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Sicherheitskräfte in Antananarivo: Madagaskar kommt nach Protesten gegen die Missstände im Land nicht zur Ruhe. Bild: Priori Reisen

Proteste in Madagaskar: Das müssen Reisende wissen

In Madagaskar bleibt die Lage angespannt: Nach zunächst friedlichen Protesten gegen Missstände im Land kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen und Plünderungen. Reisende sind verunsichert. Travelnews beantwortet die sechs wichtigsten Fragen zum Thema.

Wie ist die aktuelle Lage in Madagaskar?

Die friedlichen und unbewaffneten Demonstrationen begannen am 25. September und forderten eigentlich nur Grundrechte der Bevölkerung: Zugang zu Wasser und zu Strom. Diese Demos waren primär getragen von jungen Erwachsenen (Generation Z). Die Behörden und mithin Polizei, Gendarmerie und Militär haben unverhältnismässig stark reagiert: Tränengas, Gummigeschosse und dann reale Geschosse. Es gab gleich am ersten Demonstrationstag Verwundete und Tote. Kurz darauf fanden grossflächige Plünderungen statt, vor allem in der Hauptstadt Antananarivo. Die Anfangsforderungen verlagerten sich schnell auf die grundsätzlichen Probleme Madagaskars: die weitverbreitete Korruption sowie die ungehemmte Bereicherung der Elite. Sie kulminierten in Rücktrittsforderungen gegenüber dem amtierenden Präsidenten Andra Rajoelina. In den Städten herrscht derzeit ein nächtliches Ausgangsverbot. Für heute Montag haben die Gegner des Präsidenten zu einem Generalstreik aufgerufen. Das heisst: Die Situation bleibt sehr angespannt.

Sind noch Schweizer Reisende im Land?

Ja, mehrere Veranstalter schreiben auf Anfrage, es seien noch Schweizerinnen und Schweizer vor Ort. «Es ist Hauptreisezeit», sagt Franz Stadelmann, Gründer und Inhaber von Madagaskar-Spezialist Priori Reisen. «Wir haben bis zur Stunde keine frühzeitigen Abreisen veranlasst. Die Ausschreitungen beschränken sich bislang auf städtische Gebiete. Auf dem Land, also dem Grossteil Madagaskars, ist die Lage ruhig.» In den über 30 Jahren seit der Gründung von Priori Reisen habe es wiederholt ähnliche Situationen gegeben, was gewisse Einschätzungen erleichtere, so Stadelmann. «Dank unserer Ortspräsenz mit bewährtem Team können wir auch schnell und adaptiert reagieren.» Auch von Dertour Suisse sind noch Kundinnen und Kunden auf Madagaskar. «Diese halten sich vorwiegend in den nördlichen Regionen und in Nationalparks oder Insel-Resorts auf. Dort ist die Lage ruhig, weshalb sich die Gäste entschieden haben, ihre Reisen wie geplant fortzuführen», erklärt Stephan Kurmann, Kommunikationschef von Dertour Suisse.

Ist es überhaupt möglich, Reisende ausser Landes zu bringen?

Ja, aber nicht ohne Hindernisse. Der internationale Flughafen von Antananarivo ist die wichtigste Ein- und Ausgangspforte für Fernflüge. Er ist laut Franz Stadelmann von Priori Reisen weiterhin geöffnet. Einzelne Fluggesellschaften, wie etwa Emirates, haben allerdings Flüge storniert. Auch der Flughafen auf Nosy Be ist weiterhin geöffnet. Das Problem seien derzeit weniger die Flughäfen, als die Anreise dorthin», erklärt Madagaskar-Profi Stadelmann.

Was rät das EDA?

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat seine Reisehinweise verschärft. Seit vergangener Woche heisst es auf der EDA-Website: «Von touristischen und anderen nicht dringenden Reisen nach Madagaskar wird abgeraten.» Der Flughafen könne vorübergehend geschlossen werden, und es könne zu Einschränkungen im Reiseverkehr kommen. «Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Zugang zum Internet und zu den sozialen Medien teilweise eingeschränkt ist», so das EDA weiter. Das Aussendepartement empfiehlt, sich vor und während der Reise laufend über die aktuelle Lage zu informieren und sich von einer ortskundigen Vertrauensperson begleiten zu lassen. Abschliessend mahnt das EDA zur höchsten Vorsicht im gesamten Land.

Was empfehlen die Reise-Experten?

Franz Stadelmann sagt am Montagmorgen zu Travelnews: «Von Abreisen nach Madagaskar in den nächsten zwei Wochen würde ich tendenziell abraten.» Probleme seien die Aufrechterhaltung der Fernflüge und die Risiken eines Ausfalls von Binnenflügen. Mittelfristig natürlich auch Nachschubprobleme, insbesondere von Treibstoff. «Mit unseren Kundinnen und Kunden suchen wir nach flexiblen und individuellen Lösungen», betont Stadelmann. Bei Dertour Suisse wurden Abreisen für die kommenden Tage vorsorglich annulliert. «Für spätere Termine beobachten wir die Lage laufend und informieren die Kundinnen und Kunden individuell», sagt Kommunikationschef Stephan Kurmann.

Welche Alternativen kommen in Frage?

«Reisenden, die sich für Natur, Tierwelt und Kultur ähnlich wie in Madagaskar interessieren, empfehlen wir insbesondere Ostafrika – etwa Tansania oder Uganda mit ihren faszinierenden Primaten-Erlebnissen», sagt Petra Buller, CEO von Africa Design Travel. «Diese Destinationen begeistern ebenfalls mit aussergewöhnlichen Naturerlebnissen, bereichernden kulturellen Begegnungen und der Möglichkeit, die Reise mit erholsamen Badeferien zu verbinden.» Stephan Kurmann von Dertour Suisse nennt zudem Malawi als attraktive Alternative: «Ein noch wenig touristisch erschlossenes Land, das mit abwechslungsreichen Landschaften, authentischen Safari-Erlebnissen, lebendigen Dorfeindrücken und entspannter Erholung am Lake Malawi überzeugt.»

(RSU)