Here & There

Die unberührte Natur von Namibia ist ein Sehnsuchtsort für viele. Die Namib-Wüste zieht sich entlang der Atlantikküste und ist zugleich die älteste Wüste der Welt. Alle Bilder: Adobe Stock

Diese acht Orte gehören auf jede Namibia-Reiseroute

Christian Haas

Wildes Afrika mit deutschem Einfluss: Namibia ist ein Sehnsuchtsziel für viele Naturliebhaber. Und was es auch ist: riesig. Was Sie auf einer Reise durch das westafrikanische Land auf keinen Fall verpassen sollten.

Klar, auch Südafrika, Botswana, Tansania, Kenia und ihre Nachbarn bieten Wildlife vom Feinsten, doch Namibia sticht nochmal heraus. Auch was weitere Reisefaktoren betrifft: Das nordwestlich von Südafrika gelegene Land, das den Naturschutz sogar in seiner Verfassung verankert hat, ist politisch stabil, relativ sicher, vergleichsweise günstig, so gut wie malariafrei, touristisch gut erschlossen und vor allem wunderschön. Weitere Pluspunkte: attraktive Unterkünfte in allen Preisklassen und so gut wie jeder spricht Englisch, einige sogar etwas Deutsch, dank der kurzen, aber prägenden Kolonialphase als Deutsch-Südwestafrika.

Allerdings ist Namibia auch rund 20 mal so gross wie die Schweiz. Wer also nicht ständig im Auto sitzen will, muss sich seine Route, ob nun von einem Veranstalter organisiert oder selbst zusammengestellt, gut überlegen – insbesondere wenn möglichst viele Top-Sehenswürdigkeiten berücksichtigt werden sollen. Welche wirklich lohnenswert sind, ist für Namibia-Neulinge oft gar nicht so leicht zu erkennen. Da hilft objektive Orientierung, kurz und prägnant.

Kalahari

Müsste man Namibia eine Farbwelt zuordnen, wäre es vermutlich ein Mix aus dunklem Gelb, Orange und hellem Rot, versetzt mit gelegentlichem Grün. Diese Kombi herrscht jedenfalls in der Kalahari vor und somit fast im gesamten (Süd-)Osten des Landes. Eigentlich beginnt die ebenso karge wie faszinierende Savanne gleich hinter Windhoek, wo sich der einzige international bedeutende Flughafen befindet und somit der Start fast jeder Namibiareise.

Die Kalahari-Savanne beginnt gleich hinter Windhoek.

Während die 480'000-Einwohner-Hauptstadt selbst nicht als touristisches Highlight einzustufen ist (eher als Ziel für Fortgeschrittene und/oder Shoppingfans), sorgt die mal dichter, mal lockerer bestandene Buschlandschaft allerseits für Ahs und Ohs. Vor allem deren Tierwelt. In den zahlreichen (oft privaten) Schutzgebieten tummeln sich hunderttausende Impalas, Oryx- und andere Antilopen, Zebras, Giraffen und viele, viele mehr. Tipp: Mancherorts finden Tierbeobachtungen nicht nur von der oft exponiert gelegenen Lodgeterrasse und im offenen Jeep statt, sondern auch zu Fuss, etwa beim zweitägigen Trans Kalahari Walk der «Kalahari Red Dunes Lodge».

Namib

Richtung Westen wird es deutlich karger, gebirgiger, sandiger, kurz: wüstenhafter. Willkommen in der Namib! Allein die Grösse der ältesten Wüste der Welt fasziniert. Der bis an die Skelettküste reichende Namib-Naukluft-Park ist mit 50'000 Quadratkilometern gar der grösste Nationalpark Afrikas. Und alles andere als eintönig! Mal überwiegt Fels, mal Schotter, mal Sand. Mal kreuzen Strausse die Strasse, mal die wilden Namibpferde, Nachkommen entlaufener Trakehner der deutschen Schutztruppe. Grosses Naturkino!

In der Nachtvorstellung wartet dann ein galaktischer Sternenhimmel. Eine solche Bewertung ist weder auf den Genuss von zu viel Amarula-Likör noch von zu viel namibischem Wein zurückzuführen, sondern wissenschaftlich belegt. Wegen seiner klaren Luft und der geringen Lichtverschmutzung gilt Namibia als führende Destination für professionelle wie freizeitmässige Sternengucker. Tipp: In der «andbeyond Sossusvlei Desert Lodge» wird All inklusive wörtlich genommen. Gästen steht neben einem Teleskop rund um gemütliche Open-Air-Sofas auch noch ein Profi-Astrologe für Fragen zur Verfügung.

Sossusvlei und Deadvlei

Den Höhepunkt der Namib stellen die Dünen von Sossusvlei dar, im wahrsten Sinn. Bis zu 380 Meter ragen sie empor, womit sie als höchste Dünen der Welt gelten (wenngleich auch China diesen Rekord beansprucht). Diese zu besteigen ist bei brütender Hitze echter Sport und, klar, deutlich anstrengender als ein von umliegenden Lodges angebotener Helikopterflug.

Die Sanddünen in Sossusvlei gehören zu den höchsten der Welt.

Die Aussicht vom Dünenkamm entschädigt jedoch für die Mühe – der Blick über die Wüste ist schlicht fantastisch. Ohne Aufstieg gelangt man indessen ins Deadvlei, eine bizarre Marslandschaft, aus deren weisser Salzkruste tote, schwarze Baumstümpfe in den fast immer wolkenlosen, blauen Himmel ragen, und das vor roter Sandkulisse. Ikonisch!

Swakopmund

Nach so viel Weitend, Natur und Ruhe wünscht man sich mitunter etwas Stadt. Diese Sehnsucht erfüllt das am Atlantik gelegene und daher deutlich weniger heisse Swakopmund. Es hat zwar «nur» 40'000 Einwohner, gilt aber als Aktivitätenhauptstadt Namibias und eignet sich für Touristen deutlich besser als Citybasis als etwa Windhoek. In «Swakop», das wie kein anderer Ort den Stempel der Kolonialzeit trägt und mit seinem Baustil und vielen Hotelnamen (etwa Hansa, Zum Kaiser) an eine deutsche Kleinstadt erinnert, locken Ausritte, Quadfahrten in den Dünen, Rundflüge, Kajaktouren und Einkaufsbummel durch das von etlichen Souvenirgeschäften geprägte Zentrum.

Wer will, probiert im Brauhaus oder in einem «Biergarten» aus, wie deutsche Küche so fern der Heimat schmeckt. Schwarzwälder Kirschtorte unter Palmen? Schräg. Tipp: Von hier ist es auch nicht weit nach Walvis Bay mit seinen zigtausenden Robben. Zum maritimen Wildlife zählen zudem Pelikane, Delfine und – der Name der Bucht kommt nicht von ungefähr – Wale!

Fish River Canyon

Die weltgrösste Schlucht? Klar, der Grand Canyon in den USA. Doch wie lautet die Nummer zwei? Da setzt es bei den meisten aus. Lösung: Es ist der Fish River Canyon in … genau: Namibia. Auf einer Länge von 160 Kilometern und einer Breite von mehr als 20 Kilometern schneidet sich der Fluss in aufregenden Windungen rund 550 Meter in die eher flache Halbwüste ein. Stark. Es gibt nur einen Nachteil: Das geologische Naturwunder liegt weit im Süden des Landes.

Der Fish River Canyon ist nach dem Grand Canyon in der USA die zweitgrösste Schlucht der Welt.

Wer «nur» zwei Wochen Zeit hat, muss sich also gut überlegen, ob er entweder viele Kilometer abspult oder sich entscheidet: für den Süden oder den Norden, sprich Etosha und Co. (für den deutlich grüneren Caprivi-Streifen samt den Okawango- und Chobe-Flüssen ist ohnehin eine Extrawoche, besser: eine Extrareise empfehlenswert). Gut zu wissen: Wanderungen im XXL-Canyon sind nur zwischen Mai und August sowie mit Anmeldung erlaubt, insbesondere dessen viertägige Durchquerung. Rund ums Jahr möglich ist hingegen ein Spaziergang im Wald der Köcherbäume bei Keetmanshoop, zwei Autostunden vom Canyon-Südrand entfernt. Nirgends finden sich auf engem Raum so viele, nämlich etwa 5000 der bizarren, teils jahrhundertealten Gewächse, die streng genommen Aloen sind. Was die Szenerie zusätzlich zum Insta-Paradies macht: Die feingliedrigen Pflanzen wachsen hier inmitten riesiger Basalthaufen.

Kolmanskop

Im Südwesten Namibias liegt mit Lüderitz eine weitere Kleinstadt mit «deutschem Touch» am (kalten) Meer. Spannender als die kleine Felsenkirche und manch Kolonialvilla gestaltet sich jedoch das nahe Kolmanskop. Während der Kolonialzeit galt die mitten in der Wüste gelegene Diamantenstadt als Synonym für Luxus und Dekadenz, heute begeistert die Ghost Town mit morbidem Charme.

Die Hafenstadt Lüderitz hat einen deutschen Ursprung.

Über die Jahrzehnte hat der Sand jeden Quadratzentimeter in dem vor sieben Jahrzehnten verlassenen Ort besetzt und manche der erstaunlich gut erhaltenen Gebäude – darunter Villen, eine Bäckerei und das für 250 Patienten ausgelegte Krankenhaus (mit dem ersten Röntgengerät Afrikas) – bis zur Decke gefüllt. Tipp: Bei einer Führung zwischen Kegelbahn und Eisfabrik erfährt man nicht nur, dass sämtliches Material einst aus Deutschland herbeigeschifft wurde, sondern dass Kolmanskuppe 1920 als Stadt mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt galt.

Etosha

Der Nationalpark, halb so groß wie die Schweiz, ist der mit Abstand wichtigste und bekannteste des Landes, er zählt gar zu den bedeutendsten Wildreservaten Afrikas. Die verschiedenen Savannenlandschaften sowie die bizarr wirkende Salzpfanne im Zentrum bietet Wildnis wie im Bilderbuch – und so geballt wie nirgend sonst in Namibia.

Im Etosha Nationalpark lassen sich mit ein wenig Glück Nashörner, Elefanten, Leoparden und Löwen beobachten.

Neben Hyänen, Schakalen, Warzenschweinen, Pavianen, Gnus und mehr als 340 Vogelarten sorgen vor allem Nashörner, Elefanten, Leoparden und/oder Löwen für Furore. In der Tat stehen die Chancen sehr gut, vier der legendären Big Five (Wasserbüffeln ist es im Etosha zu trocken) bei einer Pirschfahrt zu erspähen. Gut zu wissen: Die meisten Unterkünfte innerhalb des Parks sind zwar ordentlich in die Jahre gekommen, bieten jedoch den Vorteil, dass Gäste hier auch nachts am Wasserloch garantiert viel zu sehen bekommen …

Erongogebirge und Twyfelfontein

Während das benachbarte Botswana in grossen Teilen brettfach daherkommt, geht es in Namibia meist rauf und runter. Im Erongogebirge zwischen Swakopmund und Etosha geht es vor allem rauf, auf über 2000 Meter. Der im Brandbergmassiv gelegene Königstein misst gar 2573 Meter, Landesrekord. Andere Erhebungen wie die Spitzkoppe sind zwar niedriger, aber markanter. Vom «Matterhorn Namibias» wird behauptet, es sei der meistfotografierte Berg des Landes. Als Fotomotive fungieren, wie auch am nahen Hohenstein, zudem jahrtausendealte Felsmalereien und -gravuren. Afrikas grösste Ansammlung von Zeugnissen der Buschmannkultur findet sich jedoch zweifelsfrei in Twyfelfontein. Bei einer Wanderung durch die riesigen Gesteinsformationen zeigen einem Guides die Highlights der rund 2000 Abbildungen.


Weitere Informationen:

Anreisen: Mit Swiss nach Frankfurt und von dort mit Discover Airlines mehrmals wöchentlich nach Windhoek. Mit Zwischenstopp in Addis Abeba, Istanbul oder Doha fliegen auch andere Airlines Windhoek an, wenngleich das Angebot allgemein dürftig ist. Mitunter lohnt auch der Blick auf folgende Verbindung: von verschiedenen deutschen Flughäfen nach Johannesburg und von dort weiter nach Windhoek.

Einreisen: Der Reisepass muss sechs Monate über die Aufenthaltsdauer hinaus gültig sein. Ein zusätzliches Visum ist bei Reisen bis 90 Tage nicht fällig, ebenso wenig Einreisegebühren wie etwa in Simbabwe. Impfungen sind nicht vorgeschrieben. Lediglich der Nordosten des Landes, insbesondere der Caprivi-Streifen, gilt als Malaria-Gebiet.

Rumreisen: Mietwagen bieten zum Beispiel Namibia Car Rental, ein deutschsprachiger Vermieter in Windhoek (Tel. 00264/61/249239), Namibia2Go und Caprivi Car Hire.

Informieren: Informationen und Tipps sowie ein kostenloses Infopaket gibt es beim Namibia Tourism Board, visitnamibia.com.na; eine interessante Recherchequelle ist Namib Travel Online: www.natron.net

Beste Reisezeit: Namibia ist rund ums Jahr zu bereisen. Als Hauptsaison gilt der Süd-Winter (Mai bis September), dann sind die Temperaturen mit 25 bis 30 Grad nicht ganz so heiss (dafür kann es morgens und abends sehr frisch werden) und es ist sehr trocken – für Europäer oft die bessere Wahl. Aufgrund der Trockenheit sind dann auch die Wasserstellen meist gut besucht.

Preisbeispiel: Eine Reihe von Anbietern bietet deutschsprachige Gruppenreisen an. So auch Hauser Exkursionen, die einen besonderen Schwerpunkt auf Wanderungen legen – ein guter Ausgleich zu den langen Bus-/Autofahrten. Das gilt auch für eine 13-tägige Selbstfahrer-Wanderreise, u.a. mit den Stationen Kalahari, Sossusvlei, Swakopmund, Erongogebirge und Etosha-Nationalpark, ab 2'999 Euro pro Person inklusive Mietwagen, Unterkünften, viel Verpflegung, CO2-Kompensation und einigen Aktivitäten, aber exklusive Flug, Termin frei wählbar.