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Die Verbotene Stadt in Peking hat eine grosse Anziehungskraft auf Touristen. Bild: Adobe Stock

Noch gibt es Hürden für China-Reisende

Mehr Flüge, mehr Kreditkartenakzeptanz und kaum Covid-Massnahmen – China öffnet sich wieder für Besucherinnen und Besucher. Ruth Landolt, Geschäftsführerin von asia 365, beurteilt die aktuelle Situation und sagt, auf was China-Reisen noch gefasst sein müssen.

Schweizer Geschäftsreisende sind zurück in China. Nach den USA figuriert China hinter den USA bereits wieder als meistgefragtes Geschäftsreiseziel auf der Langstrecke, wie AirPlus letzte Woche registriert hat. Vergangenes Jahr war China im Fernziel-Ranking auf Platz 27 abgerutscht. Noch zurückhaltender zeichnet sich die Entwicklung bei Freizeitreisen ab.

Auch bei vielen Touristen steht China auf der Wunschliste weit oben. Die Verbotene Stadt in Peking, die alte Kaiserstadt Xian und die Terrakotta-Armee, modernste Hochgeschwindigkeitszüge und Stadtmoloche wie Schanghai: Wegen der kulturellen Kontraste war China lange Publikumsmagnet. Doch mit Beginn von Corona und der abrupten Isolierung von der Welt stürzte der Tourismus ab. Im Rekordjahr 2019 reisten rund 145 Millionen in die Volksrepublik ein. 2020 brach diese Zahl völlig ein.

Erst mit Beginn dieses Jahres fielen die meisten Covid-Beschränkungen. Die ungeliebte zweiwöchige Zwangsquarantäne im Hotel wurde aufgehoben. Ende April entfiel zudem der verpflichtende PCR-Test und seitdem werden auch alle Visatypen, darunter Touristenvisa, wieder ausgestellt. Übrig geblieben ist nur noch die Auflage, einen aktuellen Antigen-Schnelltest vorzuweisen. All das signalisiert unmissverständlich, dass fremde Gäste willkommen sind.

Visumbeschaffung, eine Herausforderung

Das grosse Interesse an einem Comeback des Tourismus ist auch daran abzulesen, dass seit Ende Juli die zwei Bezahl-Plattformen Alipay und WeChat ausländische Kreditkarten akzeptieren dürfen. Wer zum Beispiel mit dem Bus oder Taxi fahren beziehungsweise auf dem Markt etwas kaufen möchte, hatte bisher das Problem, dass in China fast nur noch bargeldlos mit Alipay oder WeChat bezahlt wird. Selbst Bettler in den Metropolen benutzen das Barcode-System der beiden Bezahlsysteme. Ausländer hätten für die Benutzung der lokalen Bezahldienste jedoch ein chinesisches Konto eröffnen müssen, um mit Handy und QR-Code bezahlen zu können.

Aber während es wieder China-Flüge gibt und Ausländer nun einfacher überall bezahlen können, hat die Regierung schon seit Dezember 2019 bei der Visumsbeschaffung die Zügel angezogen. Ganz so locker wie früher ist die Vergabe nicht mehr. Individualtouristen werden zurückschrecken, weil sie dem Servicedienst Visumchina.org zufolge für zwei Drittel ihrer Reisedauer ihre Unterkunftsbuchungen nachweisen müssen.

Die andere Option, über eine Einladung von Freunden oder Familie in China ein Visum zu erhalten, überlegt sich ebenfalls jeder, weil die chinesischen Behörden schon sehr genau wissen wollen, wer einlädt. Handelt es sich um einen in China lebenden Ausländer, einen Chinesen mit ausländischem Pass oder – sehr verdächtig – gar einen Staatsbürger der Volksrepublik? Vor dem Visumsantrag gibt es also jede Menge Hausaufgaben zu erledigen, weil Kopien von Hotel- und Flugbuchungen gemacht, Nachweise beigebracht und ellenlange Fragebögen ausgefüllt werden müssen.

«Aus der Sicht eines touristischen Leistungsträgers eine toxische Mischung.»

Wie berteilt Ruth Landolt, Geschäftsführerin von asia365 die aktuelle Situation? Vor der Pandemie war China eines der meistgefragten Asienziele beim Spezialisten aus dem Hause DER Touristik Suisse.

Ruth Landolt, wie beurteilen Sie aktuelle Situation und Nachrage für Reisen nach China?

Ruth Landolt: Was China betrifft, so ist eine Beurteilung nicht gerade einfach. Da gibt es in der Tat einiges zu bedenken. Langsam und stetig gibt es wieder Aufträge für Reisen nach China, aber bisher in keinster Weise das Volumen von pre-Covid.

Welches sind die Gründe?

Ruth Landolt, asia365.

Da wäre mal die Flugsituation. Im Moment gibt es nur wenige Flugverbindungen. Swiss wird zwar in diesem Winter von momentan drei Flügen nach Schanghai auf sechs beziehungsweise ab April 2024 wieder auf sieben aufstocken, das sind dann tägliche Rotationen nach Schanghai. Auch Hong Kong wird bis dahin auf täglichen Rotationen zurück sein. Das ist attraktiv vor allem für die Geschäftsreisenden und für Reisen nach Südchina. Für das Ausschöpfen des touristischen Potenzials sind sie natürlich nicht unerheblich, aber ohne Verbindung mit Peking doch ein Handicap.

Da helfen die wenigen Verbindungen von Air China ab Genf nach Peking auch nicht. Da sind nun Qatar und Emirates in die Bresche gesprungen und bieten attraktive Flugzeiten nach Peking wie auch nach Schanghai. Die Preise sind aber sehr hoch. Das schreckt im Moment noch viele ab.

Wie schauts bei der Visa-Situation aus?

Das ist aus unserer Sicht das grösste Handicap. Die Besorgung ist aufwändig und vor allem auch sehr kostenintensiv. Zwar wurde nun das für Niemanden verständliche Abgeben von Fingerprints schon für das Visum für die nächsten vier Monate verzichtet. Dennoch ist der Aufwand für die Kunden erheblich, vor allem auch für diejenigen, die nicht in der Nähe von Zürich oder Bern wohnen. Wir haben aber keine Angaben, ob es anschliessend wieder notwendig wird. Die Kommunikation ist schlecht und der Service unterirdisch, aber dafür teuer. Also aus der Sicht eines touristischen Leistungsträgers eine toxische Mischung. In Zeiten, wo ein Visum für jedes andere Land in Asien problemlos online eingeholt werden kann, ist es ein Anachronismus.

Wie beurteilen Sie das touristische Potenzial?

Trotz der Situation bei den Flügen und Visa sind wir der Meinung, dass China ein enormes touristisches Potenzial hat. Wir haben im Budget für 2024 bereits wieder 80 Prozent des Umsatzes von 2019 vorgesehen, was zwar eine Herausforderung, aber erreichbar ist. Wir bauen auf den Pragmatismus, der China immer ausgezeichnet hat. Das Interesse, vor allem bei jungen Kunden, ist gross. Das könnte der Hebel sein, dass die Verantwortlichen die Hürden wieder auf ein erträgliches Mass senken.

(GWA/SRT)