Hotellerie

Daniel Renggli, der ehemalige Managing Director von Opus Tours und Sierra Mar, verblüfft heute mit seinen Revier Hotels. Bilder: HO

Daniel Renggli will jetzt in Österreich richtig Gas geben

Andreas Güntert

Die Schweizer Revier Hotels bringen städtisches Hotel-Feeling in die Berge. Nach zwei Betrieben in Lenzerheide und Adelboden ist Gründer und CEO Daniel Renggli – in der Reisebranche noch aus seinen Zeiten bei Opus Tours und Sierra Mar bekannt – nun bereit fürs Ausland.

Ein ganz taufrischer Jungunternehmer ist Daniel Renggli mit seinen 51 Jahren wohl nicht mehr. Aber an Radikalität mangelt es dem CEO der Revier Hospitality Group nicht.

Der Zahlenfuchs und Touristik-Profi, der 1998 bis 2008 zunächst Opus Tours und dann Sierra Mar bei den Reisebaumeistern und danach bei Hotelplan Suisse leitete, stellt mit seinem Konzept Revier Hotels einiges auf den Kopf, was man aus der konventionellen Hotellerie zu kennen glaubt.

Revier Hotels: Im Reich der Gang-Member

Angestellte? Heissen in den Revier Hotels «Gang-Member». Rezeption? Gibt es nicht. Man checkt per Smartphone oder am Check-In-Terminal ein. Hotelsterne? Für die Füchse.

Statt einem starren Muster zu entsprechen, stellt der Konzept-Chief lieber jene Infrastruktur zur Verfügung, die seine Gäste wünschen und erwarten «Ein schnelles W-Lan ist den Gästen heute wichtiger als ein Bürostuhl im Zimmer», sagt Renggli.

Siehst Du das helle Holz in der Bildmitte? Okay, das ist der Fuchsbau.

Was dem Spiritus Rector der Revier Hotels wichtig ist: Dass die konventionelle Job-Hierarchie aufgebrochen wird: «Bei uns soll jede und jeder alles machen können.»

Die Idee dahinter: So will Hotel-Kreator Renggli unter anderem dafür sorgen, dass sich die Arbeit für die Angestellten – pardon, Gang-Members – abwechslungsreich gestaltet. Damit sie dem Startup (und den Gästen) länger erhalten bleiben.

Mit den Revier Hotels will Daniel Renggli die Coolness der städtischen Budget-Design-Hotels in den alpinen Raum bringen. Die ersten Häuser stehen in der Schweiz, in Lenzerheide und Adelboden. Weitere sollen im In- und Ausland folgen.

Die nächsten Revier Hotels werden nicht immer gleich aussehen. Wobei etwas immer gleich bleibt: Der Standort des Betts. Das steht immer vorne am Fenster. Quer. Warum bloss?

Blick aus der Hotel-Heckklappe: Zimmer im Revier Adelboden.

«Die Aussicht aus dem Zimmer haben wir uns immer so vorgestellt wie den Blick aus der Heckklappe eines VW-Bus», erklärt Renggli. Und verschweigt nicht, dass man sich dafür auch etwas bei der Einrichtung der CitizenM-Hotels hat inspirieren lassen.

«New Generation Hotel» nennt Wirtesohn Renggli seinen Ansatz. Wobei auch in dieser Disziplin gilt: Erfolg bedeutet immer viel Transpiration. Und manchmal auch etwas Inspiration.


Daniel, welches Problem löst Dein Startup?

Daniel Renggli: Unsere Gäste sind sich Lifestyle-Stadthotels wie CitizenM, 25hour oder Motel One gewohnt. In den Bergen fanden sie das bisher noch nicht. Mit Revier tun wir genau dies: Wir bieten das coole urbane Feeling im alpinen Raum. Und erbringen damit den Beweis, dass man Hotels auch in den Bergen profitabel betreiben kann.

Und wie tun die Revier Hotels dies?

Bei uns kauft der Gast kein Bett. Sondern ein Umfeld und ein Gefühl. Die Übernachtung allein steht nicht im Mittelpunkt; das Erlebnis ergibt sich aus der Kombination von Gastronomie, Events und dem Fuchsbau, pardon: dem Zimmer.

Wie kam es zum Namen Revier?

In der Konzeptionsphase arbeiteten wir mit dem Arbeitsnamen «Yolo», der Abkürzung für «You only live once». In der Umsetzung schien uns dann aber der Name «Revier» passender. Ähnlich wie ein Fuchs kommt unser Gast in unser Revier, macht seine Streifzüge und landet zum Schluss des Abends in seinem Fuchsbau – oder eben bei uns im Revier in seinem Zimmer. Das funktioniert übrigens auch in anderen Sprachen ganz gut. Auf Englisch propagieren wir das so: «Ready to roam, night and day».

«In den Bergen können wir es uns nicht leisten, gewisse Gästesegmente auszuschliessen.»

Wie verdient Dein Startup Geld?

Zum einen mit den Einnahmen aus den Übernachtungen, wobei wir die Preise sehr dynamisch gestalten. Eine Übernachtung kostet, ohne Frühstück, je nach Saison und Auslastung zwischen 89 und 250 Franken. Zum anderen ist bei uns auch die Gastronomie sehr wichtig. Die Umsätze aus Übernachtungen und Restauration halten sich in etwa die Waage.

Wer ist die Zielgruppe von Revier?

Die Image-Zielgruppe sehe ich bei Menschen zwischen 25 und 40 Jahren. Aber in den Bergen können wir es uns nicht leisten, gewisse Gästesegmente auszuschliessen. Die Erfahrung zeigt, dass wir neben der Kernzielgruppe auch ganz junge Leute haben, dazu viele Familien und Pensionäre. Das ist ein guter und gesunder Mix – denn so fühlt sich niemand deplatziert.

Welches ist Eure grösste Herausforderung?

Mitarbeiter zu rekrutieren, die mittel- und langfristig zu uns passen. Mein Ziel ist es, Gang-Members zu finden und zu entwickeln, die uns mindestens fünf bis sechs Jahre die Treue halten. Die zweite Herausforderung: Unsere Gäste bleiben nicht besonders lange. In unseren bisher zwei Hotels in Lenzerheide und Adelboden beträgt der durchschnittliche Aufenthalt 1,9 Nächte. Das ist zu kurz. Drei Nächte wären mir bedeutend lieber. Wir werden immer besser darin, die Auslastung über Preis und Erhältlichkeit zu steuern.

Welches sind die nächsten Meilensteine?

Da ist zum einen die erste Revier-Eröffnung im Ausland. Im Dezember gehen wir mit 230 Zimmern in Dubai an den Start. Wir versprechen uns einiges von diesem Standort, auch deshalb, weil wir eine neue Nische besetzen: Bisher gab es dort keine junge und frische Hotellerie. Ende 2021 soll dann ein erstes Revier in Österreich öffnen, in Vorarlberg. In Österreich geben wir richtig Gas, wir prüfen dort aktuell zwei weitere Standorte.

In Dubai landet das Stadtkonzept Revier erstmals tatsächlich in einer Stadt.

Welches war der bisher grösste Flop – und was hast Du daraus gelernt?

Einen elementaren Flop oder eine komplette Fehlentscheidung – das hatten wir bisher noch nie. Mit dem Pilotbetrieb in der Lenzerheide sind wir dem Businessplan jetzt schon zwei Jahre voraus. Aber natürlich gab es auch Fehlgriffe, etwa beim ersten Kassensystem. Das Learning daraus: Wenn es um Technologie-Entscheide geht, ist es wichtig, eine gute Balance aus Verstand und Bauchgefühl zu finden. Die Corona-Krise, die niemand so erahnen konnte, hat bisher eher positiven Einfluss auf uns.

Weshalb hilft Corona den Revier Hotels?

Durch das Staycation-Phänomen kommen viel mehr Schweizer Gäste in die Berge als früher. Oder anders gesagt: Es ist ein grosser Vorteil, dass wir mit unserem Stadt-Konzept nicht in einer Stadt gestartet sind. Denn Städte leiden aktuell ganz besonders unter der Pandemie. Der Nachteil: Wegen Corona bleiben bei uns ausländische Gäste, die in der Regel längere Aufenthalte buchen, fast vollständig weg. Corona bietet aber auch zusätzliche Chancen für die Suche nach passenden Hotel-Locations in Städten. Wegen der allgemeinen Krise in der Stadthotellerie könnten sich für uns Opportunitäten ergeben.

«Meine Traumdestinationen für ein Revier-Hotel sind Ibiza und Mykonos.»

Wie gross soll Dein Startup in drei Jahren sein?

Wir planen mit einem bis drei neuen Hotels pro Jahr. Eingerechnet der Bauzeit, die wir pro Haus mit zwei Jahren veranschlagen, müssten wir in drei Jahren also mit sechs oder sieben Hotels im Markt sein. Voraussichtlich mit drei Revier-Betrieben in der Schweiz, zwei in Österreich und einem in Dubai.

Wo steht die Revier Hospitality Group in zehn Jahren?

An einem grösseren Ort als heute. Aber wo genau, ist schwierig zu sagen. Was leichter zu sagen ist: Unser Investor, die unternehmergeführte Fortimo Gruppe, denkt langfristig. Wir haben also überhaupt nicht den Druck, irgendeinem Käufer gefallen zu müssen. Grossartig wäre es natürlich, wenn wir bis in zehn Jahren neben alpinen und städtischen Lagen noch weitere coole Orte besetzen könnten. Meine Traumdestinationen für ein Revier Hotel sind Ibiza und Mykonos. Erstens, weil das tolle Inseln sind. Zweitens aber auch, weil wir unseren Gang Member mit solchen Destinationen spannende Zukunftschancen und Entwicklungsmöglichkeiten bieten könnten.