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Der Costa-Rica-Boom ist ungebrochen. Jetzt stösst das Land da und dort an seine Grenzen. Bild: Adobe Stock

Costa Rica wird Opfer seines eigenen Erfolgs

Reto Suter

Kein anderes Reiseziel in Lateinamerika verkauft sich in der Schweiz derart gut wie Costa Rica. Die Nachfrage nimmt seit Jahren zu. Inzwischen bringt das starke Wachstum erste Probleme mit sich, wie eine Umfrage von Travelnews in der Schweizer Reisebranche zeigt.

Wenn Schweizer Reiseanbieter zu Costa Rica befragt werden, geraten sie ins Schwärmen – und das in den höchsten Tönen. Egal ob es um Land und Leute oder Umsatzzahlen geht: Die Lateinamerika-Kenner werfen mit Superlativen um sich.

«Wir verkaufen so viele Costa-Rica-Reisen wie noch nie», sagt etwa Tanael Michel, Managing Director bei Latin America Tours. Gabriela Stauffer, Geschäftsführerin von Dorado Latin Tours erklärt gegenüber Travelnews: «Unser Rekord bei den Costa-Rica-Buchungen aus dem Jahr 2022 wurde im vergangenen Jahr noch einmal übertroffen.» Auch für 2024 seien schon wieder viele Anfragen eingetroffen. Konkreter wird hier Karin Markwalder, General Manager bei Kuoni: «Wir verzeichnen bei den Buchungseingängen gegenüber Vorjahr ein starkes Plus im zweistelligen Bereich», sagt sie.

Ebenfalls äusserst zufrieden zeigt sich René Hohmann. «Bei Latino Travel ist Costa Rica aktuell die meistgebuchte Destination», so der Co-Product Manager. Den Boom rund um die so genannte Schweiz Mittelamerikas spürt auch Travelhouse, die Spezialisten-Marke von Hotelplan Suisse. Dort liegt Costa Rica bei den beliebtesten Winter-Destinationen mittlerweile auf Platz 5 – vor anderen klassischen Sehnsuchtszielen wie Südafrika, den Malediven oder Neuseeland.

Vielseitig, sicher und gut erreichbar

Die Gründe, weshalb Costa Rica derart gefragt ist, liegen auf der Hand. Eine grosse Rolle spielt, dass alle auf ihre Kosten kommen – Naturliebhaber genauso wie Abenteuerlustige und Familien. «Das Land hat eine natürliche Schönheit mit einer Vielzahl von Ökosystemen wie Regenwäldern, Vulkanen, Stränden und Nationalparks», erklärt Karin Markwalder von Kuoni. Nicht nur was Flora und Fauna betrifft, auch punkto Unterkünfte bietet Costa Rica eine grosse Auswahl. «Unser Portfolio umfasst romantische Dschungel-Lodges, rustikale Berghäuser, Glamping-Unterkünfte und erstklassige Hotels», so Gabriela Stauffer von Dorado Latin Tours.

Der Arenal ist einer der aktivsten Vulkane der Welt. Bild: ARA Tours

Auch wichtig: die gute touristische Infrastruktur und der hohe Sicherheitsstandard. Diese Kombination mache Costa Rica zu einer idealen Destination für Ferien mit dem Mietwagen, sagt Sebastian Kickmaier, Director Tour Operating bei Travelhouse. «Zudem hat das Land für Roadtrips eine optimale Grösse», ergänzt Tanael Michel von Latin America Tours. Die Distanzen seien im Gegensatz zu anderen Ländern überschaubar.

Ein weiterer Treiber für den Costa-Rica-Boom ist laut Kickmaier die gute Fluganbindung. Seit rund zwei Jahren bedient der Schweizer Ferienflieger Edelweiss nicht mehr ausschliesslich die Hauptstadt San José, sondern auch Liberia weiter nördlich. «Diese zweite Verbindung hat dem Reisegeschäft zusätzlichen Schub verliehen», bestätigt Marius Lüthi vom Knecht-Spezialisten Latino Travel.

Nachfrage übersteigt zunehmend das Angebot

Bei allen Vorzügen, die Costa Rica zu einem begehrten Reiseland machen: Es gibt – wie an vielen populären Destinationen – auch eine Kehrseite der Medaille. Inzwischen wollen derart viele Menschen ihre Ferien in Costa Rica verbringen, dass Probleme auftauchen.

«Eine zunehmende Schwierigkeit stellt die Verfügbarkeit dar», erklärt Gabriela Stauffer, Geschäftsführerin von Dorado Latin Tours. Besonders in der Hochsaison, die neben den Wintermonaten neu auch Juli und August umfasse, sei es in gewissen Gebieten teilweise schwierig geworden, die gewünschte Unterkunft für die Kundinnen und Kunden zu buchen.

Das stellt auch Marius Lüthi, Co-Product Manager bei Latino Travel fest. «Die Nachfrage übersteigt immer mehr das Angebot», sagt er. Deshalb brauche es auf Kundenseite bei der Reiseplanung mehr Flexibilität als früher.

Wo die Nachfrage wächst, lassen meist auch Preiserhöhungen nicht lange auf sich warten. Hier ist Costa Rica keine Ausnahme. «Richtig günstig durchs Land zu reisen, ist praktisch nicht mehr möglich», so Tanael Michel von Latin America Tours. Die Kosten vor Ort seien im Vergleich zu anderen Ländern Lateinamerikas hoch.

Hotelpreise auf europäischem Level sind an der Tagesordnung. Ein Preisbeispiel: für eine Übernachtung vom 1. bis 2. März 2024 im Nationalpark Manuel Antonio an der Pazifikküste Costa Ricas belaufen sich die Übernachtungskosten pro Person von rund 90 Franken (Dreisternhotel) bis 315 Franken (Fünfsternhotel) im Doppelzimmer mit Frühstück. Und der Edelweiss-Flug Zürich - San José - Zürich vom 2. Februar bis 8. März geht mit 1708 Franken ebenfalls ins Geld.

Der Manuel Antonio National Park an Costa Ricas Pazifikküste. Bild: ict.go.cr

Eine interessante Alternative, um vollen Nationalparks, Hotels, Flügen und Hochsaison-Preisen aus dem Weg zu gehen, sind laut Tanael Michel die Zwischenmonate Mai, Juni, September und Oktober. «Da regnet es zwar mehr. Naturreisen sind aber bestens machbar.»

Wohin Touristen ausweichen können

Reisenden, die schon alle Ecken Costa Ricas kennen und deshalb andere Destinationen in Lateinamerika erkunden wollen, bieten sich spannende Alternativen. Karin Markwalder, General Manager bei Kuoni, empfiehlt Kolumbien. «Dort wartet auf Reisende eine faszinierende Mischung aus Kultur, Natur und Abenteuer», sagt sie.

Auch Tanael Michel von Latin America Tours und Gabriela Stauffer von Dorado Latin Tours bringen unter anderen Kolumbien ins Spiel. Sie heben hervor, dass das Land neben viel unberührter Natur auch lebhafte Städte wie Medellín, Bogotá und Cartagena zu bieten habe. Zudem sei Kolumbien weniger touristisch als Costa Rica.

Laut Gabriela Stauffer ist auch Panama sehr zu empfehlen. «Neben prächtiger Natur kann das Land mit einer magischen Hauptstadt (Panama-Stadt) und dem für alle beeindruckenden Panama-Kanal punkten.»

Wer in erster Linie tolle Landschaften erleben will, reist gemäss René Hohmann von Latino Travel am besten nach Argentinien oder Chile. Diese Länder seien landschaftlich und klimatisch ganz anders als Costa Rica, ergänzt Tanael Michel von Latin America Tours. «Sie eignen sich aber ebenfalls sehr gut für individuelle Mietwagenrundreisen.

Weitere Vorschläge der Profis sind Mexiko, Peru und Kuba für Kulturinteressierte sowie Ecuador mit den Galápagos-Inseln für Reisende, die eine einmalige Tierwelt erleben möchten.

Dieses Potpourri von Empfehlungen zeigt: Lateinamerika-Fans gehen die reizvollen Reiseziele nicht so schnell aus.