Hotellerie

Die jährliche Milestone-Zeremonie im Berner Kursaal gehört der Vergangenheit an. Bild: TN

Kommentar Der Pflasterstein klatscht in die Aare

Gregor Waser

Nach 22 Jahren wird der Innovationsaward Milestone versenkt. Schade liegt kein Nachfolgekonzept für einen würdigen Tourismuspreis vor.

Hell hat er geleuchtet, der Milestone. Seit 22 Jahren zeichnete der Tourismuspreis neue Ideen und Innovationen im Reiseland Schweiz aus. Ob Parking-App, Kapselhotel, Nachhaltigkeit auf der Rigi, neuartiger Skikurs oder Bärenland Arosa: viele tolle Innovationen wurden seit 2000 mit einem Pflasterstein ausgezeichnet und fanden auch prominente Erwähnung in Schweizer Medien.

Doch der von der «htr hotelrevue» ins Leben gerufene und durchgeführte Tourismuspreis ist vergangene Woche versenkt worden. Nicht ganz überraschend. Bereits am Ende der letztjährigen Austragung erwähnten die Organisatoren, dass eine Überarbeitung anstehe. Dass der Milestone nun aber gleich ganz verschwindet, ist schade und wenig verständlich.

Ok, dass die Hotelleriesuisse, Herausgeberin der «htr», überhaupt einen breiten Tourismuspreis patroniert und nicht bloss einen Hospitality-Preis, wurde beim Verband immer mal wieder in Frage gestellt, vor allem wohl auch, weil die Preise nur selten den Weg in die Hotellerie fanden. Die einst wöchentlich erscheinende «htr», mittlerweile erscheint sie zweiwöchentlich, hatte sich stets auf die Fahne geschrieben, die Geschehnisse der gesamten Schweizer Tourismusbranche zu beleuchten – noch in Zeiten, als die Hotelleriesuisse von Verbandspräsident Guglielmo Brentel und Direktor Christoph Juen sowie die Chefredaktion der «htr» von Gery Nievergelt geführt wurde, der bis 2020 auch treibende Kraft beim Milestone war.

In den vergangenen Jahren erlebte die «htr» nun aber eine kommerzielle Talfahrt und begab sich in der Not noch stärker unter die Flügel der Verbandsmutter und hat dabei an Eigenständigkeit eingebüsst. Nun hat die Hotelleriesuisse mit Verbandsdirektor Claude Meier dem Award den Stecker gezogen. Meier unterstrich zuletzt mehrmals, sich auf die Hospitality und die Mitglieder konzentrieren zu wollen.

Das Reiseland Schweiz ist auf Innovationen und die Proklamierung guter Ideen angewiesen.

Das monatelange Gerangel, wie es mit dem Tourismuspreis weitergeht, findet nun ein halbes Jahr nach der letzten Austragung ein abruptes Ende, der Pflasterstein ist sozusagen in die Aare geklatscht. Und gleich versunken. Nein, nicht ganz. Es gibt noch ein letztes, einmaliges Auftauchen des Milestone. Am «Niesen Summit» Mitte November werden die besten der besten Milestone-Gewinner der letzten 22 Jahre auserkoren. Eine schöne, nostalgische Sache, wenn auch nicht gerade die Innovation der Innovationen – übrigens aus dem Umfeld der vom Milestone-Ende ziemlich überrumpelten Milestone-Jury heraus entstanden.

Doch es bleiben etliche Fragen offen. Haben sich keine neuen Partnerschaften innerhalb der Tourismusbranche abgezeichnet, die den etablierten Innovationspreis hätten mittragen können? Etwa mit dem Schweizer Tourismus-Verband? Dem Vernehmen nach soll der STV aber abgelehnt haben angesichts des beträchtlichen finanziellen Aufwands, obwohl zur Hälfte vom Seco mitgetragen. Und Sponsoren? Die haben in den Pandemiemonaten wohl aus eigener Not abgewunken. Aber wieso wurde nie ein Eintrittspreis für die tolle Abendveranstaltung samt üppiger Verkostung verlangt? Dass die rund 600 Teilnehmenden der festlichen Award-Verleihung wohl bereit gewesen wären, gut 100 Franken für eine solche Veranstaltung aufzuwerfen, ist anzunehmen.

Jedenfalls geht nun eine etablierte Geschichte ohne Not den Bach respektive die Aare hinunter. Bis sich neue Protagonisten finden lassen und ein neues Konzept geboren wird, wenn überhaupt, werden viele Monate oder gar Jahre im Reiseland Schweiz verstreichen. Einem Reiseland, das auf Innovationen und die Proklamierung solch guter Ideen angewiesen wäre angesichts der harten Konkurrenz rund um die Schweiz herum.

Es bleibt der Eindruck haften, dass offensichtlich zu wenig gewürdigt wurde, dass ein solcher Tourismuspreis gegen aussen eine tolle Ausstrahlung hat und gegen innen die Innovationsfreude schürt.