Hotellerie
«Wir wissen, was Familien wollen»
Gregor WaserHerr Wendl, die Jufa Hotels sind ab Juni mit dem neuen Standort Savognin GR erstmals in der Schweiz präsent. Ist das erst der Anfang einer grösseren Expansion in die Schweiz?
Gerhard Wendl: Savognin ist unser Testballon. Ich bin überzeugt, dass unser Konzept gut ankommen wird. Bei einem neuen Markt gibt es sicherlich viele Dinge zu berücksichtigen. Mit dem schweiznahen Standort Malbun FL haben wir schon gute Erfahrungen gemacht und einiges gelernt. Ich schliesse nicht aus, dass in der Schweiz nach Savognin noch ein weiterer Standort hinzukommt.
Welche Art von Ferien werden die Gäste im Jufa Hotel Savognin erleben?
Wie bieten eine sehr gute 3,5- bis 4-Sterne-Qualität zu einem guten Preis – mit einer stylishen, ungezwungenen Atmosphäre und wir sind regional verbunden. Jedes unserer 60 Häuser ist ein individuelles Produkt, die lokale Bauweise und lokale Produkte sind uns wichtig. Die kürzesten Anreisen haben bei uns die Lieferanten. Wenn Sie bei uns in Savognin aufstehen, fühlen Sie sich in Savognin und nicht irgendwo in Wien. Und wir sind der Frühstückskaiser, ein Markenzeichen unserer Hotels ist das ausgiebige Frühstücksbuffet, dank dem Sie gestärkt den Ferientag beginnen. Familien, Individualgäste und sportaffine Gäste kommen bei uns genauso auf die Rechnung.
Was hat den Ausschlag für den Standort Savognin gegeben?
Gleich nach den ersten Gesprächen haben wir eine gute Basis gefunden, mit der Gemeinde, mit den Touristikern und den Bergbahnen. Das Bauchgefühl ist sehr gut. Die Ferienregion passt sehr gut zu unseren Gästen, viele davon sind sportaffin. Aber auch bei schlechtem Wetter bieten wir mit dem Indoor-Spielplatz und der Wellnessanlage attraktive Optionen. Ich wurde auch schon darauf angesprochen, ob wir wegen Peter Schröcksnadel gekommen seien, er ist ja bei den Berbahnen beteiligt. Das ist reiner Zufall, von seinem Engagement habe ich erst später erfahren.
Was denken Sie über den Zustand der Schweizer Hotellerie? Und wo sehen Sie die Chancen bei Ihrem Markteintritt?
Die Schweiz hat eine sehr gute Luxushotellerie. Im Drei- bis Viersternebereich orte ich aber einen ziemlichen Investitionsstau. Da sehen wir gute Chancen, um im Familiensegment frischen Wind einzubringen. Nicht umsonst sind wir Österreichs grösste Familienhotelkette. Wir wissen, was Familien wollen. Unser Zimmermix, vom Zweibett- übers Dreibett- bis Vierbettzimmer ist gross. Gleichzeitig pflegen wir eine lockere, legere Umgangsform. Niemand muss in Sorge treten, wenn die Kinder mal ein bisschen lauter sind. Ich denke, wir bieten ein unkompliziertes, qualitativ gutes und nachhaltiges Urlaubsprodukt. Das machen wir schon seit 30 Jahren und nicht erst seit der Nachhaltigkeitstred über uns schwappt.
Gut etabliert sind wir auch bei Vereinen aus Sport und Kultur, die unsere Hotels nutzen für Tagungen und Veranstaltungen oder das gemeinsame Sporttreiben oder Musizieren. Wir verfügen über ein vielseitig einsetzbares Produkt, das es so in der Schweiz vielleicht noch nicht gibt. Wir sehen da eine Chance – bei gleichzeitiger Demut vor den Errungenschaften der Schweizer Hotellerie.
«Wir rechnen unseren Gästen fünf Prozent ihres Buchungsumsatzes in Form von Konsumsationsgutscheinen im Hotel an.»
Wie haben Sie bei den Jufa Hotels die Monate der Pandemie erlebt?
In einigen Regionen waren wir lange Zeit geschlossen. Da war es sicherlich eine Herausforderung, das Feuer bei den Mitarbeitenden am Lodern zu halten. Wir haben die zurückliegende Phase nun aber auch genutzt, die bisher grösste Ausbildungsoffensive in der Geschichte der Jufa Hotels anzustossen – mit dem Titel: „In der Dienstleistung einen Stern mehr“. Gleichzeitig haben wir uns auch selbstkritisch hinterfragt: Wo sind wir gut? In welchen Bereichen können wir uns für unsere Kunden weiterentwickeln? Da haben wir viele Dinge rausgefunden: von internen Abläufen übers Buchungsverhalten bis hin, dass sich 10 bis 15 Köche virtuell zusammengetan haben und die vegane Küche gemeinsam trainiert haben.
Gibt es bei den Jufa Hotels Eigenheiten im Vertrieb?
Wir haben sicherlich einen starken Eigenvertrieb, der auf unser grosses Netzwerk baut. Vor der Pandemie verzeichneten wir 1,6 Millionen Übernachtungen und total 800'000 Kunden. Eine Eigenheit ist, dass wir unseren Gästen fünf Prozent ihres Buchungsumsatzes in Form von Konsumsationsgutscheinen im Hotel anrechnen. Damit versuchen wir die OTA ein bisschen zurückdrängen und die Wertschöpfung im Hotel zu behalten.
Mit welchen Gedanken blicken Sie auf die kommenden Monate und Jahre?
Im letzten Sommer habe ich von vielen Gäste gehört, «ich wusste gar nicht, wie schön Österreich ist». In der Schweiz dürften viele Hoteliers wohl dasselbe erlebt haben. Viele werden ihr Ferienverhalten künftig nicht ändern. Aber ich glaube daran, dass eine beträchtliche Zahl künftig eher nahegelegene Ziele bevorzugt und auch das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit stärker gewichtet. Insofern sehe für den zentraleuropäischen Raum neue Chancen als Ferienziel.