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Sind seit vielen Jahren privat und beruflich eng mit den USA verbunden: Robin Engel (links) und Michael Bötschi, die Gründer und Inhaber von Nordamerika-Spezialist Go2Travel. Bild: zVg

«Wir wussten, dass damit ein gewisses Klumpenrisiko verbunden ist»

Reto Suter

Seit Donald Trumps Rückkehr ins Weisse Haus bröckelt die Reiselust der Schweizerinnen und Schweizer in Richtung USA. Robin Engel und Michael Bötschi, Gründer von Nordamerika-Spezialist Go2Travel, erzählen im Travelnews-Interview, wie sie mit der Flaute umgehen und warum sie dennoch an die USA glauben.

Seit Donald Trump wieder im Weissen Haus sitzt, sinkt die Lust der Schweizerinnen und Schweizer auf USA-Ferien merklich. Im ersten Halbjahr 2025 zählten die US-Behörden 169'403 Einreisen aus der Schweiz – ein Minus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Für die bevorstehende Buchungssaison 2026 ist das ein schlechtes Omen. Dazu kommt die ab Ende September 2025 kräftige Erhöhung der ESTA-Gebühren – ein weiterer Dämpfer rund um USA-Reisen.

Besonders spüren das Robin Engel und Michael Bötschi. Die beiden Nordamerika-Profis haben vor vier Jahren ihren Reiseveranstalter Go2Travel gegründet. Nach starken ersten Jahren kämpfen sie nun wie alle anderen USA-Anbieter mit der Trump-Flaute.

Im Gespräch mit Travelnews erzählen Engel und Bötschi, wie sie trotz Gegenwind optimistisch bleiben, welche Ideen sie haben, um die USA wieder attraktiver zu machen und inwiefern Kanada vom aktuellen Trend profitiert.

Wie läuft das Geschäft mit USA-Reisen bei Go2Travel derzeit?

Robin Engel: Man muss unterscheiden. Für 2025 ist der Markt im Wesentlichen gemacht – die meisten Buchungen sind bereits im vergangenen Jahr erfolgt. Viel Bewegung gibt es da nicht mehr. Das Jahr lief für uns in Bezug auf die USA zwar nicht überragend, aber auch keineswegs katastrophal. Spannend wird es für 2026: In den kommenden Wochen entscheidet sich, in welche Richtung es geht. Momentan sind die Vorzeichen allerdings wenig ermutigend. Je nach Segment und Region gibt es Unterschiede, insgesamt aber ist das Bild für uns als Schweizer Veranstalter eher trüb.

Michael Bötschi: Bei USA-Reisen sind die Bücher im August hinsichtlich des Folgejahres traditionell noch dünn gefüllt, ganz im Gegensatz zu Kanada, wo früher gebucht wird. Deshalb lassen die aktuellen Zahlen für 2026 noch keine klaren Rückschlüsse zu. Auffällig ist jedoch: Dieses Jahr fehlen uns die Buchungen, die in der Vergangenheit jeweils zwischen April und Juni eingetroffen sind.

Gab es einen konkreten Auslöser für den Rückgang?

Michael Bötschi: Wenn ich einen Zeitpunkt nennen müsste, dann Ende Februar: Als der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj im Weissen Haus war und es zum offenen Schlagabtausch mit US-Präsident Donald Trump und Vizepräsident J.D. Vance kam, spürten wir daraufhin einen Knick in der Nachfrage.

Was hat der Zollhammer im Sommer ausgelöst?

Michael Bötschi: Dieser Handelsstreit hat die Situation zusätzlich verschärft. Viele Schweizerinnen und Schweizer empfinden das als persönlichen Angriff von Präsident Donald Trump – und das ist nochmals eine andere Dimension als seine Eskapaden im eigenen Land oder gegenüber anderen Staaten.

«Was derzeit im Angebot ist, sind echte Schnäppchen»

Bedeutet das: Die Politik Trumps ist der Hauptgrund für die Zurückhaltung? Oder spielen auch die hohen Preise in den USA eine Rolle?

Robin Engel: Die Preise helfen sicher nicht. Die USA sind seit Jahren ein teures Reiseland, gerade im Vergleich zu Asien. Aber man darf nicht vergessen: Der Wechselkurs ist momentan extrem günstig. Der Dollar war seit Langem nicht mehr so schwach gegenüber dem Franken – das federt die hohen Kosten vor Ort spürbar ab.

Das heisst, es gibt trotz allem Argumente für eine Reise in die USA?

Robin Engel: Absolut. Vor allem bei den Flügen: Was derzeit im Angebot ist, sind echte Schnäppchen. Eine Familie mit vier Personen kann heute für rund 1600 Franken an die US-Westküste fliegen. Vor anderthalb Jahren hat dieser Preis kaum für ein einziges Ticket gereicht. Wer das durchrechnet, merkt schnell: Die USA sind trotz aller Widrigkeiten nach wie vor attraktiv – und das ist unsere Hoffnung für die kommenden Monate.

Sehen Sie Parallelen zu früheren Zeiten?

Michael Bötschi: Ja, absolut. Es erinnert mich an die Ära von George W. Bush. Auch er war in der Schweiz wenig beliebt, viele sagten damals: «In die USA reise ich sicher nicht, solange der im Amt ist.» Die Folge: Die Flugpreise sanken deutlich – und irgendwann machten sich viele Schweizerinnen und Schweizer doch wieder auf den Weg über den Atlantik. So könnte es auch diesmal laufen, auch wenn Trump weiterhin im Weissen Haus sitzt.

Ihr Geschäft wird damit stark von Donald Trump beeinflusst. Wie frustrierend ist es, so abhängig von politischen Faktoren zu sein?

Michael Bötschi: Von Frust würde ich nicht sprechen. Im Gegenteil: Wir investieren in unser Unternehmen enorm viel Herzblut und haben uns bewusst für Nordamerika entschieden – trotz schmalerer Margen als in anderen Regionen. Wir wussten, dass damit ein gewisses Klumpenrisiko verbunden ist. Aber wir machen es aus Leidenschaft. Jetzt gilt es, das Beste aus der Situation herauszuholen.

Haben Sie den Einfluss von Trumps Wahl auf das Geschäft unterschätzt?

Robin Engel: Nein, auf keinen Fall. Er war schon einmal Präsident, wir wussten also, was auf uns zukommen könnte. Überraschend war höchstens, wie deutlich er gewählt wurde. Was dann folgte, konnte niemand exakt voraussehen. Hätte er die Schweiz als Partnerin hervorgehoben, wäre der Effekt für unser Geschäft ein ganz anderer gewesen. Stattdessen kam der Zollhammer – und das spüren wir nun direkt.

Ein Bild aus diesem Frühling: Robin Engel (links) und Michael Bötschi an der IPW, der wichtigsten internationalen Tourismusmesse der USA. Bild: zVg

Immer wieder ist von strengeren Kontrollen bei der US-Einreise oder von häufiger abgelehnten ESTA-Anträgen die Rede. Spüren Sie das auch?

Michael Bötschi: Überhaupt nicht. Natürlich gibt es Fälle, in denen ein ESTA abgelehnt oder Reisende an der Grenze zurückgewiesen werden – aber das war schon immer so. Von einer generellen Verschärfung kann keine Rede sein. Robin und ich sind beide mehrmals pro Jahr in den USA, und ehrlich gesagt: Noch nie war die Einreise so unkompliziert wie bei unserem letzten Besuch. Viele dieser Geschichten geistern durch die Medien, lassen sich aber mit unseren Erfahrungen Null Komma Null bestätigen.

Gab es bei Go2Travel konkrete Probleme mit ESTA-Anträgen?

Robin Engel: Nur einen einzigen Fall – und da lag es schlicht daran, dass der Antrag falsch ausgefüllt war. Im zweiten Anlauf klappte alles problemlos. Abgesehen davon gab es keinerlei Schwierigkeiten.

Wenn die USA schwächeln: Profitiert Kanada?

Michael Bötschi: Definitiv. Kanada hat in den vergangenen Jahren stark aufgeholt und läuft für das kommende Jahr bereits jetzt sehr gut. Die Touristiker dort haben die Situation clever genutzt und mit gezielten Aktionen nachgelegt – etwa Gratis-Eintritten in die Nationalparks. Viele Nordamerika-Fans, die sich wegen Trump von den USA abwenden, weichen auf Kanada aus.

Welche Regionen in Kanada stehen derzeit besonders hoch im Kurs?

Robin Engel: Westkanada ist seit Jahren ein Klassiker. Für Atlantik-Kanada gab es dieses Jahr einen Schub durch den neuen Edelweiss-Direktflug ab Zürich nach Halifax. Die kurze Reisedauer macht Nova Scotia sehr attraktiv – in etwa sieben Stunden ist man dort, zurück sind es rund sechs. Das liegt auf dem Niveau von Dubai. Spannend ist auch die Kombination mit Toronto, das von der Schweiz aus sehr gut angebunden ist.

«Sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen, wäre der falsche Ansatz»

Wie verteilt sich aktuell Ihr Umsatz zwischen den USA und Kanada?

Michael Bötschi: Das schwankt. Als wir starteten, machten die USA etwa drei Viertel des Umsatzes aus. In den letzten Jahren haben wir gezielt mehr in Kanada investiert. Heute liegen wir bei rund 60 Prozent USA und 40 Prozent Kanada – Tendenz Richtung Ausgleich.

Robin Engel: Dass Kanada die USA komplett überholt, glaube ich trotz allem nicht. Denn die Reisezeiten sind bedeutend kürzer – im Wesentlichen Juni bis September – und die Kapazitäten bei Hotels, Mietwagen oder Wohnmobilen limitiert. Aber ein Verhältnis von 50:50 ist durchaus realistisch.

Sind Sie sich einig, welches Land jeweils mehr Marketing-Power bekommt?

Michael Bötschi: (lacht) Privat verstehen wir uns bestens – aber über diese Frage diskutieren wir fast täglich. Oft sind wir unterschiedlicher Meinung, finden am Ende aber immer zusammen. Denn die Vision ist dieselbe, nur die Wege dahin sind manchmal verschieden.

Wie wollen Sie die USA in der aktuellen Situation dennoch attraktiv machen?

Robin Engel: Sich ins Schneckenhaus zurückzuziehen, wäre der falsche Ansatz. Wir setzen bewusst auf die positiven Erlebnisse und möchten zeigen, was die USA an Natur, Kultur und Vielfalt zu bieten haben. Positive Mund-zu-Mund-Propaganda kann hier viel bewegen.

Michael Bötschi: Wichtig ist, die «richtigen» Leute anzusprechen. Wer grundsätzlich nicht in die USA reisen möchte, wird schwer zu überzeugen sein. Aber wir können Bilder wecken: weniger Trump, dafür mehr Grand Canyon, New-York-Vibes und Westküsten-Roadtrips. Zudem sind die Flugpreise derzeit historisch tief, und der Wechselkurs spielt den Reisenden in die Karten. Natürlich ist es mühsam, ständig gegen die negativen Schlagzeilen anzureden – würden andere Länder, in denen politisch auch vieles im Argen liegt, ähnlich kritisch betrachtet, wäre es für uns sicherlich einfacher. Hier wird leider nicht immer mit gleichen Ellen gemessen.