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Das sind die Pläne von Swiss-Chef Jens Fehlinger
Marilin LeuthardJens Fehlinger ist seit dem 1. Oktober 2024 amtierender CEO der Swiss und zieht erstmals vor Medienvertretern Bilanz über die ersten bald fünf Monate. Travelnews hat beim Roundtable am Swiss-Hauptsitz einen sehr offenen und nahbaren Swiss-Chef erlebt, der sich den zahlreichen Herausforderungen bewusst ist.
«Das hätte ich mir so nicht ausgemalt», sagt der 43-Jährige zu den ersten Wochen, die es in sich hatten. Viel Zeit, sich in der neuen Umgebung einleben zu können, blieb ihm nicht. Überschattet wurde die Zeit vom Unfall des Airbus A220, der in Graz notlanden musste und bei dem ein junger Flugbegleiter verstorben ist.
Für Fehlinger, der selbst eine Verkehrspilotenlizenz besitzt, kommt es nicht in Frage, bloss den Autopiloten einzuschalten. «Ohne die aktive Bedienung des Autopiloten findet man selten die optimale Route», so Fehlinger. Angesichts der täglichen Herausforderungen, denen sich Swiss ganz genau bewusst sei, erwartet der neue Swiss-CEO in den nächsten Jahren zudem neue Zölle und geopolitische Schwierigkeiten. «Dort sehen wir durchaus grosse Herausforderungen, die auf uns zukommen werden.» Seine Erfahrung als Verantwortlicher des Krisenmanagement-Office der Lufthansa Group während der Pandemie dürfte ihm dabei helfen.
Ein neues Gebäude für Top-Kunden
Das laufende Jahr wird ein besonderes für die Swiss. «2025 wird ein Jahr, wo so viele Meilensteine einer Airline zusammenkommen, wie es selten der Fall ist», so Fehlinger. Er stützt sich dabei auf die Bereiche Qualität, Effizienz und Innovation, die er als besondere Stärken der Swiss sieht sowie stark mit Swissness verbunden seien.
«Die Erwartungen an uns sind hoch und denen stellen wir uns auch. Wir als Swiss sind uns bewusst, dass wir dem Qualitätsanspruch nicht in allen Bereichen gerecht werden», gibt der ehemalige Pilot zu. Es werde in allen Bereichen viel investiert, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden. Gerade an den Themen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit werde hart gearbeitet, um wieder auf das Niveau von 2019 zu kommen.

Mit dem neuen Airbus A350, dessen Einflottung für den kommenden Herbst vorgesehen ist, werden erste Schritte entgegen dem längst überschrittenen Produktlebenszyklus getan. Die neue Maschine wird über eine neue First- und Business-Class verfügen. In der Economy-Class dürfen sich die Gäste auf mehr Platz und neue Bildschirme freuen. Bis 2027 sollten weitere fünf A350 zur Flotte stossen. «Wir werden in den nächsten Jahren auf der Langstrecke über 5000 Sitze austauschen», hält Fehlinger fest. «Wir investieren Rekordsummen, wie sie die Swiss in der Geschichte noch nie gesehen hat.»
Im Zuge des Umbaus des Dock-A investiert die Swiss in ein komplett neues Lounge-Gebäude für ihre Top-Kunden. Die Reisenden in den Premium-Klassen sowie Hon-Circle-Mitglieder und Senatoren werden in diesem Gebäude durch die Security-Kontrolle gehen, Zugang zu Lounges haben und dann direkt zu den Flugzeugen gebracht werden, mit Bus oder Limousine.
Weniger Wet-Lease angestrebt
Verstopfte Flughäfen und Lufträume machen der Swiss zu schaffen. «Das ist eine Herausforderung, die wir in der Industrie weltweit sehen», merkt Fehlinger an. Eine Zusammenarbeit mit Partnern wie dem Flughafen und Skyguide sei hier unumgänglich. Jens Fehlinger sagt zudem: «Wir werden unser Wachstum zurückschrauben. Die Qualität soll wieder mehr im Vordergrund stehen.»
Zudem tritt Fehlinger beim Thema Wet-Lease auf die Bremse. Die aktuell 21 Flugzeuge von Helvetic Airways und Air Baltic sollen reduziert werden, vor allem bei Air Baltic. «Wir wollen eher aus diesen Wet-Leases raus, die uns markenfremder sind. Bei Helvetic wird die Nachfrage jedoch nicht weniger.» Die Swiss werde Partnerairlines immer brauchen, um Spitzen abdecken zu können.
Von grosser Bedeutung sind zudem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Swiss. Im vergangenen Jahr wurden weit über 1000 Personen in allen Bereichen eingestellt. Auch in diesem Jahr sollen Arbeiter in derselben Grössenordnung dazustossen.
Die Pünktlichkeit macht Sorgen
Der Standort Zürich ist einer der restriktivsten Flughäfen in ganz Europa. Gepaart mit dem ohnehin überlasteten Flugraum und der Wettersituation haben auch die verlängerten Umsteigezeiten der Swiss noch nicht die gewünschte Pünktlichkeit gebracht. «Wir konnten uns trotz dem starken Wachstums im vergangenen Jahr bezüglich der Pünktlichkeit zwar verbessern, haben mit einer Pünktlichkeitsquote von 65 Prozent unser Ziel aber nicht erreicht». Im 2025 soll ein Wert von 70 Prozent erreicht werden, langfristig sei ein Wert von 80 Prozent das Ziel.
Jens Fehlinger wird es nicht langweilig. Deshalb verbringt er auch nicht mehr so viel Zeit im Cockpit. Seine Lizenz hat er zur Swiss übertragen lassen und hält sich im Simulator fit. Er verfügt über rund 6000 Flugstunden und würde gern, sofern es die Arbeit erlaubt, wieder regelmässig selbst hinter dem Steuer sitzen – im A320 der Swiss. Er wohnt in Zürich und verbringt viel Zeit mit seiner Familie in der neuen Heimat.