Hotellerie

Die Euro-Talfahrt geht weiter. Chart: finanzen.ch

Der starke Franken sorgt die Schweizer Hotellerie kaum

Nach mehrheitlich überstandener Pandemie stellen Energiesorgen, Inflation und fehlende Fachkräfte die Hotellerie vor eine neue Probe. Überraschend dabei: der historisch starke Franken beschäftigt die Hotellerie nicht sonderlich. Das war vor sieben Jahren noch ganz anders. Hotellerie-Chef Andreas Züllig sagt, wieso.

Zur Erinnerung: im Jahr 2007 kostete 1 Euro noch 1,65 Franken. Schön war dies damals für deutsche und italienische Touristen, die Schweiz zu bereisen. Für ihre Euro erhielten sie viel Leistung. Doch in den Folgejahren wurde der Franken immer stärker, der Euro-Kurs fiel kontinuierlich. 2011 schritt die Schweizer Nationalbank ein, stoppte die Talfahrt und stützte den Eurokurs bei 1,20 – um die Schweizer Exportindustrie und den Schweizer Tourismus nicht ausbluten zu lassen.

Im Januar 2015 hob die Nationalbank dann aber diese Stützungsmassnahmen wieder auf, der Euro fiel in den Folgemonaten auf 1,04. Der Aufschrei in der Schweizer Hotellerie war zunächst riesig und die Befürchtung gross, dass die ausländischen Gäste nun ausbleiben wegen zu hoher Preise. Und in der Tat: gerade aus dem preissensiblen deutschen Markt gingen die Einreisezahlen stark zurück.

In den letzten zwölf Monaten schlingerte der Euro-Kurs zwischen 1,08 bis 1,04. Mittlerweile hat die Schweizer Hotellerie mit einem solchen Kurs leben gelernt. Dank vielen Schweizer Gästen konnte die Alpen-Hotellerie im Gegensatz zur Stadthotellerie die Pandemie gut meistern. Auch die Einreisezahlen aus dem wichtigsten Auslandmarkt Deutschland sind stabil geblieben.

Nun sackt der Euro-Kurs noch weiter in die Tiefe. In den letzten Wochen befand sich der Kurs bei 1,01, heute Morgen kostet 1 Euro gerade mal noch 96 Rappen. Doch überraschenderweise hört man in diesen Tagen kaum ein Jammern wegen des starken Frankens aus der Schweizer Hotellerie. Wieso dem so ist, liess sich in der SRF-Samstagsrundschau erfahren. Andreas Züllig, der Präsident der Schweizer Hotellerie äusserte sich zu den einzelnen Baustellen und zur Frankenstärke.

«Unsere Wettbewerbsfähigkeit steigt insgesamt.»

Trotz des sehr starken Frankens steige die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotels, sagt Züllig. Grund dafür sei die hohe Inflation, mit der die ausländische Konkurrenz zu kämpfen habe. Der starke Franken absorbiere das. Die Preise im Ausland stiegen schneller, sagte der Hotelleriesuisse-Präsident in der «Samstagsrundschau» von Schweizer Radio SRF. Der starke Franken mache ihm kein Bauchweh. «Unsere Wettbewerbsfähigkeit steigt insgesamt.» Die Lage nach Corona sei über Erwarten gut.

Die Schweizer Hotellerie habe einen sehr guten Sommer hinter sich. Der Schub sei enorm. Die Erholung nach Corona sei stärker und schneller als erhofft. «Wir sind schon fast wieder auf dem Niveau des Rekordjahres 2019.» Er selber habe 2021 in seinem eigenen Viersterne-Betrieb auf der Lenzerheide das zweitbeste Geschäftsjahr überhaupt erzielt.

Sorgen macht sich Züllig im Hinblick auf eine mögliche Energieknappheit im kommenden Winter, sollte etwa der Betrieb der Bergbahnen tangiert sein. Und Bauchschmerzen bereitet dem Hotellerie-Chef auch der Personalmangel. Im Moment sei es illusorisch, die Leute im Ausland abzuwerben, weil auch die dortige Konkurrenz mit dem gleichen Problem kämpfe. Die Schweizer Hotellerie müsse mit Aus- und Weiterbildungsprogrammen selber dafür sorgen, dass sich diese Lücke teilweise wieder schliessen lasse.

Trotz Pandemie-Ende bleibt das Terrain für die Hotellerie also schwierig. Und sollte der Euro bald noch weniger kosten als die heutigen 96 Rappen, wird auch das Währungsthema wieder in den Fokus rücken. Denn wie das Tessin in diesem Sommer schon erfahren musste: die vielen Schweizer, die während der Pandemie den Südkanton besuchten, sind nun teilweise weg - und wurden nun rund um das Mittelmeer gesichtet. Denn dort, in Griechenland, Italien und Spanien, lässt sich in diesem Sommer mit 96 Rappen für einen Euro sehr gut leben.

(GWA)