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Wie solide sind die Kundengeldabsicherungssysteme der Schweizer Reisebranche aufgestellt? Bild: Adobe Stock

Nur drei von fünf Kundengeldabsicherungen geben ihr Fondsvermögen preis

Gregor Waser

Um dem 1994 in Kraft getretenen Pauschalreisegesetz zu entsprechen, müssen Schweizer Reisebüros und Reiseveranstalter die eingegangenen Kundengelder absichern. Travelnews hat die einzelnen Versicherungslösungen nach Eintrittsgebühren, Fondsvermögen und Absicherungen befragt. Die Antworten sind nur teilweise befriedigend.

Das Pauschalreisegesetz verlangt seit 1994, dass Schweizer Reiseveranstalter und Reisebüros die Einzahlungen und – im Falle einer Insolvenz während einer Reise – die Rückreise der Pauschalreisenden sicherstellen. Dafür existieren in der Schweiz verschiedene Kundengeldabsicherungssysteme, bei denen Reiseanbieter freiwillig oder als Voraussetzung für ihre Tätigkeit angeschlossen sind. Bei Insolvenz des Veranstalters oder Vermittlers übernehmen die Kundengeldabsicherungen die Rückerstattung geleisteter Zahlungen und gegebenenfalls die Rückführung.

Der Schutz durch eine Kundengeldabsicherung greift nur bei sogenannten Pauschalreisen — also wenn mindestens zwei Leistungen – etwa Beförderung und Unterkunft – gemeinsam als Paket gebucht wurden. Einzelleistungen wie nur ein Flug, nur eine Hotelbuchung sind in der Regel nicht durch die Sicherungssysteme abgedeckt.

Nicht alle Reisebüros beziehungsweise Veranstalter sind zwingend einer Kundengeldabsicherung angeschlossen oder wollen sich eine solchen leisten – trotz gesetzlicher Pflicht gibt es immer wieder Anbieter ohne Absicherung (siehe heutiger Artikel zur Pleite von AILS).

Für Reisende empfiehlt sich daher, vor der Buchung zu prüfen, ob beim betreffenden Anbieter eines der Logos dieser Garantiesysteme vorhanden ist – und im Zweifel schriftlich den Nachweis der Absicherung verlangen.

Nachfolgend stellen wir die fünf in der Schweiz existierenden Garantiefonds und Sicherungsysteme vor – oder zumindest das, was von ihnen bekannt ist.

Fonds gleich Fonds?

In den letzten 31 Jahren, seit Inkrafttreten des Pauschalreisegesetzes, gab es einige Schadensfälle – ob WTA-X, STA Travel oder FTI sowie etliche kleinere Firmen. Doch selber kollabiert ist – zum Glück – bisher noch keiner der Fonds.

Ob das auch in Zukunft so bleibt? Hierzu forderte Travelnews von den fünf in der Schweiz existierenden Garantiefonds einige Angaben ein, um Transparenz zu schaffen und aufzuzeigen, inwiefern auch bei grösseren Schadensfällen die Sicherungssysteme einen zuverlässigen Schutz bieten.

Denn eine latente Gefahr schlummert in der Branche. Sollte sich auch nur einer der fünf Garantiefonds grösseren Forderungen gegenüber sehen, als die eigenen Sicherheitsvorkehrungen dies zulassen und Pauschalreisende zu Schaden kommen: der Reputationsschade würden über den einen, gestrauchelten Fonds hinausgehen und die ganze Branche betreffen.

Travelnews hat die einzelnen Fonds nach den Eintrittskosten, den Jahresgebühren, der Kaution und dem Fondsvermögen befragt sowie darüber, ob noch ein Rückversicherer hinter den Lösungen steht.

Garantiefonds der Schweizer Reisebranche

Die Stiftung Gesetzlicher Garantiefonds der Schweizer Reisebranche, so der im Handelsregister eingetragene Name des Garantiefonds, wurde 1994 gegründet. Stand heute hat der Garantiefonds knapp 400 Teilnehmer (insgesamt fast 900 Büros und Brands) und deckt schätzungsweise deutlich über 80 Prozent des Schweizer Reisemarktes ab, dies gemessen am Umsatz. Neben der gesetzlichen Mindestleistung , das heisst die Abdeckung der Kundengelder gemäss Pauschalreisegesetz, deckt der Garantiefonds darüber hinaus auch das Delkredere und auch das Lieferantenrisiko für Veranstalter und Mikro-Touroperator ab. Die jährliche Mindestgebühr beträgt 250 Franken im Jahr.

Die Höhe der Garantiesumme (Sperrkonto oder Bankgarantie) beträgt mindestens 1 % des Bruttojahresumsatzes des vorangehenden Geschäftsjahres, in jedem Fall jedoch mindestens 50’000 Franken und wird vom Garantiefonds für jeden Teilnehmer individuell nach verschiedenen Kriterien wie Höhe des Bruttoumsatzes, Bonitätsbeurteilung und weitere individuelle Faktoren wie beispielsweise Komplexität der Unternehmensstruktur, Geschäftsmodell oder Höhe der Kundenvorauszahlungen festgelegt.

Die bilanzierte Rückstellung für zukünftige Schadenfälle (das Vermögen, das zur Deckung von Konkursfällen zur Verfügung steht) betrug Ende 2024 knapp 12,8 Millionen Franken. «Zwar haben die Reserven das angestrebte Niveau noch nicht erreicht, sie sind jedoch erheblich höher als in den vergangenen Jahren», erklärt Garantiefonds-Geschäftsführer Marco Amos. «Dank der bis Ende 2027 geltenden Rückversicherungslösung für 'Grossfälle' von maximal 9,0 Millionen Franken hat der Garantiefonds heute deutlich mehr Mittel zur Verfügung als noch vor oder während der Pandemie».

Zusätzlich zu den eigenen Rückstellungen und der Rückversicherung stehen dem Garantiefonds zur Bewältigung möglicher Konkurse auch unternehmensspezifische, individuelle Garantieleistungen im Wert von über 80 Millionen Franken (Bankgarantien, Versicherungsgarantien, Zahlungsversprechen und Sperrkonten der Teilnehmer) zur Verfügung. Im Jahr 2025 hatte der Garantiefonds einen Konkursfall zu verzeichnen, der jedoch zu keiner Zahlung seitens des Garantiefonds geführt hat.

Swiss Travel Security

Seit dem Jahr 2002 gibt es die Swiss Travel Security. Total 145 Reisebüros und Reiseveranstalter sind bei STS abgesichert.

«Unsere Kundengeldabsicherung geht im Gegensatz zu anderen Produkten auf dem Markt deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und deckt nicht nur Pauschalreisen, sondern auch Einzelleistungen ab. Damit gewährleisten wir eine Sicherheit, die in ihrer Breite und Verlässlichkeit schweizweit einzigartig ist», sagt Alex Vogel COO der STAR Enterprises AG.

Gerade für kleinere Reisebüros stelle eine Kundengeldabsicherung oft eine erhebliche finanzielle Belastung dar. «Unser Modell ist deshalb darauf ausgelegt, diese Kosten ohne Kompromisse bei der Sicherheit möglichst tief zu halten.» Voraussetzung für die Teilnahme bei STS ist allerdings die Mitgliedschaft bei STAR, wobei nicht alle STAR-Mitglieder zwingend eine Kundengeldabsicherung vorweisen müssen.

«Einerseits ermöglichen wir das durch eine faire Berechnung der Sicherheitsleistung», erklärt Vogel. «Die Höhe der Garantieleistung richtet sich dabei im Wesentlichen nach der finanziellen Stabilität und der Unternehmensgrösse. Sie wird im Rahmen des initialen Prüfungsprozesses (Kostenpunkt einmalig 1500 Franken) durch den Stiftungsrat festgelegt und startet ab 30'000 Franken».

Andererseits setze STS auf ein risikobasiertes Prämienmodell mit tiefen Minimalprämien und einem variablen, umsatzabhängigen Anteil. «STAR-Mitglieder bezahlen also nur das, was ihrem tatsächlichen Risiko- und Tätigkeitsprofil entspricht: Somit bieten wir einen optimalen Schutz bereits ab 780 Franken im Jahr».

Die Frage nach einem vorhandenen Rückversicherer, bejaht STS, nennt aber keinen Namen. Einen Schadenfall musste STS im Jahr 2025 keinen verzeichnen.

Und wie hoch ist das STS-Fondsvermögen? STS nennt einen Betrag von 12 Millionen Franken – bestehend aus Eigenmitteln, Rückstellungen, Versicherungen, Garantien und Bürgschaften.

Hier anzumerken gilt: zu einem Fondsvermögen gehören nur Eigenmittel und eventuelle Rückstellungen. Versicherungen, Garantien und Bürgschaften bei der Nennung des Fondsvermögen zu inkludieren, ist irreführend. Die Kaution des Reisebüros X kann ja bei einem Schadensfall von Reisebüro Y nicht verwendet werden.

Fair Reisegarant

Im Oktober 2015 wurde der Fair Reisegarant ins Leben gerufen. Dieses Fonds sichert die Kundengelder von total 60 Reiseveranstaltern und Reisebüros, inklusive Filialen. Der Eintritt kostet eine initiale Prüfungsgebühr von 1000 Franken, eine Jahresgebühr von 800 Franken und eine Kaution von mindestens 20'000 Franken.

Auf die Frage zum Fondsvermögen sagt Marcel Gsell vom Fair Reisegarant: «Wir haben vier respektive fünf Eckpfeiler, deren Höhe wir jedoch hier nicht bekannt geben.» Dabei nennt er das heutige Fondsvermögen, die Genossenschafter, die ein Sicherheitsdepot zu Gunsten Fair Reisegarant hinterlegt haben, zudem interne Rückstellungen für Haftungsrisiken sowie das Genossenschaftskapital. Hinter Fair Reisegarant steht die Helvetia Versicherung als Rückversicherung.

Bis anfangs Dezember verzeichnete Fair keinen Schadensfall im laufenden Jahr. 2022 und 2024 musste je eine Firma in die Liquidation begleitet werden. «In beiden Fällen sind keine Pauschalreise-Touristen zu Schaden gekommen und Fair Reisegarant konnte, abgesehen von sehr intensiven Arbeitsleistungen, die entstandenen Schäden der Kunden, mit den hinterlegten Depotgeldern der zwei Mitglieder entschädigen und schadlos halten», erläutert Marcel Gsell.

Travel Professional Association (TPA)

Keine Antwort auf den zugesandten Fragekatalog erhielt Travelnews bisher von der Travel Professional Association (TPA), einem weiteren Garantiefonds der Schweizer Reisebranche, der in der Romandie stark verankert ist. Gemäss Webseite sichert TPA die Kundengelder von über 90 Firmen ab.

Bisher nicht zu erfahren sind weder TPA-Eintrittskonditionen noch die Höhe des Fondsvermögen – was wir gegebenenfalls hier nachreichen würden.

Reisegarantie-Stiftung der Universal Flugreisen AG

Eine fünfte Lösung stellt die Reisegarantie-Stiftung der Universal Flugreisen AG dar. Sie ist insofern ein Unikum, da sie nur für die Universal Flugreisen AG als Kundengeldabsicherung dient.

Bereits im November 1993 hat Universal die Stiftung ins Leben gerufen, eine halbes Jahr vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes für Pauschalreisen. Der Sitz der Stiftung ist in Liechtenstein und unterliegt somit anderen rechtlichen Grundlagen als die Absicherungen in der Schweiz – und sie kann damit die Absicherung anders gestalten.

Eintrittskosten gibt es hier naturgemäss nicht, da die Stiftung nur für die eine Firma ins Leben gerufen wurde. Das Fondsvermögen beträgt drei Millionen Franken, zudem sind weitere zwei Millionen Franken als Reserve hinterlegt. Eine zusätzliche Rückversicherung gibt es keine.

Fazit

Transparenz sieht anders aus. Die Umfrage bei den fünf Schweizer Garantiefonds hat nur teilweise befriedigende Antworten hervorgebracht.

Eine der Sicherungslösungen, TPA, antwortet überhaupt nicht, Fair Reisegarant will sich beim Fondsvermögen nicht in die Karten blicken lassen und die Bezifferung der Höhe des Fondsvermögen bei STS ist zumindest kreativ. Publik macht das Fondsvermögen mit einem jährlichen, detaillierten Geschäftsbericht der Garantiefonds der Schweizer Reisebranche und die Reisegarantie-Stiftung der Universal Flugreisen AG.

Zu hoffen bleibt, dass jedes Kundengeldabsicherungssystem zumindest bei interessierten Reisebüros und Reiseveranstaltern mit offenen Karten spielt und aufzeigen kann, welche Sicherheiten hinter den Lösungen stehen. Denn einen grossen Schadensfall, der einen Sicherungsfonds zum Kollaps bringen würde, kann und will sich die gesamte Schweizer Reisebranche aus Imagegründen nicht leisten.

Denn der Blick über die nördliche Grenze, sollte Exempel genug sein. Der Konkursfall von Thomas Cook im Jahr 2019 konnte die damalige Absicherung-Logik in Deutschland nicht vollständig abdecken. Die damals gültige Haftungsgrenze zur Absicherung der Kundengelder war zu niedrig.

Das hat dazu geführt, dass der Gesetzgeber ein neues, sehr detailliertes «Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds und zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften» (Reisesicherungsfondsgesetz) erlassen hat. Was zu sehr hohen Aufwendungen für die gesamte detusche Reisebranche geführt hat. Ein Szenario, welches in der Schweiz unbedingt vermieden werden sollte. Das funktioniert langfristig aber nur, wenn alle involvierten solidarisch, eigenverantwortlich und korrekt handeln.