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Der Nebelwald in Monteverde gehört zu den artenreichsten Regionen der Welt. Hängebrücken machen das Erkunden der Natur zu einem ganz besonderen Erlebnis. Alle Bilder: TN

Rein in den Regenwald zu Tukan und Kolibri

Marilin Leuthard

Eine Reise durch Costa Rica ist ein einziges, grosses Staunen. Das tropische Land überrascht im Regenwald genauso wie auf den Vulkanen und in versteckten Haciendas. Travelnews-Reporterin Marilin Leuthard hat das Land besucht.

Am Fusse des Vulkans schreien die Brüllaffen wie wild, um ihr Nahrungsrevier zu markieren. Ihr Brüllen ist erschreckend laut, so laut, dass alle anderen Geräusche übertönt werden. Spinnenaffen schwingen sich durch die Äste des Waldes, durch Bäume, die so gross sind, dass man die Baumkrone kaum sieht, wenn man darunter steht. In der Ferne steigen weisse Dämpfe aus den Büschen, ein bissiger Schwefelgeruch liegt in der Luft. Echsen sonnen sich auf den grossen Steinen am Weg, während die Blattschneiderameisen unermüdlich arbeiten und Blätter mit dem x-Fachen ihres Gewichts zurück zu ihrer Kolonie transportieren.

Costa Rica ist ohne Zweifel ein wahres Naturparadies – darin sind sich wohl alle einig, die das Land schon einmal besucht haben. Mit einer Fläche von 51‘100 Quadratkilometern ist Costa Rica grössenmässig mit der Schweiz vergleichbar, beheimatet aber über fünf Prozent der gesamten Flora und Fauna der Erde. 30 Nationalparks, acht biologische Naturreservate und zahlreiche Schutzgebiete mit Regen- und Trockenwäldern, Mangrovensümpfen und mystischen Bergnebelwäldern.

Die reiche Küste

Das war aber nicht immer so. Aufgrund massiver Abholzung zwischen 1950 und 1970 verlor Costa Rica über die Hälfte seiner Wälder – um 1980 war nur noch etwa 25 Prozent des Landes bewaldet. Nach einem nationalen Umdenken wurden starke Umweltschutzgesetze eingeführt und ein Netz von geschützten Nationalparks geschaffen. Heute stehen mehr als 26 Prozent der Landesfläche unter Schutz, als Nationalparks, biologische Reservate oder Wildschutzgebiete. Mittlerweile sind wieder 57 Prozent des Landes mit Wald bedeckt, und davon ist rund die Hälfte tropischer Regenwald.

Die Küste Costa Ricas, mit zahlreichen wunderschönen Stränden, erstreckt sich über 1770 Kilometer.

Der Name «Costa Rica» – spanisch für «reiche Küste» – geht aber nicht auf die artenreiche Natur zurück, sondern auf die spanische Eroberung durch Christoph Kolumbus im Jahre 1502. Als er an der costa-ricanischen Küste ankam, traf er auf indigene Völker, die goldene Schmuckstücke trugen. Die Spanier glaubten daraufhin, dass das Land reich an Gold und anderen Schätzen sei, und nannten es fortan Costa Rica.

Heute bringt die unvergleichliche Natur jährlich Millionen Besucherinnen und Besucher ins Land. Trotz vieler Reisender ist Costa Rica bekannt für einen nachhaltigen Tourismus ganz ohne Massenabfertigung. Bemerkenswert ist zudem, dass rund 98 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien produziert wird, hauptsächlich durch Wasserkraft, Wind und Geothermie.

Sarchí: Raus aus der Hauptstadt

San José eignet sich bestens als Einstieg in eine Costa-Rica-Reise. Auch wenn man im Strassenverkehr einiges an Geduld braucht, machen die trendigen Viertel, die vielen Cafés und Restaurants sowie die warme, lockere Atmosphäre alles wett. San José ist ein Paradies für Kulinarik-Fans; ein bunter Mix aus traditionellen Restaurants und internationaler Küche.

Patacones gehören zu Costa Rica, wie das Fondue zur Schweiz: Hier serviert mit Bohnenmus.

Die Landesküche hat vieles zu bieten, auch wenn zu Beginn alles aus Bohnen und Reis zu sein scheint. Gerichte wie Gallo Pinto, Casado, Chifrijo oder Patacones sind ein Muss. Wer sich als Abwechslung nach internationaler Küche sehnt, sollte dem Restaurant «Apotecario» in San José einen Besuch abstatten. Hier werden Gerichte aus regionalen Zutaten serviert – begleitet von hauseigenem Bier, selbst gebrautem Kombucha und erstklassigen Cocktails.

Rund eine Stunde nordwestlich von San José liegt ein wichtiges, kulturelles Zentrum des Landes: die Kleinstadt Sarchí. Ideal für einen Tagesausflug, kann dort die letzte noch aktive Ochsenkarren-Fabrik besichtigt werden. Einst das wichtigste Transportmittel des Landes, vor allem um Kaffee zu befördern, hatte jede Region eine eigene, typische Bemalung. Die Karren (sogenannte «Carretas») sind auch heute noch von nationaler Bedeutung und kommen vor allem bei traditionellen Volksfesten zum Einsatz.

Die Bemalung der Ochsenkarren, die in Sarchí noch von Hand gemacht wird, gehört zum Unesco-Welterbe.

Der Bau und die Bemalung wurden von der Unesco als «immaterielles Kulturerbe der Menschheit» anerkannt. In der «Fábrica de Carretas Eloy Alfaro» in Sarchí werden die bunten Karren noch heute von Hand bemalt. Das Verzieren eines einzigen Rades nimmt ganze drei Tage in Anspruch. Im Dorfzentrum steht zudem der grösste Ochsenkarren der Welt, gleich neben der Kirche und unweit von der Schule, die ebenfalls mit den typischen Motiven der Karren geziert sind. Ein wirklich sehenswertes Städtchen!

In den zweitgrössten Krater der Welt schauen

Auf dem Weg nach Sarchí bietet sich ein Zwischenhalt im Vulkan Póas Nationalpark an. Mit rund 100 erloschenen und zahlreichen aktiven Vulkanen ist Costa Rica ein Land der Feuerberge. Der Póas ist einer der aktivsten Vulkane des Landes und hat den zweitgrössten Krater der Welt, aus dem meist spektakuläre Gaswolken austreten. Unweit davon liegt ein riesiger Kratersee, den man erwandern kann.

Um den Krater und die austretenden Gase zu sehen, braucht es aber ein wenig Glück. «Es gibt Gruppen, die probieren es an fünf verschiedenen Tagen und kriegen den Krater nicht zu sehen», erklärt Marcos Pitti, ein lokaler Reiseleiter.

Mit ein wenig Glück und Geduld lichtet sich der dicke Nebel über dem Krater des Vulkan Póas.

Die Anreise zum Poás Nationalpark ist mit dem Auto, einem Taxi oder dem öffentlichen Bus problemlos möglich. Das letzte Stück zum Krater muss auf einem gut ausgebauten Weg zu Fuss zurückgelegt werden. Tickets für den Nationalpark können ausschliesslich online gekauft werden. Der Kauf sollte unbedingt im Voraus erfolgen, da die Eintrittskarten – insbesondere in der Hauptreisezeit – schnell ausgebucht sind. Zudem gibt es am Parkeingang meist keinen Handyempfang, sodass eine nachträgliche Buchung vor Ort nicht möglich ist. Der Eintritt kostet rund 17 US-Dollar.

Auf den grünen Berg – rein in die Nebelwälder

Auf dem Weg nach Monteverde wird klar: Wer in Costa Rica mit einem Mietauto unterwegs ist, braucht zwingend einen Allradantrieb. Die Region Monteverde liegt zwischen 1400 und 1700 Metern über Meer und ist nur per Schotterstrasse erreichbar. Für die Anreise sollte man zudem genügend Zeit berechnen, dies gilt übrigens für jede Fahrt in Costa Rica, und auf keinen Fall auf Google Maps vertrauen – mit der App «Waze» oder herkömmlichen Karten ist man in den Bergregionen besser bedient.

Die Anreise kann bereits zu einem Erlebnis werden – etwa, wenn es sich ein Faultier auf einem Baum an der Strasse gemütlich gemacht hat oder plötzlich eine Schlange die Strasse überquert. Man befindet sich zu jeder Zeit mitten in der Natur, umgeben von einer beeindruckenden Tierwelt.

Ein Zweifinger-Faultier ruht auf einem Baum direkt an einer befahrenen Strasse in Richtung Monteverde.

Die Nebelwälder von Monteverde bringen eine unglaubliche Artenvielfalt an Flora und Fauna hervor. Über 500 verschiedene Orchideenarten, 755 Baumarten sowie zahlreiche Frösche, Affen, Tapire, Agutis, Reptilien und Vögel (in ganz Costa Rica gibt es 900 Vogelarten!) wie den Kolibri oder den Tukan sind heimisch. Wer Glück hat, kriegt sogar einen sogenannten «Göttervogel» zu Gesicht. Quetzale sind enorm selten und zeichnen sich durch ihr spezielles Gefieder aus.

In der Region gibt es zahlreiche Natur- und Erlebnisparks sowie biologische Schutzgebiete. Der Treetopia Park wartet mit einer Menge toller Erlebnisse auf. Von schwindelerregenden Hängebrücken im Nebelwald, zu (Velo-)Ziplines in den Baumkronen oder Kletter- und Abenteuerparcours. Auch geführte Touren mit Natur-Erklärungen, Blick auf Pflanzen, Tiere und das Ökosystem des Nebelwalds sind möglich.

Das älteste und zugleich eines der bekanntesten Schutzgebiete ist das «Monteverde Cloud Forest Reserve». Es wurde 1972 gegründet und gilt als Wegbereiter für alle weiteren Reservate der Region. Wie in vielen anderen Parks sollten die Tickets auch hier im Voraus gekauft werden, da sich meist nicht mehr als 300 Personen gleichzeitig in der Anlage aufhalten dürfen. Es lohnt sich, so früh wie möglich vor Ort zu sein, um den Menschenmassen zu entgehen.

Nur eine Person darf auf die schwankende Hängebrücke – eine abenteuerliche Wanderung führt zu den El Tigre-Wasserfällen.

Eine Wanderung, die man sich in Monteverde nicht entgehen lassen sollte, ist der epische Weg zu den El Tigre-Wasserfällen. Der etwa acht Kilometer lange Wanderweg führt tief in den Regenwald hinein und passiert sechs bis acht Wasserfälle, die über ein Netz aus vielen Hängebrücken über Flüsse und durch Schluchten miteinander verbunden sind. Nach fünf Kilometern gibt es die Möglichkeit, das letzte Stück mit einem 4×4-Geländewagen oder einem Pferd zurückzulegen.

Hideaway Hacienda Guachipelín

Am Fusse des Rincón de la Vieja Vulkans liegt das Resort «Hacienda Guachipelín». Auf einem rund 1400 Hektar grossen Privatgrundstück verbindet das «Hideaway» Abenteuer, Natur und Erholung. Die Nähe zum Nationalpark Rincón de la Vieja macht das Resort zu einem idealen Ausgangspunkt für Ausflüge in der Region.

Mitten in Wald liegen die Thermalbäder «Rio Negro» vom Hacienda Guachipelín: eine Oase der Entschleunigung.

Die Anlage bietet knapp 80 bestens ausgestattete Zimmer mit Blick in die Natur und eigenen Hängematten, die dem Ganzen das gewisse Etwas verleihen. Das hauseigene Restaurant kocht leckere traditionelle und internationale Gerichte. Besonders zu empfehlen ist der «Arroz de maíz guanacasteco», ein aus der Region Guanacaste stammender Eintopf mit Mais, Poulet und Kochbananen.

Shuttlebusse transportieren die Gäste zu den verschiedenen Aktivitäten innerhalb des riesigen Resorts. Von River Tubing auf dem Río Negro über Mountainbiking oder Reiten bis hin zu purer Entspannung im Spa oder den heissen Thermalquellen, die durch die vulkanische Aktivität erhitzt werden, Vulkan-Schlammbad inklusive. Im Hacienda Guachipelín sind sowohl Familien als auch Paare oder Abenteuerliebhaber bestens aufgehoben.

Eine Gruppe von Kapuzineraffen nähern sich dem Wanderweg im Rincón de la Vieja Nationalpark.

Der angrenzende Nationalpark Rincón de la Vieja erstreckt sich über 14 Quadratkilometer und ist ein tropischer Trockenwald. Wenn nicht gerade Regenzeit ist, sind die meisten Bäume kahl und die Landschaft karg. Hie und da steigen zwischen den Bäumen die Dämpfe der heissen Quellen und blubbernden Schlammlöcher auf, sogenannter Fumarolen, die bis zu 90 Grad heiss werden können. Ein Wanderweg führt vorbei an den verschiedenen dampfenden Quellen, einem wunderschönen Wasserfall und beeindruckenden Waldabschnitten. In diesem Nationalpark begegnet man immer wieder Bäumen, die so gross sind, dass man die Baumkrone kaum sehen kann.

Es ist nicht unwahrscheinlich, Kapuzineraffen, Spinnenaffen oder Brüllaffen zu begegnen, letzte hört man zumindest, auch wenn man sie nicht immer sieht. Nebst zahlreichen Säugetieren wie Tapiren oder Agutis gibt es auch in diesem Park über 300 Vogelarten zu sichten, verschiedenste Reptilien, Amphibien und andere Kleintiere. Etwa ein Kilometer des Wanderwegs ist barrierefrei angelegt und kann auch mit einem Rollstuhl zurückgelegt werden.

Der schönste Sonnenuntergang des Landes erleben

Nach einem Zwischenstopp im Restaurant Sr. Patacon in Liberia, der Hauptstadt der Region Guanacaste, wo man allerspätestens die köstlichen Patacones (frittierte Kochbananen) probieren muss, lädt die Stadt zu einem Spaziergang durch die Wochenmärkte und Strassen, in denen man das authentische Costa Rica erleben kann. Aufgrund ihrer hellen Kolonialarchitektur wird sie auch «die weisse Stadt» genannt. Liberia ist das Tor zu den schönsten Stränden des Landes. In rund eineinhalb Stunden Autofahrt erreicht man verschiedene Küstenorte.

Hier gibt es die schönsten Sonnenuntergänge des Landes: am Strand von Tamarindo verschwindet die Sonne im Meer.

Tamarindo war einst ein kleines Fischerdorf – heute gehört es zu den beliebtesten Küstenorten des Landes. Es ist ein quirliger Touristenort geworden, mit vielen Surfschulen, Bars und Restaurants sowie einer lebhaften internationalen Szene. Die Strände bieten ganzjährig surfbare Wellen – sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene. Wer surfen erlernen will, ist hier am richtigen Ort. Empfehlenswert ist ausserdem eine Katamaran-Tour, die Gästen die Möglichkeit bietet, abgelegene Strände rund um Tamarindo zu entdecken. Nicht selten begegnet man unterwegs Delfinen oder Meeresschildkröten.

Die Sonnenuntergänge sind in Tamarindo besonders speziell und werden nicht selten als die schönsten des Landes bezeichnet. Da der Ort perfekt westlich ausgerichtet ist, geht die Sonne immer im Meer unter, und nicht selten kommt es zu dramatischen Farbenspielen.

Costa Rica verzaubert – und ist ein Paradies für alle Arten von Reisenden. Das kleine Land zwischen Karibik und Pazifik bietet ganz viele Abenteuer in seinen Regenwäldern, Begegnungen mit einer einzigartigen Tierwelt, kulinarische Highlights und jede Menge Entspannung an traumhaften Stränden. Und nicht zu vergessen: ganz viel Pura Vida-Lebensgefühl. Costa Rica sollte auf jede Bucketlist und ist definitiv eine Reise wert, auch ein zweites oder drittes Mal.

Weitere Informationen für Costa-Rica-Reisende

  • Die costa-ricanische Hauptstadt San José wird ab Zürich dreimal pro Woche – jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag – mit einem Direktflug der Edelweiss bedient. Nach rund 12 Stunden Flugzeit geht es am Montag und Mittwoch in einem Dreiecksflug noch weiter nach Liberia.
  • Die Landeswährung ist der Costa-Rica-Colón (CRC), aber US-Dollar werden in vielen touristischen Gebieten akzeptiert.
  • Das Trinkgeld von 10 Prozent oder mehr, ist oft bereits in der Rechnung enthalten und in jedem Fall zu bezahlen.
  • Costa Rica hat ein tropisches Klima mit einer Regenzeit von Mai bis November und einer Trockenzeit von Dezember bis April. Die Temperaturen variieren je nach Region und Höhenlage.
  • Auf Wetter-Apps sollte man nicht vertrauen und stets auf einen Wetterumschwung vorbereitet sein. Die Einheimischen sagen liebevoll: «Wir haben eine Regensaison und eine regnerische Regensaison».
  • Die Zeit ist im Vergleich zu Mitteleuropa während der Winterzeit -7 Stunden und während der Sommerzeit -8 Stunden.