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Henri Giscard d’Estaing prägt und führt in verschiedenen Funktionen und seit 2005 als Aufsichtsratsvorsitzender und Generaldirektor den Club Med. Bild: PD

«Das ist das Geheimnis unserer All-Inclusive-Formel»

Gianni Moccetti

Henri Giscard d’Estaing, der Präsident der Club Med Holding, äussert sich im Travelnews-Interview zu Konzeptanpassungen, künftigen Plänen und der Bedeutung der Deutschschweiz.

Herr Giscard d’Estaing, der Club Med hat unter Ihrer Führung im Laufe der Jahre das Konzept stetig an den wechselnden Kundenbedürfnissen angepasst. Auf welche Neuerungen können sich die Club Méd-Kunden in nächster Zukunft freuen? Wann fällt das Tabu «all inclusive» zu Gunsten eines Multiple Choice Konzepte?

Henri Giscard d’Estaing: Wie Sie wissen ist Club Med die Pioniermarke im Bereich Clubferien, die 1950 «all inclusive» Aufenthalte erfunden hat. Der «all inclusive» Aufenthalt hat sich im Laufe der Jahre stetig weiterentwickelt, um unseren Kunden an den schönsten Orten der Welt Ferien und neue Erlebnisse zu ermöglichen, wie hier auf Mauritius im Club Med Plantation d’Albion. Das Geheimnis unserer «all inclusive» Formel ist, dass sie eine einmalige Antwort auf die Anforderungen und Bedürfnisse unserer Kunden in der heutigen Zeit darstellt: Selbstbesinnung, Wohlbefinden, Natur und Freiheit. Unser im Laufe der Jahre ergänzte Konzept bietet heute schon unzählige Möglichkeiten für einen individualisierten Aufenthalt. Es sind Ferien für «den freien Geist», die verschiedenste Aktivitäten bieten, neue Sportarten und neue Horizonte zu entdecken oder eben auch nur sich Zeit für sich und für die mentale und körperliche Erholung zu nehmen und gemeinsame Erlebnisse mit den Lieben zu kreieren.

Mit den jährlich steigenden Sommertemperaturen im Mittelmeerraum, dem traditionellen Club-Med-Gebiet, stellen sich neue Herausforderungen bis hin zur Aussage, dass die Kunden wegen der Hitze diese Regionen in Zukunft meiden werden. Ist es vorstellbar, dass Club Méd aus diesem klimatischen Grund Clubs in Nordeuropa, zum Beispiel an der Nord- und Ostsee planen und betreiben wird?

Der heutige Club Med ist effektiv im Jahre 1950 im Mittelmeerraum geboren worden. Wir zählen heute 66 Resorts auf der ganzen Welt, auf fünf Kontinente verteilt. Wir sind immer noch Pioniere im entdecken neuer Destinationen, wir verfolgen sehr aufmerksam neue Möglichkeiten, neue Reiseziele. Sie müssen unseren Vorgaben genügen: eine einzigartige Lage und eine grosse Fläche von mehreren Dutzend Hektaren. Es ist natürlich zunehmend schwierig, diese Vorgaben in Europa zu erfüllen. Ergänzend zu unseren Badeferienresorts haben wir für unsere Kunden, welche der sommerlichen Hitze ausweichen möchten, bereits unser Angebot in Berggebieten ausgebaut. Diese sind längst nicht mehr nur in der Wintersaison gefragt. Die Berge stellen heute für die Bewohner grosser Städte und Metropolen einen neuen «Exotismus» dar: Erholung, Selbstbesinnung, frische Luft, unbebaute Flächen und angenehme Temperaturen während des Sommers. Diesen Sommer haben wir mit grossem Erfolg zehn unserer Bergresorts in verschiedenen Regionen der Welt für die Sommersaison geöffnet. Mehrere dieser Clubs haben für den August eine Auslastung von mehr als 90 Prozent erreicht – etwa Grand Massif, Valmorel, Val d’Isère oder Les Arcs.

«Der Anteil der lokalen Kundschaft hat sich stark erhöht.»

Sie haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine offensive Politik mit vielen Neueröffnungen und der Eroberung von neuen Märkten forciert. Welche «weisse Flecken» gehen Sie bezüglich Kontinenten und Ländern in den nächsten Jahren an?

Eine grosse Erkenntnis der Pandemiezeit war, dass sich der der Anteil der lokalen Kundschaft stark erhöht hat, namentlich in Japan, Malaysia und Brasilien. Unsere «glocal» Strategie – wir adressieren unsere Angebote sowohl an die internationale, als auch an die lokale Kundschaft – ist demnach ein Erbe der Pandemiezeit, um der wachsenden Nachfrage zu begegnen. Als Folge dieser Erkenntnisse hat der Club Med im Juli eine Vereinbarung mit der brasilianischen Gruppe DC Set unterschrieben. Sie ist im Unterhaltungsbereich tätig und wird einen neuen Club im Süden Brasiliens erbauen, der Club Med Gramado, im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Vor einigen Tagen haben wir einen Management- und Vermarktungsvertrag des zukünftigen Club Med Tinley Resort  abgeschllossen – in der Nähe Durbans mit Eröffnung im Jahr 2026. Das Tinley wird das erste Club Med Resort in Südafrika und wird eine einmalige Safari Erfahrung bieten. Zudem haben wir eine Absichtsvereinbarung für die Entwicklung von neuen Club Med Resorts in Indonesien mit unserem Partner «Paradise Indonesia» unterschrieben.

Wir verzeichnen zudem eine grosse Nachfrage in Asien für Aktivitäten in den Bergen. Das Skifahren wird in Asien als neue Sportart angesehen, im Speziellen in China. Die Ausübung dieses Sports war bisher nur wenigen Chinesen zugänglich. Das Potential für Aktivitäten in den Bergen ist enorm. Wir verzeichnen die grösste Nachfrage für solche Ferien in diesem Erdteil. In Japan werden wir im Dezember ein neues Bergresort eröffnen, das Club Med Kiroro Grand. Weitere Projekte in Südkorea und China sind in der Pipeline.

Sie haben im Laufe der Jahre mit unterschiedlichem Erfolg verschiedene Anstrengungen unternommen, um in der Deutschschweiz eine Imagekorrektur herbeizuführen, beim Handel und bei den Kunden. Müsste hierbei noch mehr unternommen werden oder ist der Markt doch zu klein, um eine solche Offensive zu rechtfertigen? Das «Sorgenkind» war seit jeher der lukrative und attraktive Deutschschweizer Markt mit sehr gutem Potential. Seit Jahren kämpft der Club Med mit Vorurteilen beim Deutschschweizer Publikum, die mit der heutigen Realität wenig zu tun haben – der vermeintliche 70er-Jahre Club Stil und die frankofone Ausrichtung.

Tatsächlich haben wir seit jeher den Deutschschweizer Markt als einer mit grossem Potential für Club Med identifiziert. Und diese Tatsache wird dadurch unterstrichen, dass wir seit 2022 – mit Ivan Rasovszky als Verantwortlichen für den Deutschschweizer Markt – unsere Präsenz und unsere Vertriebsanstrengungen wieder verstärken wollen. Bereits 30 Prozent unseres Kommunikationsbudgets sind für die Deutschschweiz vorgesehen. Wir wollen dabei unsere Anstrengungen auf eine Auswahl von Produkten, beispielsweise unserer «Exclusive Collection» konzentrieren. Diese entsprechen unseres Erachtens den Erwartungen der Deutschschweizer Kundschaft in Bezug auf Infrastruktur, Service und internationaler Ausrichtung, an beliebten Reiszielen wie Antalya oder Marbella. Beim Vertrieb ist die historische, langjährige Partnerschaft mit Kuoni/DER Touristik im Mittelpunkt.

«Unsere Vertriebspartner in der Deutschschweiz verzeichnen ein Plus von 31 Prozent.»

Zudem haben wir Partnerverträge mit unabhängigen Reisebüros und Reisebüroketten abgeschlossen, die eine indexierte Kommissionierung bei Erreichen des jeweiligen Jahreszieles und eine Superkommission vorsehen. Alle unsere Partner haben Zugang zu unserem online Reservierungssystem CMTA, unsere Informations-, Offerten- und Reservierungsplattform B2B. Wir sind überzeugt, im Laufe der Zeit die führende Rolle als «all inclusive» Anbieter im Luxussegment auch in der Deutschschweiz zu festigen. Die momentanen Zahlen unterstreichen unsere Zuversicht, mit einem Verkaufsplus (im Vorjahres-vergleich) von 14%, wobei unsere Vertriebspartner sogar mit einem Plus von 31% einen grossen Beitrag zu diesem erfreulichen Ergebnis beitragen.

Sie prägen und führen in verschiedenen Funktionen und seit 2005 als Aufsichtsratsvorsitzender und Generaldirektor den CM, haben mit grossem Erfolg dazu beigetragen, dass sie heute so gut im Markt stehen und über ein sehr attraktives Produkteportfolio verfügen. Sie sind nach wie vor im besten Alter, dürfen wir noch einige Zeit mit Ihnen als Kapitän des erfolgreichen CM-Schiffes rechnen?

Ich denke ständig über die zukünftige Entwicklung des Club Med nach. In der Zukunft des Club Med sehe ich unzählige Projekte, der bisherige Erfolg muss mit Wachstum und Ausbreitung ausgebaut werden. Was mich betrifft: ich werde dabeibleiben, bis ich nützlich sein kann. Was es dann braucht ist eine Auswahl an Talenten, welche zunehmend grössere und wichtigere Verantwortungen übernehmen. Besonders stolz bin ich darauf, diese Talente gefunden und weiterentwickelt zu haben. Sie sind heute in der Lage, mit ihren verschiedenen Stärken den Club zu führen, mit Respekt für unserer traditionellen Verpflichtung zur multikulturellen Ausrichtung.