Hotellerie

Nicht mehr nur chinesische Gruppen: immer mehr Individualreisende aus China besuchen die Schweiz. Bild: TN

«Junge, gutaussehende Chinesinnen haben das Sagen»

Gregor Waser

Eben ist Markus Conzelmann, GM im Radisson Blu Luzern, aus China zurückgekehrt nach einem Besuch bei Touroperators und Kunden. Im Interview mit travelnews.ch nennt er die verblüffendsten Entwicklungen im boomenden Reiseland und welche Learnings er mit nach Hause genommen hat.

Schon mehrmals war Markus Conzelmann, der General Manager des Radisson Blu Hotels Luzern, mit Unterstützung von Schweiz Tourismus in Asien unterwegs zum Besuch von Touroperators, Reisebüros und Kunden. Eben ist er von einem einwöchigen China-Taiwan-Trip zurückgekehrt – und äusserst erstaunt über die jüngsten Entwicklungen im boomenden Asien. Am Telefon hat er sich mit travelnews.ch unterhalten.

Herr Conzelmann, Sie reisen regelmässig nach Asien, um die Kontakte mit Touroperators und Kunden zu pflegen. Lohnen sich für einen Schweizer Hotelier solche Trips?

Markus Conzelmann: Absolut. Gerade was China anbelangt, verfügen wir ja über ein limitiertes Wissen, wie die chinesischen Reisebedürfnisse nun genau aussehen. Mittlerweile verzeichnen wir in unserem Haus 7000 bis 8000 Gäste pro Jahr aus China, das sind schon fast zehn Prozent. Ein Fehler ist, alle Chinesen in einen Topf zu werfen. Da gibt es riesige Unterschiede, ob Unterschicht, untere oder obere Mittelschicht oder die ganz Reichen. Zudem gibt es auch grosse regionale Unterschiede, ob jemand vom Norden oder Süden Chinas stammt.

Mit welchen Learnings sind sie zurückgekehrt?

Für uns ist es wichtig, verstärkt in die chinesischen Online-Buchungskanäle zu kommen. Was die Digitalisierung betrifft, ist China Europa weit voraus. Nicht nur, was das Buchungsverhalten betrifft, sondern auch die Bezahl-Gewohnheiten. Wenn wir nun genauer eruieren können, um welche Gäste es sich handelt, können wir auch beim Pricing flexibler sein. Das heisst: eventuell hätte ein Gast eine bessere Zimmerkategorie gewünscht und wäre bereit, mehr zu bezahlen, nur wussten wir das nicht.

«Wir wollen erfahren, wer sie sind, von wo sie sind, welche zusätzlichen Wünsche sie haben und was wir richtig oder falsch machen»

Was läuft bei der Digitalisierung in China anders?

Die Leute sind eigentlich ununterbrochen am Smartphone; auch aus Bequemlichkeit. Bezahlt wird nur noch mit dem Handy und Voice-Messages werden permanent verschickt, sei es um die Kinder zu fragen, ob die Hausaufgaben fertig sind oder dem Business Partner eine kurze Mitteilung zukommen zu lassen. Mafengwo, Lushu aber auch Wechat sind derzeit äusserst beliebte Plattformen, Wechat ist eine Mischung aus Instagram, Facebook und Whatsapp.

Markus Conzelmann, GM Radisson Blu Hotel Lucerne, hat in China neue Erkenntnisse gewonnen.

Was heisst das für Sie als Hotelier?

Die Schweizer Hoteliers schimpfen zum Beispiel darüber, dass der chinesische Gast nur 350 Franken am Tag ausgibt. Das mag wenig sein, aber es fehlt eben an den richtigen Zahlungsmethoden. Wenn der Gast spontan an der Bar einen Drink bestellen will, möchte er das mit dem Handy begleichen. Auch was das Shopping betrifft, ist das chinesische Konsumenverhalten eindrücklich. Wenn ein Chinese in den Laden tritt, ploppt auf seinem Handy gleich die Message auf, in diesem Shop findest du diesen oder diesen Artikel soviel günstiger. Da hat das Einkauferlebnis in der Schweiz noch Aufholbedarf. Natürlich auch bei den Laden-Öffnungszeiten. Es kann nicht sein, dass jemand eine teure Reise in die Schweiz bucht und dann vor verschlossenen Läden steht.

Welche weiteren Schritte planen Sie im Radisson Blu Hotel Luzern, um den chinesischen Markt noch besser zu bearbeiten?

Wir stellen nun eine chinesische Ansprechperson an – aus zwei Gründen. So haben unsere chinesischen Gäste eine Bezugsperson, um ihre genauen Wünsche anzubringen. Umgekehrt kann unsere chinesische Mitarbeiterin oder unser chinesischer Mitarbeiter beim Smalltalk mit den Gästen in Erfahrung bringen, wer sie sind, von wo sie sind, welche zusätzlichen Wünsche sie haben und  was wir richtig oder falsch machen.

Welches waren Ihre weiteren Eindrücke während Ihrer China-Reise?

Es ist auffallend, dass in China vermehrt junge, gutaussehende, gepflegte Frauen das Sagen haben. Auch wir stellen fest, dass bei den Einzelreisenden immer mehr chinesische Frauen bei uns übernachten. Sie legen einen hohen Wert auf Individualität, Kleider und Beautyprodukte – und generell kann man sagen: das Essen ist für alle Chinesen sehr wichtig. In diesem Punkt können wir nicht gut genug vorbereitet sein.

Wohin zieht es Sie bei Ihrer nächsten Erkundungsreise?

Das ist noch offen. In Indien war ich vor zwei Jahren, im nächsten Jahr gehts womöglich in den Iran.