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Um auf geopolitische Unsicherheiten vorbereitet zu sein, setzt Schweiz Tourismus auf Diversifikation: Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus. Bild: TN

Das sagt Martin Nydegger zum US-Zollhammer

Der Chef von Schweiz Tourismus rechnet wegen den hohen US-Zöllen mit spürbaren Auswirkungen frühestens auf die Herbst- und Wintersaison und dann vor allem ab 2026. Gleichzeitig rücken neue Zielgruppen in den Fokus.

Die angekündigten US-Zölle auf europäische Produkte in Höhe von 15 Prozent – und gar 39 Prozent auf Schweizer Waren und Dienstleistungen – werfen auch im Schweizer Tourismus Fragen auf. Zwar ist die Hotellerie von den Massnahmen nicht direkt betroffen, doch die indirekten Effekte auf das Reiseverhalten, insbesondere amerikanischer Gäste, könnten langfristig spürbar werden. Schweiz-Tourismus-Direktor Martin Nydegger ordnet die Situation im Interview mit der «Hotelrevue» ein – und zeigt auf, wie sich seine Organisation darauf vorbereitet.

Nydegger betont, dass kurzfristig keine grösseren Auswirkungen zu erwarten seien: «Was wir bereits bei Trumps erster Zollankündigung gemeinsam mit Touristikerinnen und Touristikern eingeschätzt hatten, gilt noch immer: Die aktuellen Sommerferien sind gebucht oder die Gäste bereits unterwegs.» Erst im Verlauf der kommenden Winter- oder gar Sommersaison 2026 könnte sich die neue Zollpolitik auf das Buchungsverhalten amerikanischer Gäste auswirken.

Vor allem bei Reisenden mit kleinerem Budget rechnet Nydegger mit Zurückhaltung: «Sollte sich das Verhalten amerikanischer Gäste ändern, dann aus wirtschaftlichen Gründen wie einer sinkenden Kaufkraft oder Börsenturbulenzen – nicht aus Imagegründen.»

US-Markt bleibt robust – vorerst

Trotz der angespannten geopolitischen Lage zeigt sich der US-Markt derzeit erstaunlich stabil: «Bis Mai lagen die Logiernächte aus den USA fast 10 Prozent über dem Vorjahr – das zeigt, wie krisenresistent unsere Schweiz-affinen Zielgruppen sind.» Der starke Franken schrecke US-Gäste nicht grundsätzlich ab, da dieser Faktor seit Jahren konstant bleibe.

Gleichzeitig warnt Nydegger vor zu viel Optimismus: «Die Zeichen stehen zwar noch auf Wachstum, aber spätestens 2026 müssen wir uns auf eine mögliche Abschwächung einstellen.»

Von einer Imagekrise durch die US-Zölle will Nydegger nicht sprechen: «Amerikanische Gäste reisen nicht weniger in die Schweiz, weil sich das politische Klima verändert – sondern wenn sie es sich finanziell nicht mehr leisten können.» Vielmehr könne sich der Imageverlust in umgekehrter Richtung zeigen: «Schweizer Gäste überlegen sich vielleicht, ob sie jetzt noch in die USA reisen wollen – oder lieber andere Fernziele ansteuern.»

Mehr Gäste aus Asien und Arabien

Um auf geopolitische Unsicherheiten vorbereitet zu sein, setzt Schweiz Tourismus auf Diversifikation: «Unser grösstes Kapital ist der breit abgestützte Märktemix», so Nydegger. «Wir legen unsere Eier bewusst in verschiedene Körbe – von den USA über Europa bis Asien und den arabischen Raum. Dieses Netzwerk ist in Krisenzeiten besonders wertvoll.»

Dank Niederlassungen in über einem Dutzend Ländern stehe man im engen Austausch mit Reiseveranstaltern und könne Trends frühzeitig erkennen. Das ermögliche eine flexible und marktspezifische Kommunikation, etwa bei Kampagnen oder der Lancierung neuer Angebote.

Neben potenziellen Risiken sieht Nydegger auch neue Chancen: «Unsere Büros in Asien-Pazifik und im arabischen Raum berichten bereits von einem Rückgang der USA-Reisen.» Reisende aus diesen Regionen suchten vermehrt nach alternativen Fernreisezielen – und hier könne die Schweiz als sicheres, naturnahes Premiumziel profitieren.

(TN)