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Post buhlt mit Workation um IT-Talente
Reto SuterDer Markt von IT-Fachleuten ist ausgetrocknet und deshalb hart umkämpft. In der Schweiz lockt unter anderem Tech-Gigant Google mit attraktiven Arbeitsbedingungen und hohen Löhnen. Entsprechend schwierig ist es für andere Unternehmen, sich die Dienste von IT-Talenten zu sichern. Das gilt nicht zuletzt für bundesnahe Betriebe wie die Post, die speziell in den jüngeren Altersgruppen der Generationen Y und Z oftmals ein etwas verstaubtes Image haben dürften.
Im Kampf um die besten Talente geht die Post in der Informatik-Abteilung jetzt neue Wege. Sie hat für ihre rund 1400 IT-Angestellten im vergangenen August ein Pilotprojekt mit Workation lanciert. Die Möglichkeit, Arbeit und Ferien miteinander zu kombinieren, soll die Post in eine bessere Position bringen, wenn es darum geht, talentierte IT-Fachleute anzuwerben.
Wolfgang Eger, IT-Chef der Post und Mitglied der Konzernleitung, sagte am Mittwoch bei einem Mediengespräch: «Wir haben uns die Frage gestellt, was die jüngeren Altersgruppen von einem IT-Arbeitgeber erwarten.» Zu den wichtigsten Punkten gehören laut Eger flexible Arbeitsbedingungen und eine gute Work-Life-Balance. «Deshalb haben wir uns entschieden, Workation anzubieten.» Der Hintergrund: In rund drei Jahren werden in der IT-Abteilung der Post mehr Mitarbeitende aus den Generationen Y und Z tätig sein als aus allen anderen Generationen.
Familienbesuche und Ferienverlängerungen
Von den gut 1400 IT-Mitarbeitenden meldeten am Workation-Projekt rund 160 ihr Interesse an. 80 von ihnen haben die Möglichkeit bereits genutzt, einen Mix aus Arbeit und Ferien zu gestalten. Für die erste Phase des Projekts gab es drei Bedingungen: Der Arbeitsort war auf EU- und EFTA-Staaten begrenzt, die Mitarbeitenden konnten maximal zehn Tage Workation beziehen und das Team musste mit dem Aufenthalt in der Ferne einverstanden sein. Um vor allem aus rechtlicher Sicht keine Risiken einzugehen, zog die Post die Experten des Start-ups Vamoz bei.
Das Pilotprojekt dauert laut Wolfgang Eger noch bis Ende Februar. Dann wird es definitiv ausgewertet. Für ihn ist aber schon jetzt klar: «Das Projekt war ein voller Erfolg.» Eger will Workation in der Informatik-Abteilung deshalb definitiv einführen und bis zu 20 Tage pro Jahr ermöglichen. Zudem soll auch das Gebiet der möglichen Arbeitsorte erweitert werden.
«Besonders gefreut hat mich, dass keinerlei Neid aufgekommen ist», sagt Eger. «Denn es gibt ja immer Fälle von Mitarbeitenden, die ein solches Workation-Angebot nicht wahrnehmen können, sei es aufgrund ihrer Tätigkeit, der aktuellen Arbeitssituation innerhalb des Teams oder privater Gründe.» Die vielen positiven Feedbacks – sowohl von denen, die gegangen sind als auch von den Daheimgebliebenen – hätten ihn darin bestärkt, dieses Modell auch in Zukunft anzubieten.
Bitter für die Reisebranche: Allzu stark dürfte sie kaum vom Workation-Angebot bei der Post profitieren. Denn die grösste Gruppe, die im Rahmen des Pilotprojekts Arbeit und Ferien kombinierte, machte das beim Besuch von Familie und Freunden im Ausland – und hat in den meisten Fällen wohl auch gleich in einem privaten Haushalt übernachtet.
Immerhin ein bisschen Hoffnung gibt's für den Tourismus, rund um die Workation-Aufenthalte mehr als nur am Flug oder der Bahnreise zu verdienen. «Es ist absehbar, dass Mütter und Väter den kommenden Sommer dazu nutzen werden, um ihre Familienferien dank Workation zu verlängern», erklärt IT-Chef Eger. Hier sei das neue Arbeitsmodell der Post eine dankbare Gelegenheit für die Eltern, in den langen Schulferien mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Das könnte dem einen oder anderen Hotel wenigstens einige zusätzliche Übernachtungen bescheren.