Hotellerie

CEO Martin R. Smura hat viel vor mit den Kempinski Hotels. Bild: Kempinski

«Wir arbeiten daran, unser Genfer Hotel durch ein passendes Objekt zu ersetzen»

Gregor Waser

Seit sechs Monaten leitet Martin R. Smura als Chief Executive Officer die Kempinski Hotels. Im Interview äussert er sich über härtere Bandagen im Luxushotel-Bereich und über die künftige Kempinski-Strategie.

Herr Smura, in Genf, Abu Dhabi und Hamburg laufen die Verträge mit Kempinski aus. Wie können Sie dieser Entwicklung entgegenwirken?

Martin Smura: Kempinski Hotels ist ein unabhängiger privater Luxuskonzern. Als solcher ist eine der grössten Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen, dass börsennotierte Unternehmen Hotelmanagement-Verträge mit grossen Zuzahlungen für sich gewinnen, was wir bei unseren jüngsten Exits zu spüren bekamen. Als nicht börsennotiertes Unternehmen ist dies keine Strategie, die wir verfolgen wollen.

Wenn Managementverträge heute ihre Laufzeit erreichen, werden diese Verträge oft nur verlängert, wenn sich Hotelgruppen auf ein hohes finanzielles Engagement einlassen, das in vielen Fällen wirtschaftlich unrealistisch ist. Dies ist sicherlich eine Herausforderung. Was unsere Immobilie in Hamburg betrifft, so betreiben wir das Hotel Atlantic Kempinski Hamburg noch bis zum Ende des Jahres und freuen uns auf ein erfolgreiches Jahr 2020. Obwohl wir mit dem Eigentümer sehr gut zusammenarbeiten, wird er das Hotel ab 2021 als Teil einer eigenständigen Hotelsparte innerhalb seines Unternehmens selbst betreiben. Insgesamt sind wir mit dem, was wir mit den drei Hotels Genf, Abu Dhabi und Hamburg erreicht haben, sehr zufrieden. Wir sind stolz darauf, diese prestigeträchtigen Objekte über die Jahre hinweg betrieben und erfolgreich als führende Luxus-Destinationen auf ihren jeweiligen Märkten positioniert zu haben.

Wie waren Ihre ersten sechs Monaten als CEO von Kempinski?

Sehr intensiv. Gleich nach Antritt meiner Stelle habe ich unsere Hoteleigentümer persönlich besucht, um jeden Einzelnen kennen zu lernen und unser Engagement zur Wertsteigerung unserer Hotels zu bekräftigen. So konnte ich gleichzeitig unser Hotel-Produkt in den verschiedensten Destination erleben und mich mit Mitarbeitern rund um den Globus austauschen. Ich war beeindruckt von der Leidenschaft und dem Team-Geist, der die Kempinski-Mitarbeiter antreibt – alles unglaubliche Profis, die die Gästezufriedenheit in den Mittelpunkt Ihres Handelns stellen.

Als Team haben wir seit Juli 2019 in ziemlich kurzer Zeit unheimlich viel erreicht. Hervorzuheben ist unsere Partnerschaft mit der deutschen 12.18 Investment Group, mit der wir ein neues Lifestyle-Produkt, 7Pines Kempinski, entwickelt haben. Das neue Konzept bietet entspannten Luxus und Lifestyle-Erfahrung in der Kempinski-Welt. Das erste Hotel von 7Pines Kempinski wird 7Pines Ibiza sein, das im Frühjahr für die neue Saison unter dem neuen Namen wiedereröffnet, gefolgt von einer Eröffnung auf Sardinien im Jahr 2021. Im Rahmen dieser Partnerschaft werden wir auch mit einem allerersten Hotel in New York vertreten sein, dem The 7Pines Kempinski Manhattan, das derzeit komplett renoviert wird. Insgesamt bin ich sehr stolz darauf, Chief Executive Officer der Kempinski Hotels, der ältesten Luxushotelgruppe Europas mit starker Tradition und einer authentischen Geschichte von mehr als 120 Jahren, zu sein.

«Kempinksi ist eine der besten und begehrtesten internationalen Luxushotelmarken»

Wie würden Sie die derzeitige Fitness von Kempinski beschreiben?

Das Unternehmen macht sich nach unseren Plänen und Erwartungen sehr gut und ist heute eine der besten und begehrtesten internationalen Luxushotelmarken.

Im Moment zählen Sie 75 Hotels. Was bedeutet Grösse für Kempinski – angesichts von Konkurrenten wie Marriott-Starwood oder Accor?

Tatsächlich sind wir verglichen mit den grossen Hotelketten eine eher kleine Gruppe. Allerdings sehe ich unsere überschaubare Grösse mehr als Vorteil denn als Hindernis. Sie gibt uns die Agilität, Flexibilität und Kreativität, um auf die Bedürfnisse unserer Eigentümer und Investoren einzugehen und ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen – eine grosse Gruppe kann sich das nicht leisten. Dennoch haben wir im Rahmen unserer langfristigen Strategie ehrgeizige internationale Expansionspläne. Unser Ziel ist es, bis 2022 mehr als 100 Luxushotels zu betreiben. Allein in den nächsten 12 Monaten werden wir neun neue Hotels eröffnen: drei in der Karibik, jeweils ein Hotel in Tel Aviv, Tiflis, Bangkok, Guangzhou, Brazzaville und Almaty. Diese Neuzugänge entsprechen insgesamt 1961 Zimmern und Suiten. Weitere sieben Hotels sind derzeit im Bau. Unser Ziel ist es also, schnell zu wachsen, aber Wachstum, das nicht auf Kosten der Qualität geh. Wir konzentrieren uns nur auf Hotelentwicklungsprojekte, die das Markenversprechen einlösen können, also profitabel sind und unseren anspruchsvollen Gästen eine unverwechselbare Servicequalität bieten.

Wo wollen Sie mit Kempinski hin? Welches sind die Hauptpunkte Ihrer Strategie?

Neben den geplanten Hoteleröffnungen im Jahr 2020 haben wir vier Geschäftsfelder identifiziert, die Teil unserer langfristigen Strategie sind:
1. Wir werden unser Management-Know-how nutzen und unsere Managementverträge wirksam einsetzen. Wir wollen unseren Eigentümern und Investoren einen massgeschneiderten Ansatz bieten und ihnen die Möglichkeit bieten, Dienstleistungen à la carte entsprechend ihrer hotelspezifischen Bedürfnisse hinzuzufügen.
2. Bislang basierte die Kempinski-Strategie auf Managementverträgen. Die Weitergabe unseres Management-Know-hows an die Eigentümer über langfristige Verträge wird der Kern unseres Geschäfts bleiben. Im weiteren Verlauf werden wir auch verstärkt in Immobilien investieren. Christophe Piffaretti, gerade erst als Chief Development Officer zu Kempinski gestossen, zeichnet ab sofort für die Erweiterung des Kempinski-Portfolios verantwortlich und konzentriert sich sowohl auf das Wachstum in aktuellen und neuen Märkten als auch auf unsere Immobilienentwicklungsstrategie.
3. Die Weiterentwicklung der Marke ist zudem ein Bereich, auf den wir uns konzentrieren werden. Vor kurzem haben wir Nico Rosberg zum Markenbotschafter ernannt. Der Formel 1®-Champion und grüne Unternehmer passt perfekt in diese Rolle und teilt die gleichen Werte wie Kempinski, wie z.B. präzise Leistung, Leidenschaft fürs Handwerk und Innovation. In Zukunft werden wir uns verstärkt um strategische Partnerschaften mit gleichgesinnten Marken bemühen.
4. Die vierte strategische Säule ist die Global Hotel Alliance, bei der Kempinski einer der Hauptaktionäre ist. Mit 15 Millionen Mitgliedern im Kundenbindungsprogramm sind wir heute die Nummer fünf in der Welt. Im Laufe der Jahre wurde GHA zur einzigartigen Plattform für kleine Luxusunternehmen, die Zugang zu einem globalen Publikum erhalten und gleichzeitig ihre Individualität bewahren konnten. Hier sehe ich eine grosse Chance für uns, zusätzlichen Wert und Ertrag für unsere Investoren und Partner zu schaffen.

«Wir verhandeln über zwei weitere Betriebe in der Schweiz»

Aus welchen Gründen sollten sich Hotelbesitzer Kempinski anschliessen?

Luxushotel-Eigentümer, die auf der Suche nach einem passenden Betreiber sind, der die von ihnen angestrebten Standards erreicht und aufrechterhält, findet mit Kempinski sicherlich den richtigen Geschäftspartner. Neben der Bereitstellung unseres Know-hows im Bereich des Hotelmanagements sind wir bestrebt, den höchstmöglichen Servicestandard zu bieten. Jedes neue Hotel profitiert von einem engagierten Team von Experten in ihrem jeweiligen Fachgebiet, einer 360°-Unterstützung von technischen Dienstleistungen bis hin zur Markenpositionierung, Schulung und eCommerce. Wir bieten einen langfristigen Ansatz, der die Individualität des Hauses respektiert und eine optimale operative Leistung und nachhaltige finanzielle Ergebnisse gewährleistet. Da wir die Beziehung zu unseren Eigentümern sehr schätzen, haben diese direkten Zugang zum Kempinski-Führungsteam und wir stehen ihnen jederzeit zur Verfügung, um ihre Vermögenswerte zu besprechen.

Konzentrieren Sie sich auf neue Geschäftsmodelle? Welche sind das?

Bislang basierte die Kempinski-Strategie auf Managementverträgen. Wir verkaufen Management-Know-how an Hotelbesitzer gegen eine Gebühr. Wie ich bereits sagte, wird dies unser Kerngeschäft bleiben, aber wir werden auch in Immobilien investieren, um Hotels in Key Destinationen zu etablieren und zusätzliche Werte zu schaffen.

Wie sieht es in der Schweiz aus? Wird es nach dem Verlust von Genf eines Tages ein neues Kempinski neben dem Grand Hotel des Bains Kempinski St. Moritz geben?

Die Schweiz ist bekannt für ihre hervorragende Luxus-Gastfreundschaft und ist ein sehr wichtiger Markt, abgesehen davon, dass unser Hauptsitz in Genf liegt. Wir arbeiten momentan daran unser Genfer Hotel durch ein passendes Objekt, das perfekt zu unserer Marke und unserem Portfolio passt, zu ersetzen und verhandeln zudem über zwei weitere Betriebe in der Schweiz.