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Das Hotel Grawand im Südtirol liegt auf 3212 Metern. Höher kann man in Europa nicht schlafen. Bild: grawand.com

Rekord-Unterkünfte: das tiefste und höchste Hotel

Christian Haas

Das eine liegt 419 Meter unter, das andere 3212 Meter über der Erde. Damit halten das Deep Sleep Hotel in Wales und das Glacier Hotel Grawand in Südtirol den Rekord als Europas tiefst- respektive höchstgelegenes Hotel. Was können Gäste dort erwarten?

Richtig tief schlafen, davon träumen viele. Im Deep Sleep Hotel im britischen Wales wird genau das garantiert! Schliesslich liegt die 2023 eröffnete Unterkunft 419 Meter unter der Erde – neuer Rekord als tiefstgelegenes Hotel Europas, gar der Welt. Wobei man sich dabei kein normales Hotel, auch nicht eine allzu komfortable Bleibe vorstellen darf, eher eine Art Abenteuerhüttendorf fernab des Tageslichts.

Allein die Anreise verlangt den bis zu zehn Übernachtungsgästen einiges ab, ist die in der jahrhundertealten, aber längst stillgelegten Cwmorthin-Schiefermine im Snowdonia-Nationalpark befindliche Unterkunft nur nach einer rund 45-minütigen Wanderung über viele Treppen und Schächte zu erreichen. Zum Teil geht es recht steil bergab. Eine gewisse Kondition, einen guten Gesundheitszustand sowie ein Mindestalter von 14 Jahren vorausgesetzt, können Mutige das Angebot von Go Below Underground Adventures rund ums Jahr ausprobieren. Temperaturtechnisch spielt die Jahreszeit ohnehin keine Rolle, herrschen doch das ganze Jahr über konstante Höhlentemperaturen von rund acht Grad.

Die vier kleinen, mit Lichterketten geschmückten Holzhütten im Deep Sleep Hotel 419 Meter unter der Erde. Bild: go-below

Konstant ist auch der Programmablauf. Einmal pro Woche, am Samstagnachmittag, macht sich die Gruppe unter Anleitung eines Guides auf den Weg. Am Ziel erwarten sie in einer Art Höhlenraum vier kleine, mit Lichterketten geschmückte Holzhütten samt frisch bezogenen Betten (samt Matratzen) und hübscher Deko sowie den in Stein gehauenen und nochmal 200 Pfund teureren «Grotto Room». Der punktet mit Doppel- statt Einzelbetten und einem höheren Romantikfaktor.

Blick in den Grotto Room des Deep Sleep Hotels. Bild: go-below

Doch allzu viel Privatsphäre sollte man ebenso wenig erwarten wie fliessend Wasser und einen hohen Sanitärstandard – konkret: es gibt nur eine Komposttoilette –, passiert doch fast alles in der Gruppe. Das gilt insbesondere für das Frühstück und Abendessen, das an Picknicktischen serviert wird. Aber nicht zu ausufernd, steht doch das (Tief-)Schlafen im Vordergrund, wahlweise ein anschliessender Höhlentrek.

Gut zu wissen: Selbst wenn Handyempfang herrscht, bleiben der Ausgang und mit ihm Tageslicht weit entfernt. Es gibt keine Abkürzung, keine Notfalltür, keine Exitstrategie. Diese Aussicht mag manche zur sofortigen Buchung dieses Once-in-a-lifetime-Erlebnisses bewegen, klaustrophobisch Veranlagten liefert es wohl eher Stoff für Albträume.

Eine Nacht auf 3212 Metern

Tageslicht und Aussicht, davon gibt es im Glacier Hotel Grawand, hoch über dem Südtiroler Ort Kurzras gelegen, mehr als genug. Zimmer, Restaurant und Sonnenterrasse versprechen einen traumhaften Blick auf die Ötztaler Alpen und 126 Dreitausender.

Ebenfalls garantiert ist eine recht dünne Luft. Asthmatiker und Personen mit Atemwegserkrankungen sollten vorab ihren Arzt kontaktieren oder sich zumindest die Nächte davor auf einer Höhe über 1000 bis 1500 Metern akklimatisieren, befindet sich das Hotel doch 3212 Meter über dem Meeresspiegel. Höher kann man in Europa nicht schlafen, mal abgesehen vom eher hüttenartigen Hotel Leaprus, das im russischen Nordkaukasus auf 3912 Metern liegt, sowie einigen unbewirteten Biwakschachteln, Privatunterkünften und Selbstversorgerhütten wie der auf 4554 Meter Höhe gelegenen Margherita Hütte im Monte-Rosa-Massiv abgesehen.

Damit verglichen geht es im mit drei Sternen ausgezeichneten Glacier Hotel Grawand sehr komfortabel zu. Hier muss man weder Alpinist noch Extrembergsteiger sein, um sich wohlzufühlen. Die Anreise mit der 1975 in Betrieb gegangenen Schnalstaler Gletscherbahn ist maximal einfach, liegt doch die Unterkunft unmittelbar an der Bergstation. Unmittelbar vor der Hoteltür breitet sich das 27 Kilometer umfassende Skigebiet Alpin Arena Schnals aus.

Als Hotelgast ist man da morgens garantiert der Erste auf der frisch präparierten Piste, spätnachmittags womöglich der Letzte. Und dann wartet da auf Hotelgäste schon der Wellnessbereich samt Sauna, Dampfbad und Infrarotkabine, bevor sie am Abend im Panoramarestaurant kulinarisch verwöhnt werden. Das Motto: Mehrgangmenüs mit Bedienung statt Dinnerbox am Picknicktisch. Der Abenteuerfaktor gestaltet sich freilich nicht so hoch wie beim Deep Sleep Hotel …

Puls bekommen Feriengäste höchstens im Freien, etwa wenn sie sich auf Skitour begeben. Oder zumindest die nahe Stahltreppe benutzen, um auf den 3251 Meter hohen Iceman Ötzi Peak mit dem modernen Ötzi-Denkmal zu gelangen.

Von dort blicken sie auf das Schneefeld des Similaun, wo 1991 die steinzeitliche Gletschermumie Ötzi gefunden wurde, die mehr als 5000 Jahre lang im Eis ruhte.

Apropos ruhen: Im Sommer ruht der Hotelbetrieb, dann können Bergwanderer hier oben lediglich essen und trinken und müssen um halb fünf wieder ins Tal gondeln. Von Mitte September bis Anfang Mai hingegen lässt es sich am eigenen Leib ausprobieren, wie es sich anfühlt, (sich nach) ganz oben geschlafen zu haben …

Weitere Informationen:

  • Deep Sleep Hotel, Tanygrisiau, Blaenau Ffestiniog LL41 3TW, Vereinigtes Königreich, ab 375 Pfund für zwei Personen, rund ums Jahr geöffnet, ask@go-below.co.uk, www.go-below.co.uk/deep-sleep.asp
  • Glacier Hotel Grawand, Kurzras/Italien, DZ/HP ab 200 Euro für zwei Personen, Mitte September bis Anfang Mai geöffnet, info@grawand.com, www.grawand.com/de, www.schnalstal.com