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In den Cameron Highlands, mitten im Dschungel. Bild: RichardMc

Malaysia überrascht und fasziniert

Urs Wälterlin, Penang

Im hellen, kühnen Kuala Lumpur, im Urwald der Cameron Highlands, im multikulturellen George Town auf Penang: Malaysia bietet eine grosse Vielfalt an Erfahrungen und Erlebnissen.

«Hier gibt es Affen», sagt Albert, der Guide von DTH Travel. So gegen die 60 ist er, mit dem zackigen Haarschnitt eines amerikanischen Marinesoldaten. Die Affen leben nicht in den Petronas-Wolkenkratzern, dem mit einer Brücke verbundenen Symbol asiatischen Fortschritts, man findet sie in einem kleinen Waldstück nur einen Steinwurf entfernt. Mitten in der City, umgeben von Verkehr und Abgasen, ein Restbestand von Urwald, ein Relikt aus einer Zeit, in der Kuala Lumpur noch ein verschlafenes Nest gewesen war, von Dschungel dominiert. Die Affen sind eine von vielen Überraschungen, die man in Kuala Lumpur erlebt, wenn man genau hinsieht.

Ich will ehrlich sein: Malaysia hatte mich nie wirklich gereizt. Kuala Lumpur, die smog-gefüllte, geschäftige Hauptstadt, war für mich immer primär eine Transitstation, auf dem Weg zu einem anderen Ort in Südostasien. Doch das ändert sich, dank Albert. Geboren und aufgewachsen in Kuala Lumpur zeigt er mir seine Stadt, und sein Land. Malaysia. Es ist ein Land, das überrascht, fasziniert.

Kuala Lumpur repräsentiert das helle, kühne, neue Asien von seiner besten Seite. Die Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten in eine moderne Metropole verwandelt, ohne aber ihr traditionelles Herz zu verlieren, wie das inzwischen sterile Singapur. Die Skyline wird zwar von hohen gläsernen Wolkenkratzern dominiert. Doch ein Spaziergang vom Boutiquehotel «Chow Kit» aus ist auch heute noch ein Fest für die Sinne. Little India, Muslim Street und natürlich Chinatown, eine der grössten chinesischen Siedlungen ausserhalb Chinas. Die ethnische Vielfalt widerspiegelt die Einflüsse, denen Malaysia im Verlauf der Jahrhunderte unterlegen ist: Inder, Chinesen, Araber, Portugiesen, Niederländer und zuletzt die Briten.

Nirgendwo zeigt sich diese Diversität so wie beim Essen. Bekannte Fernsehköche haben in den letzten Jahren Malaysia als Food-Destination von Weltklasse entdeckt. Dabei ist es nicht zwingend, in Restaurants zu essen. «Streetfood» ist eine köstliche Mischung aus asiatischen Küchen mit Anklängen an die kulinarischen Szenen Thailands, Chinas und Vietnams; und man kann es in der Regel überall und zu jeder Tageszeit finden. Zu den klassischen malaysischen «Streetfood»-Gerichten gehören «Penang Assam Laksa» (Reisnudeln in einer Fischsuppe), «Lok Lok» (gemischte Spiesse in Bouillon gekocht) und «Apom Balik», eine süsse, herzhafte Art Klebreisomelette.

Wenn es in diesem multikulturellen Land aber ein Nationalgericht gibt, dann ist es «Nasi Lemak». Kokosnussreis, dazu Hähnchenfleisch, knusprig frittierte Sardellen, geröstete Erdnüsse, Gurke und ein halbes gekochtes Ei. Die Seele des Gerichtes aber ist Sambal, eine Chilipaste, von der es so viele Variationen gibt wie Köche. Je nach Rezept ist Sambal süsser oder salziger, sanfter oder heisser. Scharf aber ist es immer. Sambal kann für die Verdauung Folgen haben, die das Finden einer Toilette zu einer Panik verursachenden Dringlichkeit werden lassen. Und ja: Sambal brennt zweimal…

Hoch in die Berge durch Regenwälder

Malaysia besteht aus zwei Teilen: das Gebiet auf der Malaiischen Halbinsel (oder Westmalaysia) und Ostmalaysia auf einem Teil der Insel Borneo. Zwischen den fast gleich grossen Teilen liegt das Südchinesische Meer. Albert und ich bleiben in Westmalaysia. Es geht weiter in die Cameron Highlands, eine der vielleicht bekanntesten Touristengegenden Malaysias. Eine 200 Kilometer lange Fahrt, erst auf Autobahnen, die denen in Europa um nichts nachstehen.

Dann geht es hoch in die Berge, durch Regenwälder, auf windigen Strassen, zwischen Teeplantagen. Dank der kühlen Temperaturen gedeihen hier andere Pflanzen als in den Tiefebenen der Malaiischen Halbinsel. So ist der Gebirgszug im Zentrum des Landes nicht nur wichtig als Reisedestination, sondern auch für die Landwirtschaft. «Die Leute aus Kuala Lumpur kommen hierher, nicht nur für ihre Flitterwochen, sondern auch, um Pflanzen zu kaufen, die sie in der Stadt nicht finden», erklärt Albert. Und Erdbeeren. Die Cameron Highlands sind dominiert von dieser Frucht. An jeder Ecke gibt es Erdbeeren zu kaufen, verpackt in Plastikschachteln, diese wiederum in eine Plastiktüte gepackt. Es muss nicht erstaunen, dass sogar das Hotel «Strawberry Park Resort» heisst. Im klassischen Tudor-Stil gebaut, ist das Haus in Tanah Rata eine der besten Adressen in den Highlands, mit einem guten Restaurant und ausgesprochen zuvorkommender Bedienung.

Während eines kurzen Spaziergangs durch den Urwald erzählt ein Angestellter von den indigenen «Orang Asli», die in dieser Gegend noch immer leben. Der Regenwald ist so dicht, dass Besuchern davon abgeraten wird, den Dschungel allein zu betreten. Die Gefahr, sich zu verirren, ist zu gross. Das wohl prominenteste weisse Opfer des Dschungels ist Jim Thompson, ein amerikanischer Geschäftsmann und Händler, der als «Seidenkönig von Thailand» in die Geschichte eingegangen ist. Er war in den Camerons in den Ferien. Am 26. März 1967, während sich seine Freunde im Hotel ausruhten, ging er für einen Spaziergang in den Urwald. Man hat ihn nie wieder gesehen.

Penangs kulturelle und religiöse Vielfalt

Weiterfahrt nach Norden, nach Penang. Benannt nach dem gleichnamigen Bundesstaat, liegt die knapp 300 Quadratkilometer grosse Insel in der Strasse von Malakka. Wären nicht die allgegenwärtigen Autos, könnte man sich in der Hauptstadt George Town ins vorletzte Jahrhundert zurückversetzt fühlen. Der alte Teil der Stadt ist als Weltkulturerbe geschützt. Laut Unesco ist Penang «ein aussergewöhnliches Beispiel für eine multikulturelle Handelsstadt in Südostasien, die durch den Handel und den Austausch von malaiischen, chinesischen, indischen und europäischen Einflüssen entstanden ist».

Die Stadt ist perfekt für Fussgänger. Dem aufmerksamen Beobachter springt einmal mehr die kulturelle und religiöse Vielfalt Malaysias ins Auge. Gegenüber dem thai-buddhistischen Tempel steht der burmesische. Etwas weiter liegt ein chinesischer Tempel, vor dem sich Bettler sammeln. Immer wieder kommen Leute, um ihnen Esswaren zu bringen. Nur einen Steinwurf weiter steht die imposante Moschee von Penang. Obwohl die politische Dominanz der Malaien im Völkergemisch Malaysias immer wieder zu Konflikten führt – gelegentlich auch gewaltsamen – ist die generelle Akzeptanz des Anderen im Alltag doch beeindruckend und wohltuend.

Endstation im «Hotel Areca», mitten im alten Quartier von Penang. Wo früher chinesische Teehändler ihre Ware angeboten hatten, wo vor der Türe Marktschreier und ihre Kunden um Fische und Papaya feilschten, dienen heute ehemalige Verkaufsläden als angehnehme, klimakontrollierte Unterkünfte. Die Verabschiedung von Albert, dem Mann, der mir seine Heimat so nahegebracht hat, dass ich eine Rückkehr nach Malaysia kaum erwarten kann, ist gezwungenermassen kurz und zeremonielos. Denn es eilt. Ich muss ins Zimmer.  Sambal brennt zweimal.


Malaysia-Tipps

Informationen: generelle Informationen zum Reisen und zu den verschiedenen Destinationen in Malaysia findet unter www.malaysia.travel. Diese gut aufgebaute offizielle Webseite von Tourism Malaysia bietet mehrere attraktive elektronische Broschüren.

Touren: DTH Travel bietet eine grosse Palette von geführten Touren in Malaysia. Eine Spezialität sind Klein- und Kleinstgruppen, deren Wünsche und Interessen sich spezialisierte Reiseleiter wie Albert hervorragend anpassen, www.dth.travel.

Essen: Guter Streetfood ist überall dort zu finden und auch sicher zu essen, wo viele Menschen anstehen. Wer gerne in etwas gehobener Atmosphäre die Vielfalt malaysischer Küche degustieren möchte, ist bei Bijian Bar & Restaurant im Zentrum von Kuala Lumpur gut aufgehoben. Dort gibt es – im Gegensatz zu anderen malaysischen Restaurants in dieser mehrheitlich muslimischen Nation – zum Essen auch ein Bier, www.bijanrestaurant.com.

Unterkunft Kuala Lumpur: Es muss kein Turm aus Glas und Beton sein: The Chow Kit in Kuala Lumpur ist ein mehrfach ausgezeichnetes Boutique-Hotel. Es liegt nah am öffentlichen Verkehr und bietet in unmittelbarer Nähe viele Ess- und Ausgehmöglichkeiten, www.thechowkit.com.

Unterkunft Cameron Highlands: Das Strawberry Park Resort in Tanah Rata hat grosszügig angelegte Zimmer und ein schönes Restaurant mit Blick auf den Regenwald. Auf Anfrage erhalten die Gäste auch die Möglichkeit zu einem begleiteten Spaziergang im Urwald., www.strawberryparkresorts.com

Unterkunft Penang: Das Areca Hotel im alten Zentrum von George Town ist nicht nur wegen seiner grossen, angenehm eingerichteten Zimmer ein Hit unter europäischen Reisenden. Die wichtigsten Attraktionen und Restaurants sind problemlos zu Fuss erkundbar., www.arecahotelpenang.com.