch proaktiv mit den tausenden von Schweizer Kleinhotels teilt. Der nächste Wissenstransfertag von Responsible Hotels findet am 27. Juni 2023 im Cervo Mountain Resort in Zermatt statt.