Hotellerie

Hotel gebucht, und dann die böse Überraschung vor Ort: In Zeiten von Corona leider keine Seltenheit. Bild: Michelle Ziling Ou

Einwurf Wegen Corona geschlossen – doch keiner weiss was

Jean-Claude Raemy

Bericht vom letzten Ferienausflug, bei welchem Booking.com keine besonders gute Figur machte.

Letzte Woche war ich mit der Familie mal wieder in den Herbstferien. Anfangs Jahr noch hatten wir Ferien auf der Langstrecke geplant und auch bereits ein Ticket gebucht, daraus wurde aus den hinlänglich bekannten Gründen leider nichts (die Ticketkosten habe ich aber inzwischen erstattet bekommen). Als Alternative hatten wir uns dann relativ spät Venedig ausgedacht, doch daraus wurde infolge der neusten Risikoländerliste des BAG auch nichts - immerhin waren wir vorsichtig genug, diese noch abzuwarten. Sie kam am Freitag, ab Samstag wollten wir in die Ferien. Also verbrachte ich das Weekend damit, kurzfristig was zusammenzustellen.

Griechenland war weitgehend ausgebucht, die Türkei oder Ägypten entfielen aus Visumsgründen (für meine Partnerin). Also sollten es die Nachbarländer sein. Was soll da schon schiefgehen? Mal wieder mit dem Auto in die Ferien! Die Route war schnell ausgemacht: Ins Tirol, nach Bayern und zurück, so eine Dreiecks-Route in vier Tagen. Zu buchen gab es nur Hotels. Das konnte ich allein erledigen. Das Hotel in Innsbruck buchte ich direkt (war mir bekannt), eines im Süden Bayerns ebenfalls, nach etwas Recherche im Netz. Dann sollte noch München dazukommen. Gar nicht so einfach, für vier Personen im selben Zimmer im Herzen Münchens was zu finden. Eine Wohnung vielleicht? Auf Booking fanden wir was und buchten kurzerhand. Klang gut und hatte einen vernünftigen Preis; nur das Parking könnte ein Problem sein. Aber da finden sich Lösungen.

Nun denn, nach tollen ersten Tagen in Österreich und Bayern, inklusive Sonne, standen wir dann in strömendem Regen in München, stellten das Auto kurz illegal vor einer Polizeiwache ab, um gleich in der Nähe im Aparthotel einzuchecken. Siehe da: Alles geschlossen, aber mit Angabe einer Telefonnummer für Rückfragen. Nach mehrmaligen erfolglosen Versuchen und mehrmaligem Umparkieren nahm endlich jemand ab und informierte, dass sämtliche Apartments seit einigen Tagen Corona-bedingt geschlossen seien und fragte, ob mich Booking nicht informiert habe. War leider nicht so. Und nun begann der Spiessrutenlauf erst. Anruf bei Booking, nach einiger Zeit in der Schlaufe nimmt eine Dame ab, die in gutem, aber gebrochenem Deutsch sich mehrmals für die Umstände entschuldigt und dann abklären will, was Sache ist. Sie erreicht den Aparthotel-Besitzer nicht, muss von diesem jedoch selber bestätigt haben, dass geschlossen ist. Sie will in 30 Minuten zurückrufen. Zwei Stunden, zwei Cafés und zwei Shoppingstrassen später haben wir noch nichts gehört. Also rufe ich wieder an, wieder in die Schlaufe, dieses Mal antwortet ein Herr, der in Barcelona sitzt (ich hatte nachgefragt). Auch er entschuldigt sich mehrmals wortreich und «will helfen». Anscheinend wurde inzwischen im System hinterlegt, dass das Aparthotel tatsächlich geschlossen ist. Nun will er uns eine Alternative anbieten. Tatsächlich erhalten wir 30 Minuten später eine Mail mit einem Vorschlag für ein anderes Aparthotel. Falls ok, bitte gleich über Booking buchen (Link ist im Mail inkludiert), damit keine Zusatzkosten entstehen. Er darf uns nicht gleich einbuchen, deshalb müssen wir das selber vornehmen. Hätten wir auf eigene Faust auch drei Stunden früher machen können.

Wir lehnen ab, buchen selber kurzerhand was Neues (direkt beim Hotel) und fordern von Booking einen Refund - welcher, to be fair, bereits am darauffolgenden Tag stattgegeben wird. Das neue Hotel liegt aber nicht mehr zentral und statt um 15 Uhr haben wir nun eben um 19.30 Uhr eingecheckt, nachdem einige Stunden in München relativ sinnfrei abwartend verplempert wurden. Ein Riesenproblem sieht anders aus - ärgerlich sind die Umstände allemal. Und tags darauf gibt's dann noch eine Mail von Booking mit der Frage nach einer Bewertung unseres Aufenthalts im (geschlossenen) Aparthotel...

Der Service ist entscheidend

Soweit zu den Fakten. Mir drängen sich nach diesem Erlebnis einfach mehrere Fragen auf. Wieso passiert es immer wieder - wir sind beileibe nicht die ersten - dass Booking-Kunden vor geschlossenen Hoteltüren stehen? Das Aparthotel war anscheinend seit mehreren Tagen geschlossen; gebucht haben wir lediglich drei Tage im Voraus und noch am Vortag kam von Booking eine Mail mit einer Bitte um Rückbestätigung. Was läuft da falsch? Warum weiss die grösste Hotelvertriebs-Plattform nicht, welche Hotels offen bzw. geschlossen sind und kann dies zeitnah nachführen? Liegt die Schuld beim Hotel selber? Klar ist, dass die Rückbestätigungs-Anfragen automatisiert herausgelassen werden, auch die vielen Upsell-Mails, wo man noch Tipps für Automieten und dergleichen erhält (obwohl man mit dem Auto angereist ist...) - aber keinerlei Infos zur Schliessung. Die Mitarbeitenden in Barcelona waren zweifellos freundlich, aber nur in einem Fall hilfreich, und mussten sich dabei offenbar an enge Richtlinien halten.

Was zur nächsten Frage führt: Wäre es mir bei einer Buchung im Reisebüro besser ergangen? Ich hätte natürlich am Wochenende vor dem Trip Zeit mit der Planung gespart, keine Frage. Und die Hilfe im Problemfall wäre sicherlich persönlicher und möglicherweise auch schneller gewesen. Wäre es das aber auch gewesen, wenn das Problem zur Nachtzeit oder an einem Sonntag aufgetreten wäre? Hätte das Reisebüro eine bessere Alternative gefunden? Und vor allem: Hätte das Reisebüro von der Schliessung gewusst? Zumindest Letzteres darf man bezweifeln.

Es geht hier nicht darum, Booking und Reisebüros gegeneinander auszuspielen. Sondern um die Frage, wie gerade in dieser unsicheren Zeit, wo geschlossene Hoteltüren keine Seltenheit zu sein scheinen, die Vertriebsstellen punkten können. Booking hat sich sicher nicht mit Ruhm bekleckert, war aber immerhin erreichbar und pragmatisch. Hilfe von einem Reisebüro hätte uns bestimmt einige Telefonate und Nerven gespart, das wäre mir - gerade wenn man mit Familie reist - gerne einige Franken wert gewesen. Würde ich so einen Kurztrip, bei welchem lediglich Hotels gebucht werden, nun künftig im Reisebüro buchen? Ich denke, trotzdem nicht - am besten bin ich mit der Direktbuchung im Hotel gefahren.

Was nun den Schluss zulässt: Es gibt alle möglichen Bedürfnisse und Probleme, und dafür alle möglichen Lösungsansätze und Präferenzen. Weshalb es auch weiterhin für alle Teilnehmer der Vertriebskette eine Berechtigung gibt. Was den Unterschied ausmachen wird in dieser schwierigen Zeit, ist der Service-Level. Der muss hoch sein, und zwar ab dem ersten Telefon bzw. Kontakt, ob bei Booking (war hier nicht der Fall) oder beim Reisebüro.