Hotellerie

Susanne Petrich (Managerin Radisson Blu Zurich Airport, links) und Janina Kind (Managerin Radisson Hotel Zurich) erzählen, wie sie die Zeiten von Lockdown und Hotel-Schliessung bewältigt haben. Bilder: Radisson

«Jede Woche einige Tage in meinem geschlossenen Hotel»

Artur K. Vogel

Susanne Petrich führt das Radisson Blu Zurich Airport, Janina Kind das Radisson Hotel Zurich Airport in Rümlang. Die Managerinnen schildern, wie man in dieser exponierten Lage mit den Corona-Folgen umgeht.

Das Schlimmste scheint überstanden: Im Radisson Blu Zurich Airport verzeichnet man wieder eine Auslastung von rund 50%; das Radisson Hotel Zurich Airport in Rümlang kommt momentan auf 30 bis 40%, wie dessen Managerin Janina Kind sagt. Sie denkt, «dass wir die früheren Umsätze wieder erreichen werden. Allerdings kann niemand sagen, wann das sein wird und wie sich die epidemische Lage entwickelt.»

Das Jahr 2020 war aber ein annus horribilis, wie sich Queen Elizabeth II. ausdrücken würde: Janina Kind, noch keine 30 Jahre alt, hatte nach einer knapp zehnjährigen, internationalen Laufbahn Anfang März 2020 zum ersten Mal die Gesamtverantwortung eines Hotels übernommen. Das Viersternehaus in Rümlang hatte einen umfassenden Umbau und das Rebranding zu «Radisson Hotel Zurich Airport» hinter sich und sollte so richtig durchstarten. Doch dann kam Corona, und statt ein Hotel mit zufriedenen Gästen zu führen, musste Janina Kind es wenige Tage nach ihrem Einstieg dichtmachen.

«Wir waren dann bis 1. Mai 2021 geschlossen, mit Ausnahme der Monate September und Oktober 2020», erzählt Janina Kind. Das Radisson war, ebenso wie das Radisson Blu im Flughafen, nicht nur von der schwierigen Lage der gesamten Branche betroffen, sondern zusätzlich vom fast totalen Stillstand des Flugbetriebs. Susanne Petrich übernahm die Leitung des Radisson Blu Zurich Airport erst im vergangenen Juli; «da hatte sich die Lage glücklicherweise bereits etwas normalisiert». Die Pandemie und das damit einhergehende, administrative Chaos hatte sie noch in leitender Stellung im Radisson Blu Hotel Frankfurt erlebt.

Kein Personal entlassen

«Wir haben sofort auf die Corona-Situation reagiert und Kurzarbeit angemeldet. Und ich darf sagen, dass die Hilfe vom Staat sehr schnell kam», führt Janina Kind aus. Im Radisson Blu im Flughafen sei es genauso gewesen, sagt Susanne Petrich: «Die staatliche Hilfe hat den Unternehmen sehr geholfen.» Und nicht nur diesen: «Es ist uns gelungen, keinen einzigen Angestellten zu entlassen. Darüber bin ich sehr froh», ergänzt Janina Kind. Das entspreche der Philosophie der gesamten Gruppe: «Radisson hat auch in Ländern mit weniger gut ausgebauter Unterstützung versucht, so viel Personal wie möglich so lange wie möglich zu halten.»

Hingegen hat die Corona-Pandemie den bereits vorher spürbaren Fachkräftemangel noch verschärft; viele wanderten aus der Hotellerie in andere Branchen ab. «Wir finden zwar immer noch qualifizierte Leute, aber die Rekrutierung erfordert viel mehr Aufwand und mehr Zeit als früher», erläutert Janina Kind. Deshalb gewichtet man spezifische Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden immer mehr. «Wir versuchen, kreative, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnittene Lösungen zu finden. Wenn Teilzeitarbeit gewünscht wird, versuchen wir, das möglich zu machen. Wir möchten auch junge Mütter behalten und ihre Bedürfnisse berücksichtigen.»

Home-Office ist zu einem grossen Thema geworden. Im Hotel gibt es viele Aufgaben, Front Office, Concierge, Küche, Service, die nicht zu Hause erledigt werden können. «Aber für viele administrative Aufgaben ist Home-Office geeignet», sagt Janina Kind. Weitere Innovationen werden geprüft, zum Beispiel ein neues Arbeitszeitmodell in der Küche des Radisson Blu Airport. Denn gerade ausgebildete Köche werden auf dem Arbeitsmarkt immer rarer.

Positive Seiten der Schliessung

Wie haben die beiden Managerinnen die Zeiten von Lockdown und Hotel-Schliessung bewältigt? «Persönlich habe ich die Zeit genutzt, um an Online-Webinaren und -kursen teilzunehmen», sagt Janina Kind. «Es fiel mir leicht, für mich persönlich positive Seiten der Schliessung zu sehen. Ich hatte etwas mehr Zeit für Freunde, Familie, Sport und dafür, in meiner neuen Position anzukommen.» Trotz Kurzarbeit habe sie es sich «jedoch nicht nehmen lassen, jede Woche einige Tage in meinem geschlossenen Hotel zu verbringen.» Dort gab es einiges zu tun: «Das Gebäude instandhalten, Leitungen spülen, um einen Befall mit Legionellen zu verhindern, Sicherheitsrundgänge, Reinigung. Zudem Gästekorrespondenz, interne Meetings, Monatsabschlüsse und so weiter».

Um den Kontakt mit den Mitarbeitenden zu halten, «haben wir in Rümlang regelmässige Teamcalls per Videochat durchgeführt und über unser internes Kommunikationstool Hotelkit Neuigkeiten ausgetauscht. Der eine oder andere Mitarbeiter hat mich auch mal während der Schliessung auf einen Kaffee besucht.» Jeder Mitarbeiter hat vermittels einer App Zugriff auf Hotelkit und kann sich stets über alles informieren. Der konstante Kontakt zum Team sei enorm wichtig gewesen, sagt Janina Kind: «Das hat uns als Team sehr gestützt.»

Susanne Petrich erlebte die Höhepunkte der Pandemie noch in Frankfurt. «In Deutschland gab es, je nach Inzidenzwert, immer wiederkehrende Lockdowns. Als dann Lockerungen kamen und Hotels wieder öffneten, gab es Beherbergungsverbote für Touristen und Beherbergungsverbote, wenn der Gastort bestimmte Inzidenzwerte überschritt», erzählt sie. «Die Kontrolle war aufgrund fast täglicher Änderungen überaus schwierig; im schlimmsten Fall musste dem Gast bei Ankunft mitgeteilt werden, dass er nicht übernachten dürfe. Die Regelungen in der Schweiz waren wesentlich gäste- und mitarbeiterfreundlicher.»

Die Pandemie hat Entwicklung, die sich schon zuvor angebahnt hatten, beschleunigt. Die Radisson-Gruppe hat im vergangenen Jahr viele digitale Angebote implementiert, z.B. beim Ein- und Auschecken. «Gerade am Flughafen wird das sehr gut akzeptiert», stellt Susanne Petrich fest. Das heisst, dass ein Gast, wenn er das will in einem Hotel nächtigen kann, ohne jemals Kontakt zum Personal zu haben. Hinzu kommt der zunehmende Einsatz von Minibar-Robotern, Saugrobotorn usw. «Für Business Travellers wird sich der Kontakt reduzieren, und viele Services werden digital ablaufen», meint Susanne Petrich. «Aber für Leisure Reisende wird persönlicher Kontakt wichtig bleiben.»