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Auf diese Preissteigerungen müssen sich Türkei-Reisende einstellen
Reto SuterBisher punktete die Türkei gegenüber anderen Ferienzielen stets mit günstigen Angeboten. Doch diese Zeiten sind vorbei. Die Inflation treibt die Preise im Land in die Höhe. Das langjährige Paradies für budgetbewusste Reisende kann im Kampf um Gäste nur noch beschränkt mit einem Preisvorteil werben. Die Folge: Der Tourismus schwächelt massiv, die Gästezahlen gehen im Vorjahresvergleich zurück.
Der Tagespreis der Hotelzimmer in Antalya sei verglichen mit dem Vorjahr um fast 40 Prozent auf durchschnittlich 110 Euro angestiegen, zitiert das «Handelsblatt» den Datendienstleister STR Global. Das hat Konsequenzen. Die hochgesteckten Ziele, nach denen die Branche in diesem Jahr 56 Milliarden Dollar einnehmen sollte, sind nicht mehr erreichbar. In den ersten sechs Monaten des Jahres kamen laut Tourismusministerium nur knapp 22 Milliarden US-Dollar zusammen.
Auch der Vergleich mit anderen Mittelmeerländern fällt für die Türkei ernüchternd aus. In Griechenland stiegen die Übernachtungszahlen gegenüber dem Vorjahr besonders stark an, um 143 Prozent. Italien (58 Prozent), Frankreich (45 Prozent) und Spanien (35 Prozent) liegen dahinter. Nur in der Türkei ging die Zahl der Hotelübernachtungen um acht Prozent zurück.
Hotels sollen ihre Angebote überarbeiten
Bentour-Chef Deniz Ugur hat lange vor zu hohen Preisaufschlägen im Tourismussektor gewarnt – und sieht sich jetzt bestätigt. Viele Hoteliers haben laut Ugur darauf spekuliert, dass sich der Boom aus den Sommerferien 2022 dieses Jahr fortsetzen wird. Das sei ein Irrtum gewesen.
«Jetzt ist es Zeit, über die Kostentreiber zu diskutieren», sagt der Chef von Bentour Reisen zu Travelnews. Kaum Handlungsspielraum sieht er bei den Lohnkosten. Auch bei den Energiepreisen sei es schwierig anzusetzen. «Mittelfristig werden wir hier durch den vermehrten Einsatz modernerer Fluggeräte und die Nutzung von Solarenergie in den Destinationen unabhängiger werden», so Ugur.
Am meisten Potenzial ortet er bei den Angeboten in den Hotels. «Hier wäre eine Reduktion der Basispreise möglich», sagt Ugur. Beispielsweise, indem günstigere Packages angeboten würden, bei denen keine hochwertigen alkoholischen Getränke inbegriffen sind. Dadurch liessen sich die Preissteigerungen etwas abfedern, erklärt der Bentour-Chef.
Im kommenden Jahr dürften die Türkei-Ferien laut Ugur zwischen drei und fünf Prozent teurer werden. «Damit steigen die Preise wohl deutlich weniger stark, als zunächst erwartet wurde.»
Der Türkei-Spezialist FTI verweist auf Anfrage darauf, dass die Preise im Tourismus auch in anderen Regionen Währungsschwankungen und der Inflation unterworfen seien. «Das Thema Preisentwicklung ist kein Türkei-spezifischer Komplex», betont Ludovic Rigel, Managing Director der FTI Touristik AG. «Generell ist es dabei unser Credo, vernünftige Preise aufrecht zu erhalten.»
Hohe Nachfrage im deutschsprachigen Raum
Die sinkenden Übernachtungszahlen in der Türkei sind hauptsächlich auf zwei Gästegruppen zurückzuführen. Zum einen ist der traditionell wichtige russische Mark rückläufig. Nach 5,2 Millionen Russinnen und Russen im Jahr 2022 werden in diesem Jahr nur noch vier Millionen erwartet, weil für sie durch den Verfall des Rubels die Preise stark gestiegen sind.
Auch der türkische Inlandstourismus schwächelt. Denn während der Lira-Verfall Reisenden aus dem Euro-Raum und der Schweiz entgegenkommt und den Preisanstieg dämpft, schlägt die Inflationsrate von über 50 Prozent bei Einheimischen, die früher die Badeziele frequentierten, voll durch.
Bei Touristinnen und Touristen aus dem deutschsprachigen Raum ist die Türkei als Reiseziel dagegen nach wie vor hoch im Kurs. «Die Nachfrage zieht mit Blick auf die Herbstferien gerade wieder stark an. Vor allem die Region Antalya wird gut gebucht», sagt Ludovic Rigel von FTI.
Auch Max Kownatzki, CEO der deutsch-türkischen Airline Sun Express, hat keinerlei Anzeichen für einen Gästerückgang. Im Gegenteil. «Für den Sommer 2024 liegen wir aktuell fast 60 Prozent über dem Buchungsstand von 2023, zum gleichen Zeitpunkt», so Kownatzki im Podcast des Tourismus-Portals «Reise vor 9».
Was die Preise betreffe, seien die Verhandlungen von Sun Express mit den Partnerfirmen härter geworden, so der Airline-Chef. Im Zuge dessen richtet er einen eindringlichen Appell an die ganze Branche: «Niemand soll die Inflation missbrauchen, um die Preise über Gebühr zu erhöhen.»