Here & There
Besuch auf Terceira, der atlantischen Perle
Gregor WaserKurz nach der Landung auf Terceira, 1565 Kilometer westlich von Lissabon mitten im Atlantik, senkt sich der Puls. Auf der zweitgrössten Azoreninsel ist Beschaulichkeit und Gelassenheit angesagt. Die 56'000 Einwohnerinnen und Einwohner gehen hier einem friedlichen, fast abgeschotteten Leben und einigen alten Traditionen nach.
Abends auf der Praça Velha, dem Hauptplatz von Angra do Heroísmo ist es mit der Ruhe aber vorbei. Rund um den 24. Juni findet während neun Tagen das Sanjoaninas, das Johanisfest statt mit musikalischen Darbietungen, traditionellen Tänzen, Kinderhüpfburgen und vielen Pop-up-Restaurants, Tascas hier genannt.
Für die kleine Gruppe mit Schweizer Journalisten und Reisebüroprofis erfolgt der Edelweiss-Erstflug von Zürich nach Terceira und der Besuch der Inselhauptstadt somit zum idealen Zeitpunkt, um einen lebhaften Eindruck zu gewinnen.
Perfekter Azoren-Einstieg
Seit 1983 Unesco-Weltkulturerbe, ist Angra do Heroísmo die historische Perle der Azoren. Tourguide Mário Jorge Borges Cardoso da Rosa und Sandra Lorenz, zuständig für die Schweiz bei Portugal Tourismus, vermitteln beim Stadtrundgang den maritimen Charme und erläutern die koloniale Architektur – Angra wurde nach einem Grossbrand im Jahr 1980 originalgetreu wieder aufgebaut.
In der Bäckerei O Forno gibt's das typische «Dona Amélia»-Gebäck zum Probieren. Wir stoppen beim Gewürzladen Basilio Simoes Irmao. Pedro Simoes erzählt von der langen Geschichte des Familienunternehmens und zeigt ein Bild des Papstbesuches aus dem Jahr 1991, als Johannnes Paul II. hier war und seinen Sohn segnete.
Wir schlendern durch die Rua Direita auf die Praça Velha, wo sich Musikanten einspielen für den abendlichen Auftritt am Sanjoaninas. Nur wenige Touristen sind auszumachen. Das Städtchen, wo über die Hälfte der Inselbevölkerung lebt, strahlt Ruhe aus. Für Balearen- oder Kanaren-Touristen ist das wohl zu ruhig hier, wer gerne staunt, in die Geschichte eintaucht, mal friedlich durch den Botanischen Garten wandeln will, ist Terceira ideal, um runterzufahren.
Die Restaurants sind nicht von Touristen dominiert, hier speisen mehrheitlich Einheimische, so unser Eindruck; und die wissen, wieso. Unsere fünf Restaurant-Stopps sind allesamt eine Wucht – vor allem für Fleisch-, Fisch- und Meeresfrüchte-Liebhaber. Unser Tipp: der Thunfisch in der Tasca das Tias in Angra, die Fleischgerichte im Restaurant Caneta in Altares oder die Fischgerichte im O Pescador in Praia da Vitoria. Alleine das Essen ist eine Terceira-Reise wert.
Abwechslungsreicher Inselrundgang
30 Kilometer lang, 18 Kilometer breit: Terceira ist kleiner als der Kanton Obwalden und in einem Tag mit dem Mietwagen umrundet. Wir nehmen es lockerer und nehmen uns zunächst die westliche Inselhälfte vor.
Mario Borges hat viel zu erzählen, im 20- oder 30-Minuten-Takt stoppen wir: bei den Fischern von San Mateus, die gerade ihre Netze flicken. Bald kommen wir in einen Stau à la Terceira: es sind nicht zu viele Autos, die die Strasse blockieren – eine Herde Kühe wird gerade über die Strasse ins nächste Feld geführt. Genügend Zeit, die Insel zu betrachten. Vom Inselinnern fallen die von Vulkansteinen eingezäunten gründen Weiden sachte Richtung Meer, wo sich skurrile Buchten und Steinformationen bilden.
Bald stoppen wir an einem der zahlreichen Badestopps an der vulkanischen Küste. Umziehkabinen und Toiletten sind gratis, die Badespots werden von Lifeguards im Auge behalten. Für Mutige locken Sprünge von fünf Meter hohen Gesteinsformationen. Wenig später stehen wir im Degustationsshop eines Käseproduzenten, probieren den traditionellen Queijo Vaquinha und greifen gleich nochmals zu, so zart ist dieser.
Rauchzeichen und Höhlengänge
Anderntags nehmen wir uns den Norden und Osten der Insel vor. Ein Highlight ist Biscoitos: erst staunen wir über die Zona Balnear dos Biscoitos, ein ebenfalls in einer Vulkanlandschaft gebautes Bad mit vielen Einstiegen, Liegeplätzen und Pools. Im gleichen Ort besuchen wir den Weinproduzenten Materramenta, der eine traditionelle Anbauweise im Schutz von Vulkansteinen pflegt.
Bald steigt Rauch auf, es riecht nach Schwefel: wir stehen in den Furnas do Enxofre. Wir begehen den Rundweg zu den dampfenden Fumarolen, ein regionales Naturdenkmal.
Zurück im Bus tauchen wir bald in Nebel ein. Das Wetter wechselt auf Terceira sehr schnell. Tourguide Mario macht uns Mut, «in zehn Minuten ist der Sommer zurück». In der Tat öffnet sich der Himmel von Neuem, wir klettern zunächst aber mal in den Untergrund, in die Vulkanhöhle Algar do Carvão. Hier war die Lava vor 1700 bis 2100 Jahren noch aktiv, für Hobbygeologen ist dieser Besuch ein Must – um sich vor den spitzigen Stalaktiten zu schützen, erhalten wir Helme.
Im Stundentakt erleben wir neue Highlights: bald stehen wir auf dem Miradouro da Serra do Cume, dem schönsten Aussichtspunkt der Insel. Es zieht gerade wieder Nebel auf, der Wind pfeift um die Ohren, der Ausblick ist dennoch sehr eindrücklich über den grünen Flickenteppich von Feldern runter zum Meer.
Für Naturliebhaber – ohne Stress
Zurück im Minibus plaudern wir über die frischen Eindrücke. Marcel Rancetti von Mawi Reisen sagt: «Mir gefällt Terceira sehr gut, die Insel ist grün und abwechslungsreich. Gerade Wanderer kommen hier voll auf ihre Rechnung, Berge und Meer liegen beeinander, viele Blumen prägen die Insel.» Auf die schnellen Wetterwechsel müsse man aber vorbereitet sein.
Carmine Bernardo ist der Azoren-Kenner von Globetrotter Travel Service und hat den Archipel schon oft besucht. Terceira sei ähnlich wie São Miguel, einfach kleiner und verfüge über eine geringere Anzahl Hotels. «Wer hier einige Tage oder eine Woche in der Natur verbringen und die Insel mit dem Mietwagen erkunden will, erlebt viel.» Mit Musse geniessen, ohne Stress, lautet seine Devise für Terceira.
Dem können wir uns anschliessen. Ein Terceira-Besuch ist sehr vielseitig und abwechslungsreich. Und die Insel und die netten Leute hier strahlen eine grosse Ruhe aus, aktives Relaxen ist angesagt oder eine Insel-Entdeckung auf einer der zwölf ausgeschriebenen Wanderrouten; und ebenso zu empfehlen: Whale Watching.
Bis am 10. September fliegt Edelweiss jeden Mittwoch nach Terceira, kombinierbar mit dem Freitagsflug nach Ponta Delgada, dem Hauptort auf der Nachbarsinsel São Miguel.