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Orcas vor Portugal versenken erneut Segelyacht
In diesem Jahr häufen sich vor der Küste Portugals mysteriöse Zwischenfälle mit Orcas. Ein französisches Ehepaar und seine drei Kinder erlebten am Freitagabend ein wahres Drama, die Familie kommt aber mit dem Schrecken davon. Die Familie konnte sich gemäss der Nachrichtenagentur «dpa» in ein Rettungsfloss flüchten und wurde später von einem Fischerboot geborgen.
Die elf Meter lange Jacht «Ti’fare» befand sich 84 Kilometer vor der Küste der Hafenstadt Peniche, als die Orcas das Boot nach Angaben der portugiesischen Marine mehrfach attackierten. Wiederholte Stösse gegen den Rumpf verursachten ein Leck, durch das Wasser eindrang – das Boot sank kurz darauf.
Die Familie hatte ihre Reise am 29. September im französischen Lorient begonnen und befand sich auf dem Weg Richtung Süden. Als die Situation eskalierte, setzten die Eltern per Funk einen Notruf an das Seenotrettungszentrum in Lissabon ab. Kurz darauf stiegen sie mit ihren Kindern in das Rettungsfloss. Ein vorbeifahrendes Fischerboot nahm die Schiffbrüchigen auf, ehe ein Hubschrauber der portugiesischen Luftwaffe sie zur Militärbasis Montijo brachte. Alle blieben unverletzt, wurden aber vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht.
Rätselhaftes Verhalten hochintelligenter Tiere
Der Vorfall ist kein Einzelfall. In diesem Jahr häufen sich vor Portugals Küsten Begegnungen zwischen Segelbooten und Orcas, die häufig mit Beschädigungen enden. Laut der portugiesischen Seeaufsichtsbehörde wurden allein 2025 bereits 61 solcher Zwischenfälle gemeldet. Zuletzt, am 13. September, war eine weitere Jacht vor der Caparica-Küste südlich von Lissabon gesunken.
Wissenschaftler rätseln über das Verhalten der Tiere. Seit dem Jahr 2020 werden in den Gewässern rund um die Iberische Halbinsel vermehrt Fälle registriert, in denen Orcas Boote rammen oder Steuerblätter beschädigen. Dabei handelt es sich meist um eine kleine Population von Iberischen Orcas, die regelmässig zwischen Gibraltar und dem portugiesischen Atlantik migrieren.
Fachleute warnen jedoch vor voreiligen Schlussfolgerungen. «Wir sprechen nicht von Angriffen, sondern von Interaktionen», sagt der portugiesische Meeresbiologe Rui Oliveira vom Institut für Meeresforschung in Lissabon. Es gebe bislang keine Hinweise auf gezielte Aggression. Vielmehr handle es sich um Neugier oder spielerisches Verhalten, möglicherweise ausgelöst durch Umweltveränderungen oder den Rückgang von Beutetieren wie Thunfischen.
Andere Forscher halten es für denkbar, dass einzelne Tiere traumatische Erlebnisse mit Booten gemacht haben – etwa Kollisionen oder Netze –, die sie nun imitativ an ihre Gruppe weitergeben. Orcas sind hochintelligente Tiere mit komplexem Sozialverhalten; bekannt ist, dass sie Verhaltensmuster innerhalb von Familienverbänden erlernen und weitergeben.
Für Segler entlang der portugiesischen Atlantikküste bleibt die Lage angespannt. Der Seglerverband von Cascais rät derzeit, Motoren sofort zu stoppen, sobald Orcas gesichtet werden, und das Ruder nicht aktiv zu bewegen – da sich viele Tiere offenbar gezielt auf das drehende Ruderblatt konzentrieren.