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Tagsüber noch erlaubt, nachts schon bald nicht mehr: ein Gelato über die Gasse. Bild: Adobe Stock

In Mailand soll es für Nachtschwärmer kein Glacé mehr geben

Aufschrei in der italienischen Metropole Mailand: Die Stadt will die Bevölkerung mit mehreren Massnahmen vor Lärm schützen. Vor allem eine der neuen Regeln kommt gar nicht gut an. Für die Gelaterie soll nachts ein Take-Away-Verbot gelten.

«Was macht die italienische Durchschnittsfamilie im Sommer? Sie geht nach dem Abendessen spazieren und holt sich ein Glacé», sagt Marco Barbieri, Vorsitzender der Mailänder Abteilung des italienischen Einzelhandelsverbands. Doch das ist jetzt nicht mehr so einfach.

In einem Versuch, das Nachtleben in beliebten Ausgangsvierteln zu beruhigen, hat die Stadt ein Verkaufsverbot für Take-Away-Essen und Getränke zu bestimmten Zeiten verhängt. In Geschäften, Bars, Gelaterie und sogar an Automaten sollen Nachtschwärmer nach Mitternacht nichts mehr bekommen, berichtet der «Spiegel».

Gegen das Glacé-Verbot formiert sich Widerstand

Das Verbot gilt werktags von Mitternacht bis sechs Uhr morgens und in den Nächten von Freitag und Samstag von 1.30 Uhr bis sechs Uhr morgens – vom 17. Mai bis mindestens 4. November. Für Strassenverkäufer gelten sogar noch strengere Regeln. Sie dürfen zwischen 18 Uhr und sechs Uhr gar nicht mehr in die Viertel. Die neuen Vorschriften wurden eingeführt, nachdem die Quartierbevölkerung die Stadt wegen des nächtlichen Lärms verklagt hatte.

Der Mailänder Bürgermeister Giuseppe Sala sagte der italienischen Nachrichtenagentur Ansa: «Diese Idee der 24-Stunden-Stadt, in der die Öffnungszeit immer ist, überzeugt mich nicht mehr.» Und weiter: «Ich glaube, dass die Städte sich auch ausruhen sollten wie wir Menschen und einen Zeitplan haben sollten, der für alle ein wenig besser geeignet ist.»

Doch was Anwohnende befürworten, ist vielen Gewerbetreibenden ein Dorn im Auge. Barbieri sieht auch einen Nachteil für die Einheimischen. Nachts noch ein Eis zu essen, sei Teil der italienischen Kultur. «Es handelt sich um eine klassische Tradition, und es ist klar, dass die Menschen nicht glücklich sind, wenn man in diese Art von kulturellen Gewohnheiten eingreift», sagt er. Er verstehe zwar, dass die Quartierbevölkerung vom ständigen nächtlichen Lärm genervt sei, doch Verbote lösen für ihn das Problem nicht.

«Ein Verbot, bei einem Spaziergang eine Flasche Wasser zu trinken oder ein Eis oder eine Pizza zu essen, wird nichts bringen, denn die Leute werden trotzdem draussen bleiben», so Barbieri. «Glauben Sie, dass ein 25-Jähriger um Mitternacht nach Hause geht, nur weil er keinen Imbiss bekommen kann? Was ist mit den Touristinnen und Touristen, die nach Mitternacht noch ein Eis essen wollen? Ist dieser Verwaltung klar, was sie da tut?»

Ob das neue Verbot den Anwohnenden nun die gewünschte Ruhe bringt, oder ob auch sie das nächtliche Eis irgendwann vermissen, wird sich zeigen.

(TN)