Hotellerie
De Luxe Warum gibt es noch keine globale Plattform für die Luxus-Ferienhausvermittlung?
Jean-Claude RaemyHerr Lehmann, die Luxus-Ferienhausvermittlung ist ein ganz eigener Tourismus-Bereich. Was muss man grundsätzlich dazu wissen?
Die Luxus-Ferienhausvermittlung ist ein ganz spannender, weil auch wachsender Bereich. Ich war gerade neulich in den USA an der «Vacation Rental»-Konferenz. Dort wurde unter anderem festgehalten, dass die «Category Awareness» von US-Konsumenten - also die Fähigkeit, sich bei Nennung einer Produktkategorie an einen Markennamen zu erinnern - im Bereich der Ferienhausvermittlung von 5% im Jahr 2005 auf 40% im Jahr 2019 und gar auf 80% im Jahr 2021 gesteigert hat. Dafür gab es verschiedene Faktoren, unter anderem den Börsengang von Airbnb. Allerdings kristallisierte sich rasch heraus, dass es im spezifischen Bereich der Luxus-Ferienhausvermittlung keinen Player gibt, der sich abhebt und der eine nennenswerte Marktposition mit entsprechendem Bekanntheitsgrad erlangt hat. Da gibt es also noch Potenzial.
Haben aber nicht diverse bekannte Hotelbrands versucht, in diesem Bereich Fuss zu fassen?
Doch, beispielsweise Accor, welche Onefinestay und später Travel Keys übernahm, damit jedoch keinen Erfolg hatte. Parallel dazu kaufte Airbnb die Firma LuxuryRetreats, schaffte es aber nicht, im Luxus-Rental-Bereich Fuss zu fassen.
Wieso eigentlich?
Die Zusammenhänge von Airbnb und dem Luxusbereich waren für den Konsumenten nicht wirklich greifbar. Der Markentransfer hat nicht funktioniert. Ein Luxuskunde geht doch nicht auf Airbnb, um dort Luxus-Ferienwohnungen zu finden. Ähnlich verhielt es sich bei Accor, wo man im regulären Hotelbusiness durchaus im Luxusbereich etabliert ist, aber eben nicht bei der Vermittlung von Luxus-Ferienwohnungen.
Wie soll denn jetzt ein Luxusreise-Vermittler vorgehen, der seinem Kunden eine Luxus-Feriewohnung vorschlagen will?
Mit meiner Consultingfirma AJL haben wir genau diese Frage neulich einem bekannten Schweizer Luxusreise-Vermittler gestellt. Die Antwort lautete, es sei ein Alptraum. Man suche zuerst bei Airbnb oder diversen kleinen Aggregatoren mit bescheidenem Portfolio. Auf Booking.com wird man kaum fündig, denn dort ist nur buchbarer Content verfügbar; die meisten Luxusvillen werden aber nur auf Anfrage vermietet, und figurieren dort daher nicht im Angebot.
Hier stellt sich natürlich die Frage, wie man Luxus definiert. Nimmt man einfach nur die «Average Daily Rate», also den Preis, als Gradmesser, gibt es durchaus das eine oder andere online zu finden. Man könnte es auch über die Destination definieren - also von Angeboten in Orten wie Saint-Tropez oder Saint-Barth oder dergleichen. Doch Luxus definiert sich heutzutage einerseits über das Erlebnis und andererseits, vor allem, über die Exklusivität und die «Perception». Hier stellt sich das Problem: Zum einen ist der Markt auf Angebotsseite extrem fragmentiert, d.h. es gibt unheimlich viele individuelle Anbieter - also Villen-Eigentümer - und fast ebenso viele Online-Vermittler. Im Luxury-Bereich sind viele Mietobjekte nicht exklusiv an einen Vermittler gebunden, weil dieser in der Regel gar nicht genügend Volumen für ein einzelnes Objekt generieren kann. Das macht es für die Luxus-Reisevermittler mit Endkundenkontakt schwierig, mit überschaubarem Aufwand das Passende zu finden.
«Auf Booking wird man kaum fündig, denn dort ist nur buchbarer Content verfügbar - Luxusvillen gibt es aber meist nur auf Anfrage.»
Wer sind denn die wichtigen Player? Es muss doch den einen oder anderen etwas grösseren Luus-Ferienhausvermittler geben?
Mir kommt beispielsweise Leotrippi in den Sinn, eine ursprünglich schweizerische Hospitality-Marke, jetzt aber ein britisches Unternehmen, welches sehr erfolgreich im Segment der Vermittlung von Luxus-Chalets im Alpenraum aktiv ist - hochspezialisiert auf den britischen Skifahrermarkt ausgerichtet. Diese haben 650 Luxus-Chalets im Angebot. Der durchschnittliche Dossierpreis beträgt dort 60'000 Franken. Sie kommen also gut über die Runden, selbst ohne jedes Objekt mindestens ein Mal zu vermieten.
Oder dann gibt es die ähnlich positionierte Firma Bramble Ski. Das sind Chalet-Operators, diese haben Verträge direkt mit den Chalet-Eigentümern und vertreiben die Luxusobjekte dann über zahlreiche Vermittler. Man muss davon ausgehen, dass so ein Chalet ab fünf Millionen Franken kostet, und in der Vermietung dann ab 50'000 Franken pro Woche zu haben ist. In der Regel hat ein spezialisierter Vermittler nicht genügend Kontakte, um solche Objekte mehrmals pro Jahr zu verkaufen. Deshalb arbeiten viele Eigentümer mit mehreren Agenturen, also Aggregatoren, welche wiederum mit sehr vielen kleinen spezialisierten Vermittlern im Luxusbereich kooperieren.
So ist der Markt in diesem Segment aufgebaut. Im klassischen Ferienwohnungs-Vermittlungsgeschäft werden die Objekte in der Regel exklusiv über einen Aggregator/Vermittler vertrieben, im Luxusbereich dagegen nicht, weil eine Agentur schlicht nicht genügend Buchungen hinbringt. Deshalb gibt es keine richtig grossen globalen Player.
Sie sagten, Luxusobjekte seien in der Regel nur auf Anfrage buchbar. Weshalb?
Aufgrund des hohen Werts der Objekte wird eben genau geschaut, wen man dort hinein lässt. Die Eigentümer verlangen in der Regel einiges an Informationen, bevor das Objekt vermietet wird. Da wird dann auch schon mal eine Anfrage abgelehnt.
Aufgrund welcher Kriterien?
Zweifel an der Solvenz? Vielleicht sogar wegen der Nationalität? Und dann gibt es Eigentümer, welche ausschliesslich an Celebrities vermieten.
Solvenz? Da sind wir wieder bei der Frage, wo Luxus anfängt.
Ich würde es als unterstes Einstiegsniveau bei etwa 2500 Franken oder Dollar «Average Daily Rate», also rund 17'500 Franken/Dollar pro Woche, ansiedeln.
«Die Eigentümer verlangen in der Regel einiges an Informationen, bevor ein Objekt vermietet wird.»
Wir halten also fest: Der Luxus-Ferienhausvermittlungs-Markt ist hochgradig fragmentiert. Wie viele Objekte hat ein Mittler in der Regel?
Die Operators/Property Managers betreuen im Durchschnitt nur rund 20-50 Objekte, mehr liegt nicht drin. Das hat auch damit zu tun, dass zur Vermittlung eines Luxushauses im Top-Segment einfach viel mehr dazu gehört, also Add-ons wie Flughafen-Transfers, dedizierte Köche, dediziertes Reinigungspersonal und mehr. Wir sprechen hier von Full-Service-Rentals und sind weit weg von der wöchentlichen Reinigung, welche im normalen Ferienwohnungs-Vermittlungsgeschäft standardmässig anfällt.
Hat das auch einen Zusammenhang damit, dass solche Objekte kaum in technologische Buchungsmasken zu fassen sind?
Absolut. Der Markt findet hauptsächlich eben nicht online statt. Der stationäre Vertrieb, im individuellen Travel-Planning-Bereich, ist bei Weitem am wichtigsten. Sprich, der Luxusreisevermittler - gerade auch im organisierten Bereich wie beispielsweise über Virtuoso - ist für den Bereich «Luxury Rental» viel wichtiger als der Online-Vertrieb. Zumal ja das Luxus-Ferienhaus-Angebot, wie bereits erwähnt, in der Regel nicht online buchbar ist, sondern höchstens online vermarktet wird, ohne direkte Buchungsmöglichkeit.
Kurz: Der Travel Trade ist für die Luxus-Ferienhausvermietung sehr spannend, und in diesem Bereich wird noch viel zu wenig gemacht.
Wie meinen Sie das?
Wir haben gesehen, dass noch viel zu wenig gemacht wird im Bereich der Aggregierung von Luxusobjekten - auch wegen der damit verbundenen Probleme, die wir soeben diskutiert haben. Aber es gibt schon einige spannende Ansätze. Ich denke da vor allem an die Hotelvermarktungsorganisation Relais & Châteaux. So wie diese es machen, geht es in die richtige Richtung. Vor etwa einem Jahr lancierte Relais & Châteaux eine aggregierte Sammlung von bislang rund 600 Luxusvillen, welche vermietet werden. Die Idee ist, dass unter diesem Label eine Art übergeordneter Brand geschaffen wird, unter welchen man sich als Eigentümer freiwillig stellen kann. Relais & Châteaux erhält damit einen weltweit aggregierbaren Content, im Gegenzug erhält der Eigentümer eine global erkennbare Marke und einen weltweiten Vertriebs-Zugang. Da spielt für mich die Zukunftsmusik.
Ich denke nicht, dass Operators/Property Managers da in grossem Stil mitmischen können, denn ihr Geschäft ist in der Regel sehr lokal. Sie kennen die Eigentümer in einer bestimmten geografischen Region und können deren Objekte gesammelt anbieten; auf viele andere Orte oder Regionen lässt sich so etwas nicht ausweiten, geschweige denn global. Die lokalen Bedürfnisse der Kunden sind entscheidend. Deshalb gibt es im Luxusbereich auch keine Firmen wie Interhome oder ähnlich, welche 20'000 Objekte und mehr im Angebot haben.
Relais & Châteaux ist nur eine Marke und kein Anbieter.
Als «Brand» ist eine Aggregierung schon möglich, wobei auch meist eher regional fokussiert. Es gibt da einige Beispiele. Ich denke etwa an DreamVillas, welche auf den karibischen Raum spezialisiert ist. Das ist eine klassische Aggregations-Plattform. Ebenfalls auf die Karibik orientiert, aber mit klarem Fokus auf den US-Kundenmarkt, operiert beispielsweise WheretoStay. Auch das eine reine Buchungsplattform, an welche zahlreiche kleine Agenturen mit ihren Luxus-Objekten angehängt sind. Selber in mehreren Märkten zu operieren, sehe ich aber tatsächlich nicht als Möglichkeit. Wobei wir einen Aspekt bislang noch ausser Acht gelassen haben...
«Es wird noch viel zu wenig gemacht im Bereich der Aggregierung von Luxusobjekten.»
Ach ja? Wir sind gespannt!
Es gibt einen interessanten Ansatz mit dem Produkt «Homes & Villas by Marriott International». Das Bonusprogramm «Marriott Bonvoy» zählt ja weltweit rund 150 Millionen Mitglieder, welche alle im hohen mittleren oder oberen Einkommenssegment anzusiedeln sind, viele davon Corporates. Die Idee ist nun, mit «Homes & Villas» einen neuen Zweig für die Einlösung von Bonuspunkten zu schaffen. Unter diesem Label werden Property Managers weltweit aggregiert; «Homes & Villas» präsentiert sich also als exklusiver OTA-Vertriebskanal für private Luxusobjekte.
Theoretisch könnte dort sogar Interhome sich anschliessen, nur würden aus deren ganzem Portfolio wohl nur die 50 besten Objekte integriert und somit angeboten. Die Kriterien für eine Aufnahme in dieses Programm sind von Marriott-Seite ganz klar und stringent, zum Zweck der Qualitätssicherung. Sprich, die Objekte werden eingehend geprüft und inspiziert.
Aber ich kann als Otto Normalverbraucher auch bei «Homes & Villas by Marriott International» buchen...
Das stimmt, man muss nicht zwingend Bonvoy-Mitglied sein. Aber zum einen sind dann die Preise deutlich höher, zum anderen werde ich nicht direkt angesprochen und über Angebote informiert. Ausserdem bewegen wir uns beim durchschnittlichen Übernachtungspreis selbst mit den Mitgliedsrabatten durchaus bereits im Segment, das wir vorhin als Luxus definiert haben.
Marriott kann also seine enorme Markenstärke und Kundenreichweite nutzen, um Luxusvillen-Inhaber erfolgreich mit solventen Kunden zu verbinden?
Marriott betreibt weltweit rund 7500 Hotels; die Firma ist aber nur Eigentümerin von deren sechs. Marriott ist also einer der grössten Franchiser, die es gibt. Warum sollte dieses Modell nicht auch im Ferienwohnungs-Vermittlungsbereich funktionieren? Sie haben die Kundschaft und die Angebotstiefe, und mit «Homes & Villas» haben sie bereits ein Produkt, in welchem nach klaren Vorgaben nur private Top-Objekte relativ einfach online übermittelt werden können. Doch bislang ist das noch nicht so erfolgreich.
Wieso denn?
Es kommt noch viel zu wenig Traffic. Dieser Kanal ist deutlich kleiner als Booking, Expedia oder HomeAway, und das gilt bislang auch für den Luxusbereich. Marriott muss sich also zuerst noch etablieren. Ich denke aber, die Idee und die Umsetzung sind sehr spannend. Marriott könnte extrem viel bieten: Hotel-Training, Bettwäsche, Möbel und mehr. Eine starke «Value Proposition» für die Objekt-Eigentüme - doch der Buchungstraffic muss eben auch stimmen.
«Warum sollte ein Franchise-Modell nicht auch im Ferienwohnungs-Vermittlungsbereich funktionieren?»
Ok, 150 Millionen Bonvoy-Mitglieder. Wie viele davon sind theoretisch für den Luxus-Markt erreichbar?
Ich denke, das kann bis zur Hälfte davon sein. Ein Problem ist, dass die allermeisten Mitglieder aktuell noch US-Bürger sind. Wenn ich eine Villa in der Toskana habe, kann ich möglicherweise schon die eine oder andere Buchung hereinholen, aber es wird einen tiefen Repeat-Faktor haben. Mir sind Firmen bekannt, welche zahlreiche Villen in noblen Orten in der Schweiz bzw. in Europa im Portfolio haben und bei «Homes & Villas by Marriott» angegliedert sind, damit aber nicht zufrieden sind. Dieser Kanal hat sich bislang nicht als Erfolgsstory etabliert, zumal auch die Auflagen von Marriott sehr hoch sind.
Was für Auflagen?
Eine Haftpflichtversicherung über fünf Millionen Dollar, ein 24/7-Kundendienst und dergleichen. Das ist für kleine Property Manager kaum zu erfüllen.
Wäre es denn denkbar, sich als Villen-Eigentümer auch direkt bei «Homes & Villas by Marriott» anzugliedern, statt über Property Manager?
Eine gute Frage. Das Modell «Rent by Owner» (RBO) ist innerhalb der Marriott-Prozesse kaum machbar. Bei Hotels weiss man stets ziemlich genau, was man bekommt. Im Vacation-Rental-Business ist das natürlich unmöglich, ausser einigen «Basic Standards». Jedes Objekt sieht anders aus und spricht völlig unterschiedliche Geschmäcker an.
OK, kehren wir zurück zum Luxusreise-Vermittler. Dieser hat einen Kunden, der gerne ein Luxus-Privatobjekt irgendwo mieten will. Wo wird dieser also mit sinnvollem Aufwand fündig?
Für diesen hat sich vorerst wenig verändert. Sprich, es bleibt vorerst schwierig. Er könnte bei Marriott suchen, weiss dann aber eventuell nicht, welcher Property Manager dahinter ist, aber das ist nicht unbedingt wichtig zu wissen, und könnte allenfalls selber seine Bonvoy-Mitgliedschaft nutzen, sofern vorhanden. Airbnb bleibt trotz allem auch wichtig, ebenso HomeAway, insbesondere im Familien-Segment. Dort findet man immer noch mehr als bei Booking.
«Bei Hotels weiss man stets ziemlich genau, was man bekommt. Im Vacation-Rental-Business ist das unmöglich.»
Drehen wir mal das Szenario um: Angenommen, ich besitze eine Luxusvilla in der Toskana und möchte diese gerne für 50'000 Franken pro Woche vermieten. Wie gehe ich vor? An wen wende ich mich?
Da muss man seine Hausaufgaben machen. Es gibt gerade für die Toskana zahlreiche kleine, lokale Vertriebsplattformen. Die machen ihren Job sicher gut, haben aber keine Reichweite im Markt. Wenn ihnen die Stammkundschaft langsam wegfällt, werden sie immer stärker auf Airbnb und solche Plattformen gehen.
Hier muss man einfach sehen: Der Vertrieb baut sehr stark auf «Referrals» auf, also auf Vermittlungen. Beispiel: Eine Firma mit Objekten in Gstaad hat einen Kunden, der gerne mal in Marbella Ferien machen würde und anfragt, ob es dort eine Möglichkeit gibt. Viele kleine Property-Management-Firmen kennen einander, es gibt ja eine Art Luxus-Community. Also wird diese Firma den eigenen Kunden an einen ihr bekannten anderen Property Manager in Marbella weiterreichen. Das funktioniert auch anderswo. Der Anteil der so vermittelten Kunden ist sehr gross.
Das ist aber ein völlig unorganisierter Markt.
Absolut. Das basiert rein auf persönlichen Netzwerken und Vertrauen des Kunden in den eigenen Stamm-Anbieter. Die Property Managers verrechnen dann untereinander auch völlig unterschiedliche, individuell vereinbarte «Referral Fees» oder nehmen Kommissions-Anteile und dergleichen.
Es gibt aber noch einen Trend: Die Verschmelzung von Luxus-Vermittlung mit «Luxury Retail».
Ja, diesen Trend kann man klar beobachten. Jemand, der sich eine wöchentliche Miete von 50'000 Franken leisten kann, kann sich in der Regel auch gleich das ganze Objekt leisten, sofern verkäuflich. Es ist eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis Luxus-Immobilienmakler wie Engel & Völkers hier einsteigen und selber vermieten. Man kann ein Luxusobjekt verkaufen oder eben auch vermieten, zumal zum Verkauf stehende Luxusobjekte in der Regel viel länger am Markt sind als herkömmliche Häuser und Wohnungen. Mir sind bereits Verkaufsagenturen bekannt, welche nun ins Vermittlungs-Business einsteigen.
Haben Sie dazu ein Beispiel?
Ich denke etwa an Villa-Finder. Bei diesen findet man bei Verkaufsobjekten jeweils bereits einen Preisindikator dazu, wie viel Geld man für eine Vermietung fordern könnte. Aber im Luxusbereich ist es ja selten so, dass Eigentümer gezwungen sind, ihre Zweithäuser zu vermieten; das ist für viele bestenfalls ein Nebenerwerb oder Hobby. Ich sehe hier deshalb nur bedingtes Marktpotenzial.
«Der Vertrieb baut sehr stark auf ‹Referrals› auf, also auf Vermittlungen.»
Werden allenfalls noch andere Hotelbrands in den Bereich des aggregierten Luxus-Contents einsteigen wollen?
Ja, man sieht diesen Trend bereits. Hyatt bewegt sich in diese Richtung, während Accor ebenfalls in diese Richtung vorgeprescht ist. Es gibt noch weitere Beispiele. Die Hotels müssen sich geradezu in diese Richtung bewegen - mit einer «Category Awareness» von 80 Prozent im Bereich der Ferienwohnungen verlieren Hotels nämlich immer mehr Kunden an diesen Bereich. Das gilt sicherlich auch im Luxusbereich, trotz der fragmentierten Luxusferienhaus-Angebote.
Früher schon boten Luxushotelketten nebst dem Hotelprodukt auch «Branded Residences» an - nun aber vermehrt mit dem klaren Ziel, dass diese vermietet werden sollen und weniger für den Eigengebrauch gedacht sind. Stellen Sie diesen Trend auch fest?
Dafür gibt es viele Beispiele. In der Schweiz hat es Samih Sawiris in Andermatt vorgemacht; das «Mixed Use Resort» ist die Zukunft, hybride Beherbergungsformen kommen immer mehr. In fünf Jahren wird es keine separaten Konferenzen mehr für die Hotellerie und für die Ferienhausvermittlung mehr geben. Diese Verschmelzung kann in allen Segmenten, von Luxus bis Budget, erfolgen. Mir fällt da beispielsweise das Münchner Unternehmen Numa Hospitality ein, welches bewusst die Grenzen verwischt und in deren Angebot vereinfacht gesagt «unten Hotel-Amenities, oben Apartment-Living» zu finden ist, also die beiden Welten bereits unter einem Dach vereint sind.
Die etablierten Hotels könnten doch da auch mitmischen.
Klar, die Segmentierung passiert längst. Die grossen Hotelketten haben ja für jedes Segment schon einen eigenen Brand. Das kann dann auch in diese Richtung gehen.
Aber wenn ich beispielsweise Eigentümer eine Rosewood-Residenz bin, wird ja Rosewood nicht wollen, dass ich diese über irgendwelche Kanäle weitervermiete.
Nein, die Ketten wollen die Wertschöpfung möglichst bei sich behalten und haben sicher kein Interesse, dass ihre Residences plötzlich bei Airbnb auftauchen. Der Vertrieb wird streng kontrolliert und Eigentümer dürfen nicht frei über ihre Vermietungskanäle entscheiden. Das wird vertraglich gesichert. Da verhält es sich gleich wie mit dem Interieur - man kauft ja in der Regel möbliert und kann diese Residences nicht einfach nach eigenem Gusto umgestalten. Das heisst aber eben auch, dass der Vertrieb nicht wirklich skaliert werden kann.
Es ist sogar so, dass nun Investment-Fonds einsteigen und im Luxusbereich Objekte kaufen mit der klaren Absicht, diese Objekte zu vermieten. Das braucht viel Kapital, aber da mischen bereits einige mit. Es gibt Fonds in China, Indien, am Golf, aber beispielsweise auch in Irland, die mit enorm viel Geld sich Tausende Villen zusammenkaufen - mit der Absicht für Verkauf oder eben auch Vermietung.
«Viele Investment-Fonds kaufen jetzt Luxus-Wohnobjekte mit der klaren Absicht, diese zu vermieten.»
Ziehen wir mal Bilanz: Wie wird das Luxus-Ferienhausvermittlungsgeschäft sich in nächster Zeit ändern?
Es wird auf jeden Fall hochfragmentiert bleiben, da sehe ich vorerst keine nennenswerten Änderungen. Das operative Geschäft bleibt in der Hand von Lokalen. Das Vertrauen der Eigentümer ist weiterhin mehr an Personen als an Plattformen gebunden. Das Segment kann sicherlich wachsen, und einige Hotelketten werden weiterhin versuchen mitzumischen, obwohl die wenigsten damit Erfolg hatten, aber strukturell bleibt es ähnlich.
Eine disruptive Firma wie Airbnb oder Uber ist also im Bereich der Luxusvillen nicht in Sicht?
Nein. Der Aufbau des Angebots ist viel zu komplex. Wenn man Villen aufnehmen will, braucht es viel Überzeugungsarbeit beim Eigentümer. Man kauft nicht einfach ein Asset, sondern es muss eine Beziehung zwischen Property Manager und Eigentümer entstehen. Und wohlhabende Eigentümer feilschen auch gerne mal um Kommissionshöhen, statt sich mit Standards abzufinden.
Airbnb hat übrigens nichts erfunden, die «Sharing Economy» gibt es ja schon seit langem, Interhome selber wurde 1965 gegründet. Airbnb ist lediglich ein Marktplatz, der im Bereich der Hospitality nichts leistet, es aber sehr erfolgreich geschafft hat, durch cleveres Marketing einen «Consumer Brand» aufzubauen. Im Luxusbereich so etwas zu emulieren, ist extrem schwierig, zumal der Zielkunde nicht so einfach anzusprechen ist wie «die Masse».
Darüber hinaus ist der Luxusbereich weniger auf Skalierung aus. Manche geben sich mit wenigen, dafür hochprofitablen Kunden zufrieden und wollen nicht auf Teufel komm raus global gehen - sprich, der Markt wird tendenziell lokal bleiben. Ich sehe ausser beim Marriott-Beispiel kaum Potenzial.
Klar, eine weltbekannte Marke kann Vertrauen schaffen. Sie kann aber auch das Gegenteil bewirken: Im Luxusbereich, wo man auf Individualität und Exklusivität aus ist, will man seine Luxusvilla möglicherweise eben nicht unter den Marriott-Scheffel stellen.
Völlig einverstanden. Viele Eigentümer oder eben auch Mietkunden wollen das gar nicht. Ich denke, im niedrigeren Luxus-Segment können «massentaugliche» Brands bestehen, indem sie Mehrwert bringen und Zuverlässigkeit vermitteln, aber im «Top End», ab den wöchentlichen Vermietungspreisen von 200'000 Franken aufwärts, haben sie nichts verloren. Wer sich so etwas leisten kann, hat sowieso einen privaten Travel Planner, den Privatjet und mehr - es muss einfach alles passen und muss überhaupt nicht öffentlich buchbar sein, und ein Markendach spielt da überhaupt keine Rolle.
Zum Abschluss: Meinen Sie, dass gerade Travel-Planner-Netzwerke wie Virtuoso oder Traveller Made im Bereich der Luxusferienwohnungen noch einen Zacken zulegen müssten?
Unbedingt. Wie das genau gemacht wird und wer dahinter steht, wird sich weisen. Eine Plattform wie E-Domizil, Casamundo oder Atraveo braucht es aber definitiv auch im Luxusbereich. Das wird dereinst kommen. Die Buchungsplattform zu entwickeln wird nicht so schwer sein, aber es braucht gutes Marketing und ein vernünftiges Konzept. Erste spannende Ansätze gibt es, auch in der Schweiz, etwa bei Villatracker. Aber hier gibt es definitiv noch Möglichkeiten für weitere Start-Ups.