Hotellerie
«Die Deutschen sind gar nie weggebrochen»
Gregor WaserHerr Koller, wie lief das Sommergeschäft bisher für E-Domizil in der Schweiz?
Daniel Koller: Ausgezeichnet, das Plus gegenüber dem Vorjahr beläuft sich auf fast 20 Prozent. Viele Schweizer haben den Sommer in der Schweiz verbracht, eindeutig.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Wir haben nun schon den dritten schönen Sommer in Folge und viele Schweizer hatten wohl in den Vorjahren das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Hinzu kommen Overtourism und die Klimadebatte mit Flight- oder Cruiseshaming. Und was mir seit einem Jahr auffällt: das Reiseland Schweiz wird in Schweizer Medien sehr positiv dargestellt. Das war in den letzten Jahren anders - gebasht wurde wegen angeblich fehlender Freundlichkeit, wegen schlechter Qualität oder hohen Preisen. Das hat sich geändert.
Stehen Schweizer Ferienwohnungen auch bei ausländischen Gästen derzeit hoch im Kurs?
Was mich überrascht: das Thema Währung scheint deutsche oder europäische Gäste generell in diesem Sommer nicht abzuschrecken, obwohl der Franken seit Juni wieder stärker geworden ist. Der Buchungseingang ist jedenfalls trotz stärkerem Franken weiterhin steigend, auch auf den Herbst und Winter hin. Im B2C-Bereich scheint die Währung kein Thema zu sein, im B2B – an Orten, wo die Preise verhandelbar sind – siehts wohl anders aus. Gleichzeitig müsste ja auch der Schweizer Gast wegen dem günstigeren Euro vermehrt Auslandreisen buchen, aber dies scheint nicht der Fall zu sein. Ich denke, das Thema war medial kaum in den Schlagzeilen, deswegen gibt es wohl keine Auswirkungen – nicht so wie im Jahr 2015. Damals war das Thema Währung omnipräsent.
Passen Sie die Preise bei Ferienwohnungen im Euroraum an?
Ja, das rechnen wir täglich um. Eine Ferienwohnung, die im Mai noch 1100 Franken gekostet hat, kostet heute 1020 Franken.
«Es wäre wichtig, hätte die Schweiz wieder eine richtige Parahotellerie-Statistik»
Die Hotellerie beklagt das Ausbleiben deutscher Gäste. Sie nicht?
Wir hören dies auch seit Jahren. Aber was wir feststellen: die Deutschen, die in die Schweiz kamen, sind im Ferienwohnungsgeschäft nie weggebrochen, im Gegenteil. Während sie den Schweizer Hotels fehlen, ist die Anzahl deutscher Gäste in der Parahotellerie angewachsen. Sie haben vom teuren Hotel in eine günstigere Alternative gewechselt, die sie sich leisten können. Wenn ich mit Exponenten von Schweizer Bergbahnen sprechen, sagen dir mir auch, sie hätten nicht den Eindruck, massiv weniger deutsche Gäste zu haben.
Wie haben sich in den letzten Jahren die Mietpreise von Ferienwohnungen entwickelt?
Das kommt ganz auf einzelne Destinationen an. Lenzerheide ist ein Beispiel für veränderte Preise. Von 2008 bis heute haben sich die Durchschnittspreise fast verdoppelt. Das Gebiet hat sich enorm entwickelt mit vielen Investitionen, sei es die Arosa-Verbindung oder Bike- oder Wasser-Produkte. Lenzerheide hat es geschafft, sich eine neue DNA zu geben. Ein anderes Beispiel ist das Haslital, hier sind die Preise overall eher gesunken.
Seit 2004 werden die Logiernächte der Parahotellerie nicht mehr erfasst. Was sagen Sie dazu?
Das ist natürlich schade. Das Bundesamt für Statistik erfasst unter dem Titel «Pasta» nur noch vage diese Zahlen, die Aussagekraft ist beschränkt. Es wäre gut und wichtig, hätte die Schweiz wieder eine richtige Statistik, weil die Parahotellerie ansonsten komplett medial verschwindet.
Welches sind weitere preisattraktive Destinationen?
Das Unterengadin etwa, Preis-Leistung sind hier sehr gut, weiter denke ich an Adelboden, hier ist das Angebot preislich auch sehr attraktiv, in Leukerbad ebenfalls. Aber auch im Oberengadin findet man abseits der Hochsaison preislich gute Objekte.
Und was ist denn nun der typische Preis für eine Ferienwohnung heutzutage?
Das ist sehr unterschiedlich. Aber ich sage es mal so: wir haben einen Durchschnittsumsatz von 1280 Franken, das ist noch ohne Nebenkosten, da kommen noch etwa 150 Franken Endreinigungen und Kurtaxen dazu. Und dieser Preis widerspiegelt in etwa eine Standardwohnung, 3,5 Zimmer, für zwei Erwachsene, zwei Kinder. Aber gegen oben ist die Welt offen. Man findet aber auch Wohnungen für 500 oder 600 Franken, da ist die Qualität dann aber sicherlich limitiert. Klar kommen ja dann noch auch noch Kosten fürs selber Kochen etwa hinzu. Aber Ferienwohnungen sind jedenfalls eine preisliche Alternative, für Leute, die sich kein Hotel leisten können.
Wie steht es um die Innovationen bei Schweizer Ferienwohnungen?
Das Potenzial ist noch gross. Investments in Resorts gab es zwar zahlreiche wie Pradas Resort, Privas Lodge, neue Reka-Feriendörfer, Swisspeak Resorts oder Andermatt. Solche Objekte bringen mit sich, dass andere Objekte im Ort ebenfalls hinterherziehen. Aber insgesamt ist es nicht ganz einfach, ein gutes Ferienhaus zu finden. Denn die, die sehr gut sind, sind dann bald auch schon ausgebucht. Beim groben Blick ins Portfolio, stelle ich fest: wir haben immer noch einen Investitionsstau.
«Die Kosten für Google sind höher als für das gesamte Personal»
Wie gross ist E-Domizil mittlerweile? Und was macht ihr Erfolg auch?
Der Jahresumsatz beläuft sich auf 65 Millionen Franken. Sicher hat auch unsere Technologie zum Erfolg beigetragen. Wir pflegen heute um die 600 Schnittstellen zu verschiedenen Anbietern. Punkten können wir aber auch mit einzelnen Sparten, sei es mit Objekten im Bereich Agrotourismus, Ferien im Baudenkmal oder Alphütten und Maiensässe, eine sehr beliebte Sparte.
Wie gestaltet sich Ihr Marketing? Wie kommen Sie an den Gast?
Wir betreiben nur Online-Marketing. Wir sind ein reiner Online-Player, aber man kann uns sogar anrufen, das ist ja nicht bei jedem Online-Anbieter der Fall. Der Abverkauf erfolgt nur online. Und der grösste Teil der Aktivitäten erfolgt mit der Firma Google.
Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit Google und Preisentwicklung bei Google Ads?
Es ist Segen und Fluch zugleich. Auch wer die Ferienwohnung Alpenrösli in Zweisimmen sucht, geht zunächst auf Google. Und da muss diese dann halt abrufbar sein. Zum Glück ist der Klick im Ferienhausbereich noch nicht wahnsinnig hoch. Aber wir bieten auch nicht bis zu jedem Preisniveau mit. Gut ist, dass wir ein vollautomatisiertes Bidding haben, das aufgrund der Verfügbarkeiten, Performance, und weiteren Parametern je nach Destination mitbietet, aber bei maximal 2,50 Franken steigen wir aus.
In welchem Umfang werben Sie denn auf Google?
Wir haben gegen 12'000 Kampagnen bei Google aufgesetzt, die parallel immer – mehr oder weniger – laufen. Seien es Wortkombinationen wie «Ferienwohnung Adelboden» oder solche, die sich dynamisch zusammensetzen. Dann machen wir auch klassisches Remarketing, wenn der Kunde bei uns auf der Seite war, plus ganz wenig Display-Werbung. Und wir messen, messen, messen. Vielleicht sind wir Freaks in Sachen Besucher und Traffic messen, doch man muss dies auch tun, sonst ufern die Kosten aus. Die Firma Google ist fast alleine auf diesem Markt und kann machen, was sie will. Ich will dies nicht bejammern. Für das, was wir investieren, kriegen wir auch Kunden – das ist gut. Aber das kostet viel Geld. Wenn wir all die Mechanismen nicht mehr im Griff haben, dann rentiert unsere Firma schnell nicht mehr. Die Kosten für die Firma Google sind höher als für das gesamte Personal in Zürich und Herisau.
Und wieviele Mitarbeitende hat E-Domizil?
21... dazu noch 7 bei E-Hoi.
Sie arbeiten seit fünfeinhalb Jahren bei E-Domizil. Wie sieht Ihre Zukunft aus?
Ich trage schon lange einen Traum mit mir rum, den ich eigentlich schon nach dem letzten Job in Angriff nehmen wollte. Nun hat sich dies einige Jahre verzögert. Im April nehme ich eine Auszeit und werde mit dem Velo die Welt umrunden. Los gehts Richtung Balkan, Griechenland, Iran, die weitere Route ist noch offen. Und mir wurde die Möglichkeit geboten, nach einem Jahr zu E-Domizil zurückzukehren. Ich freue mich sehr.