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«Mit Waureisen habe ich grosse Pläne»
Marilin LeuthardNachdem Simone Jegge ihre kleine Charly, einen Maltipoo – eine Mischung aus einem Malteser und einem Pudel – bekommen hatte, entwickelte sich langsam die Idee, als Reiseveranstalterin selbständig zu werden. Als sie vergeblich nach Anlaufstellen für Ferien mit Hund gesucht hatte, dachte sie eines Tages: Wenn das niemand anbieten will, dann mache ich das!
Schweizerinnen und Schweizer reisen viel – und auch gerne mit dem Hund. Mit ihrer Startup-Idee konnte Jegge eine Lücke im Markt schliessen, die auf eine grosse Nachfrage stiess. Beim Reisen mit einem oder mehreren Hunden muss an vieles gedacht werden. Jedes Land hat verschiedene Bestimmungen für die Einreise eines Vierbeiners, und genau da setzt der Reiseveranstalter Waureisen an: Was Hundehalter zuvor mühsam selbst organisieren und buchen mussten, übernimmt jetzt Simone Jegge.
Ihrem Job als Sales Managerin bei Hanse Merkur kehrte Jegge im vergangenen Jahr den Rücken und startete am 1. Oktober 2024 in die Selbständigkeit mit Waureisen. Zum einjährigen Jubiläum blickt sie gemeinsam mit Travelnews auf ein bewegtes Jahr zurück – voller Höhen, mit vielen neuen Erkenntnissen und ein paar Herausforderungen.
Simone Jegge, wie war Ihr erstes Jahr in der Selbständigkeit mit Waureisen?
Simone Jegge: Intensiv! Es war geprägt von vielen tollen Momenten, aber auch von neuen, herausfordernden Situationen, die ich so noch nie erlebt habe. Die erste Anlaufstelle für Reisen mit Hund in der Schweiz zu sein bis hin zu Entwickeln der eigenen Buchungsplattform, weil so viele Leute mit ihren Hunden reisen wollen.
Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie in den vergangenen 365 Tagen gesammelt haben ?
Geht man den Schritt in die Selbständigkeit, kann man auf niemanden zurückgreifen, wenn man Fragen hat. Man ist wirklich auf sich allein gestellt und macht alles selbst, trifft Entscheidungen allein und greift dabei auch ab und an daneben. Das erste Jahr hat mir gezeigt, dass ich mit den richtigen Leuten zusammenarbeiten muss. Alles allein zu stemmen, geht nicht. Ich komme aus dem Sales und kannte den Umgang mit einer Buchungsplattform bisher nicht, also musste ich die richtigen Leute ins Boot holen. Die richtigen Leute zu finden, brauchte natürlich einen Moment, aber jetzt bin ich super aufgestellt mit einem Team, das meine Visionen und Träume unterstützt. Das nächste Jahr kann kommen.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie konfrontiert?
Es gab eine Zeit, da funktionierte meine Plattform plötzlich nicht mehr. Das war die erste brenzlige Situation, in der ich dann auf andere Personen angewiesen war. Dann wird einem bewusst, was passiert, wenn mal gar nichts mehr läuft, man lernt aber durch solche Erfahrungen auch viel dazu. Auch hatte ich mir gewünscht, bereits im ersten Jahr mehr Hotels für die Plattform zu gewinnen. Doch schnell wurde mir klar, dass dafür zunächst ein solides Fundament notwendig ist – der Aufbau von Marketing und Plattform sowie die Etablierung der Marke durch Präsenz auf relevanten Events.
«Einen Hund haben, heisst nicht, ihn in den schönen Momenten zu Hause zu lassen.»
Darüber hinaus ist es entscheidend, verschiedene Schnittstellenoptionen anzubieten, um den individuellen Anforderungen der Hotels gerecht zu werden und sie von einer Zusammenarbeit zu überzeugen. Im kommenden Jahr liegt mein Fokus darauf, genau dieses Fundament zu schaffen, um Waureisen im Anschluss gezielt weiterentwickeln und nachhaltig vergrössern zu können.
Wie gestaltete sich der unmittelbare Start von Waureisen?
In meiner allerersten Woche durfte ich bereits 10 Buchungen entgegennehmen, und da dachte ich mir: Wow, was passiert hier! Ich habe nicht erwartet, dass ich in meinem ersten Jahr bereits so viel machen werde. Es kamen von Anfang an viele Anfragen.
Welche Angebote waren besonders beliebt im vergangenen Jahr?
Besonders beliebt waren, wie erwartet, Italien, da es mit dem Auto leicht erreichbar ist, Südfrankreich mit seinen weitläufigen Hundestränden sowie Österreich für alle, die mit ihrem Vierbeiner wandern gehen möchten. Für Reisen mit der Bahn hatte ich tatsächlich nicht sehr viele Anfragen. Zu meiner Überraschung war hingegen die Nachfrage bei Flugreisen mit Hunden enorm. Viele Hundebesitzer haben Angst davor, mit ihrem Hund zu fliegen, insbesondere wenn das Tier aufgrund seiner Grösse in den Frachtraum muss. Diesen Reisenden möchte ich eine Anlaufstelle sein, damit sie ihre Angst verlieren.
Ist diese Angst berechtigt?
Mit guter Aufklärung und Vorbereitung ist eine Reise in einem Flugzeug auch für einen Hund kein Problem. Meiner Meinung nach gibt es aber auch Grenzen. Wichtig ist das Tierwohl: Wer bloss für einige Tage nach New York reist, dem würde ich raten, den Hund lieber zu Hause zu lassen und ihn nicht diesem Reisestress auszusetzen. Hinzu kommen einige Risiken, deren man sich bewusst sein muss. Verpasst man nämlich sein Flugzeug, fliegt der Hund im Frachtraum trotzdem mit. Zudem müssen die Tiere diese Ausnahmesituation zuvor üben, um nicht negativ geprägt zu werden. Grundsätzlich will ich aber meinen Kundinnen und Kunden vermitteln: Einen Hund haben, heisst nicht, ihn in den schönen Momenten zu Hause zu lassen.
«Ich bin ein grosser Fan von Spanien und Südfrankreich geworden.»
Zu Beginn konzentrierte ich mich vor allem auf die angrenzenden Länder, merkte aber schnell, dass ich mein Angebot ausweiten muss. Viele Reisende wollten mit ihren Vierbeinern in die Niederlande – meiner Meinung nach eines der hundefreundlichsten Länder in Europa. Dort dürfen Hunde mittlerweile sogar in gewisse Museen. So fing ich an, mich langsam in den Norden hochzuarbeiten und mein Angebot anzupassen. Ich bearbeite aber durchaus auch exotische Anfragen in ferne Länder wie beispielsweise Thailand. Dann setze ich mich individuell mit dem Tieramt in Verbindung und informiere mich über die Einreisebestimmungen vor Ort. Ebenfalls sehr beliebt waren meine beiden Camper, die ich für Rundreisen vermiete.
Was macht eine hundefreundliche Unterkunft aus?
«Hundefreundlich» finde ich ein schwieriges Wort, da es für jeden Hundebesitzer etwas anderes bedeutet. Für mich steht in einer hundefreundlichen Unterkunft ein Futternapf zur Verfügung und vielleicht ein eingezäunter Aussenbereich, für andere bedeutet es bloss, dass der Hund mit dabei sein kann. Besonders beliebt sind bei meinen Kundinnen und Kunden ein eingezäunter Garten und ein eigenes Haus fernab, am besten noch feuerwerksfrei. Das ist sicherlich der Klassiker.
Welche Reiseziele sind Ihre persönlichen Favoriten?
Ich bin ein grosser Fan von Spanien und Südfrankreich geworden. Der eigene Hund ist in jedem Restaurant willkommen und erhält immer einen Napf, ohne dass man fragen muss. Der Hund ist ein gern gesehener Gast und das vereinfacht das Reisen wesentlich. Zudem bieten beide Destinationen wunderschöne Hundestrände, wo man den Hund von der Leine lassen kann. In Sachen Preis-Leistungs-Verhältnis ist Spanien wirklich ein Muss. Wenn wir von einer hundefreundlichen Unterkunft in der Nähe sprechen, gehören die Ferienwohnungen Immerschön im Allgäu zu meinen grossen Favoriten. Sie liegen in einer wahnsinnig schönen Gegend und die Betreiberin weiss genau, was das Herz von Hundehaltern und Hundehalterinnen begehrt.
«Momentan führe ich auf meiner Webseite 15’000 Unterkünfte wie Ferienhäuser, Hotels, Villen, Wohnungen oder Bungalows.»
Gibt es auch Tücken beim Reisen mit Hund?
Ja, von denen gibt es eine ganze Menge. Beispielsweise erlaubt Italien neu das Mitfliegen und Einreisen von Hunden in der Kabine, der Flughafen Zürich hingegen erlaubt es nicht, Tiere in die Kabine mitzunehmen. Reist man nach Grossbritannien, dürfen Hunde auf dem Seeweg einreisen, nicht aber mit dem Flugzeug. Jedes Land hat seine eigenen Gepflogenheiten diesbezüglich. Dass immer mehr Menschen mit ihren Hunden fliegen, ist ein klarer Trend. Es gibt mittlerweile auch Airlines, die sich darauf spezialisiert haben. Waureisen arbeitet mit einer Airline zusammen, welche ab Zürich und Belp fliegt und auch Hunde über 8 Kilogramm in der Kabine erlaubt.
Jetzt ist das erste Jahr geschafft. Werden Sie bald ein Reisebüro in Zürich eröffnen?
Nein, ich eröffne vorerst kein Reisebüro. Ich bin komplett digital unterwegs und möchte das auch weiterhin so beibehalten. Es lohnt sich momentan nicht, da ich aus der ganzen Schweiz Anfragen erhalte und nicht nur aus dem Grossraum Zürich. Wenn mich jemand persönlich sehen will, kann man das natürlich organisieren. Wenn Waureisen aber weiterhin wächst, dann schliesse ich auch ein Büro irgendwann nicht aus.
Was ist Ihr langfristiges Ziel?
Mit Waureisen habe ich grosse Pläne. Momentan führe ich auf meiner Webseite 15’000 Unterkünfte wie Ferienhäuser, Villen, Wohnungen oder Bungalows. Mein nächstes Ziel ist es, mehr Hotels in meinem Portfolio anzubieten. Davon sollen im kommenden Jahr einige neue hinzukommen. Zudem möchte ich in den kommenden Jahren meinen Kundinnen und Kunden nicht nur Unterkünfte, sondern auch allfällige Fähr- oder Flugtickets sowie weitere Services anbieten können. In Zukunft wünsche ich mir, dass meine Marke in der Reisebranche etabliert ist – auch über die Landesgrenzen hinaus. Langfristig soll Waureisen europaweit zu einer der ersten Anlaufstellen für Reisen mit Hund werden.